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Deutschland-Test Strommix: Wie Verbraucher in die Irre geführt werden

Nicht nur beim Spritverbrauch von Autos, sondern auch bei den Angaben zur Stromherkunft werden Verbraucher zunehmend in die Irre geführt. Dies geht aus einer aktuellen Übersicht 35 großer deutscher Stromanbieter hervor.

So weisen die untersuchten Anbieter deutlich weniger Kohle- und Atomstrom in ihrem Strommix aus, als sie tatsächlich für Ihre Kunden einkaufen. Die Versorger beschaffen bis zu 42 Prozent mehr Energie aus konventionellen Quellen, als aus den offiziellen Angaben hervorgehen. Dies ergaben Recherchen des Energie- und IT-Unternehmens LichtBlick.

Am heutigen Montag findet im Bundeswirtschaftsministerium eine Anhörung zu den Angaben auf Stromprodukten statt. „Das Wirtschaftsministerium nimmt diese Verbrauchertäuschung bisher billigend in Kauf. Wir brauchen eine rasche Reform der Kennzeichnung, damit der Etikettenschwindel ein Ende findet“, fordert Gero Lücking, Geschäftsführer Energiewirtschaft von LichtBlick. „Auch für Stromprodukte muss gelten: Es darf nur das draufstehen, was auch drin ist. Nur so können Verbraucher Tarife und Anbieter klar unterscheiden.“

Aus der Übersicht der Anbieter-Stromkennzeichnungen geht hervor, dass der ENBW-Konzern über 42 Prozent mehr Strom aus Atom, Kohle und andere fossilen Quellen für seine Kunden einkauft, als im Strommix angegeben. Auch bei E.ON (plus 38 Prozent), Innogy (plus 38 Prozent), Vattenfall (plus 37 Prozent), EWE (plus 31 Prozent) fällt der Anteil konventioneller Energie höher aus, als für die Verbraucher ersichtlich.  Ebenso bei den Stadtwerken – zum Beispiel Düsseldorf (plus 40 Prozent), Flensburg (plus 39 Prozent), Erfurt (38 Prozent), DREWAG (plus 35 Prozent), Leipzig (plus 35 Prozent), Mainova (plus 29 Prozent) und München (plus 29 Prozent).

2 der 35 untersuchten Anbieter sind ihrer gesetzlichen Pflicht, ab dem 1. November 2016 ihre Stromkennzeichnung für 2015 vorzulegen, bisher nicht nachgekommen.

Die Anbieter können sich bei der irreführenden Stromkennzeichnung auf die gesetzlichen Vorgaben berufen. Der Gesetzgeber verpflichtet Versorger, einen EEG-Stromanteil von bis zu 46 Prozent auszuweisen – obwohl die Unternehmen den subventionierten EEG-Strom nicht für Ihre Kunden beschaffen. Die Folge: Der Anteil Atom- und Kohlestrom wird in der Kennzeichnung zu niedrig angegeben. Für den Kunden sehen viele Stromtarife umweltfreundlicher aus, als sie tatsächlich sind. In einem kürzlich veröffentlichten Gutachten des Hamburg Instituts heißt es dazu: „Die tatsächliche Beschaffungspolitik eines Stromanbieters wird von der Stromkennzeichnung immer weniger abgebildet.“

Die Gutachter haben deshalb einen Reformvorschlag entwickelt. Im Kern sollen künftig bei der Kennzeichnung nur noch die Energiemengen ausgewiesen werden, die ein Anbieter tatsächlich für seine Kunden produziert oder einkauft.

Da Verbraucher mit der Zahlung der EEG-Umlage den Ausbau von Windrädern und Solaranlagen finanzieren, sollen sie künftig auch in verständlicher Weise auf ihren Energiewende-Beitrag hingewiesen werden. „Die EEG-Umlage hat jedoch keinen Einfluss auf den Stromeinkauf der Versorger. Deshalb darf der EEG-Strom künftig nicht mehr in der Stromkennzeichnung der Energieanbieter auftauchen“, betont Lücking.

Quelle

Lichtblick 2016

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