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Der erste Speicher-Effizienzleitfaden liegt vor

Immer wieder hört man die Forderung, die Branche solle sich auf Standards einigen, mit denen Verbraucher Batteriespeichersysteme objektiver vergleichen können, als es heute der Fall ist. Bezüglich der Effizienz gibt es nun Bewegung. Eine Arbeitsgruppe hat auf der Energy Storage Konferenzmesse einen Leitfaden vorgestellt.

Der Bundesverband Energiespeichersysteme (BVES) hat auf der Energy Storage Konferenzmesse einen Leitfaden zur Speichereffizienz veröffentlicht. Dazu haben sich BVES mit dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) und einige Forschungsinstitute wie HTW Berlin und KIT aus Karlsruhe zusammengetan. Schon seit Jahren fordern Experten, dass der Markt transparenter werden muss. „Der Fokus des Leitfadens liegt auf Anwendungen im Heimbereich“, sagt Nina Munzke bei der Vorstellung. Sie leitet am KIT das Team stationäre Speichersysteme. Es sei aber möglich, einen Teil der Definitionen und Ergebnisse für andere Segmente zu verwenden.

Noch ist der Leitfaden für Hersteller freiwillig. „Wir arbeiten mit freiwilliger Selbstverpflichtung, um das Signal in den Markt zu geben“, sagt BVES-Geschäftsführer Urban Windelen. „Es wird viel darüber diskutiert.“ Man müsse den Markt langsam an die Themen heranführen. Aus dem im Leitfaden beschriebenen Konzept soll auch eine Norm werden. Das dürfte noch dauern. Auch die Norm zum Sicherheitsleitfaden, den eine vergleichbare Arbeitsgruppe vor zwei Jahren veröffentlicht hat, ist noch in der Mache.

Der BVES hat die Hersteller von Batteriespeichersystemen daher vor zwei Wochen angeschrieben und gebeten, dass sie sich dazu verpflichten, die Datenblattangaben in Zukunft an die Größen und Messmethoden anzupassen, die im Leitfaden spezifiziert sind. SMA, Sonnen, Kostal und Solarwatt haben Windelen zufolge bereits zugesagt.

Die Idee ist, dass sich anhand der Größen simulieren lässt, wie sich Systeme in bestimmten Anwendungen verhalten und wie effizient sie im Vergleich zu anderen sind (siehe Performance-Index der HTW Berlin, pv magazine November 2016).

Das Konzept wird in der Industrie nicht nur mit Freude aufgenommen. Es gibt Systeme, die durch ihren Aufbau eine per se schlechtere Effizienz, dafür aber andere Vorteile haben. So ist der Wirkungsgrad von Batteriespeichern, die dreiphasig einspeisen, im Prinzip kleiner als der von einphasig einspeisenden Systemen. „Als Hersteller muss man es dann schaffen zu kommunizieren, dass man dreiphasig einspeichern kann und warum das in dem Fall ein großer Vorteil ist“, sagt Munzke. Man müsse sich ehrlich machen, sagt Windelen. „Es ist kein Problem, ein ineffizienteres System zu haben.“ Es hänge von der Anwendung ab, ob das sinnvoll sei. Manchmal sei es auch schlicht eine Preisfrage. Kunden können dann überlegen, ob sie den Preis für ein effizienteres System bezahlen wollen.

Die Herausforderung ist, dass die Systeme auf dem Markt unterschiedlich aufgebaut sind und es sehr unterschiedliche Anwendungen und Auslegungen gibt. „Es ist wichtig, dass man unterschiedliche Topologien miteinander vergleichen kann“, sagt Nina Munzke vom KIT. „Wir brauchen ein generelles Verfahren.“

Was der Leitfaden enthält

Der Leitfaden enthält dafür nun einen vereinheitlichten Prüfablauf und Messstandaufbau, der für verschiedene Systemdesigns in Schaubildern festgehalten ist. Danach werden die Wirkungsgrade für die einzelnen Energieübertragungspfade bei verschiedenen Leistungen gemessen. Bei einem AC-gekoppelten Batteriesystem wäre das der Wirkungsgrad für den Pfad von der Solaranlage ins Netz, vom Hausnetz in die Batterie, von der Batterie ins Hausnetz und der Wirkungsgrad der Batterie selber. Damit lässt sich im Prinzip das Verhalten des Speichersystems in einem bestimmten Anwendungsfall simulieren.

Wie kompliziert die auf den ersten Blick einfachen Messfragestellung sind, zeigt das Beispiel der Messung der Batterieeffizienz. Die Batteriewirkungsgrade werden über Lade- und Entladezyklen bei verschiedenen Leistungen ermittelt. Es ist wichtig, diese Zyklen mehrmals zu fahren, erklärt Munzke. Der Innenwiderstand der Batterie steigt mit der Temperatur. Daher wird der erste Zyklus nicht berücksichtigt, sondern erst der zweite. Das ist zwar ein Zustand, der in der realen Anwendung nicht auftritt, da dort nicht mehrere Zyklen direkt nacheinander auftreten. „Es geht aber darum, reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten“, sagt Munzke. Die Ergebnisse lassen sich übertragen. Eine Batterie, die in dem Test schlechter abschneidet als eine Vergleichsbatterie, wird auch in der Anwendung schlechter sein.

Die Alternative wäre ein so genannter Anwendungstest. „Dagegen haben wir uns bewusst entschieden, um nicht angreifbar zu sein, sagt Johannes Weniger, der als Speicherexperte bei der HTW Berlin maßgeblich an der Entwicklung der Methode beteiligt war.

Auch das Reaktionsvermögen des Speichers wird getestet. Je träger ein System ist, umso schlechter kann es Energie zur Verfügung stellen, wenn der Verbraucher eine Last einschaltet. Umgekehrt regelt das System die Leistung etwas verspätet herunter, wenn er die Last wieder ausschaltet. In diesen Fällen kommt es zu unnötigem Netzbezug und Netzeinspeisung. „Es gibt Systeme, die regeln deutlich unterhalb von zehn Sekunden aus“, sagt Munzke, „andere benötigen mehr als 70 Sekunden“.

Quelle

pv-magazine.de | Michael Fuhs 2017

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