‹ Zurück zur Übersicht
pixabay.com | RonnyK

© pixabay.com | RonnyK

Koreas Energiewende beginnt

Koreas Regierung hielt bis Anfang 2017 weitgehend an der fossilen und atomaren Energiewelt fest. Doch seit der Wahl des neuen Präsidenten Moon Jae-in im Frühjahr diesen Jahres ändert sich dies rasch.

Fest in der Hand hatte die alte Energiewirtschaft den politischen und öffentlichen Diskurs, mit ihren zwar falschen aber dennoch immer wiederholten Argumenten wonach Erneuerbare Energien zu teuer seien, nicht schnell ausgebaut werden können und die Versorgungssicherheit gefährden würden. 

Doch seit der Wahl des neuen Präsidenten Moon Jae-in im Frühjahr diesen Jahres ändert sich dies rasch. Der Anteil der Erneuerbaren Energien soll nun von heute 2% auf 20% bis 2030 gesteigert werden. Ein Atomausstieg wurde beschlossen, wobei mit dem Baustopp zweier neuer Atomkraftwerke auch erste ernst zu nehmende Fakten geschaffen wurden. 7 von 59 Kohlekraftwerken sollen geschlossen werden. Mit diesen und weiteren Maßnahmen sollen die hohen koreanischen CO2-Emissionen bis 2030 halbiert werden.

Dennoch ist Korea von einer umweltfreundlichen und vor allem vom Ziel einer emissionsfreien Energiepolitik noch weit entfernt. So würde der Kohleanteil bis 2030 mit jetziger Beschlusslage weiter bei etwa 40% der Stromversorgung beharren und die abzuschaltenden Atomkraftwerke sollen mit Erdgas und noch zu gering durch Erneuerbare Energien ersetzt werden.

Den Teilnehmern auf dem GGGI Energy Forum 2017 in Seoul war dies auch bewusst und sie suchten zusammen mit Regierungsvertretern politische Wege um diese begonnene Energiewende hin zu 100% Erneuerbaren Energien in Korea zu beschleunigen. Immerhin hat die Provinz Jeju, eine Insel im Gelben Meer vor der Südküste Koreas, bereits das Ziel 100% Erneuerbare Energien beschlossen und die Stimmen mehren sich für eine noch offensivere Energiepolitik für Erneuerbare Energien im Lande.

Das Global Green Growth Institut (GGGI) als internationale Regierungsorganisation mit Sitz in Seoul, erst 2012 auf der Klimakonferenz in Kopenhagen gegründet, hat ein schnelles Wachstum hinter sich. So sind bis heute bereits 27 Nationen vor allem aus dem pazifisch asiatischen Raum, aus Afrika und Lateinamerika beigetreten. GGGI unterstützt diese Länder auf dem Wege zu einer grünen Wirtschaft auf der Basis von Erneuerbaren Energien, Nullemissionstechnologien, wie elektrische Antriebe und einer kohlenstoffsenkenden Landwirtschaft, also ganzheitlich im Sinne eines Klimaschutzes, der sogar zu einer globalen Abkühlung führen kann.

Viel Beachtung fand auf dem hochrangigen internen Forum unter Leitung des GGGI Generalsekretärs Frank Rijsberman meine Darstellung der neuen Studie der Energy Watch Group und der finnischen Universität Lappeenranta, wonach der globale Strombedarf mit 100% Erneuerbaren Energien gedeckt werden kann.

Unterstrichen wurden die Umsetzungsmöglichkeiten von anderen internationalen Teilnehmern des Forums. Beeindruckend war Australian Capital Territory (ACT), zu dem auch die australische Hauptstadt Canberra gehört. Ganz im Gegensatz zur australischen Regierung, die ähnlich wie die letzten deutschen Regierungen immer noch an der Kohle festhält und den Ausbau der Erneuerbaren Energien behindert, hat sich ACT das Ziel gesetzt, bis 2020 die Stromversorgung auf 100% Erneuerbare Energien, meist Solar und Wind umzustellen und bis 2050 vollständig emissionsfrei zu werden.

Unterstützt wurde das Forum von Hanwha Q-Cells, einer der größten koreanischen Firmen, die 2012 die insolvente deutsche Solarzellenproduktion von Q-Cells in Thalheim aufkaufte. CEO Cho-Hyun-Soo verwies mit Stolz darauf, dass die Solarzellen und Modulproduktion der größte Wachstumstreiber innerhalb des Hanwha Konzernes ist. Beeindruckt waren die Forumsteilnehmer beim Besuch der neuen Solarzellenfabrik am Standort Incheon bei Seoul. Über 3000 neue Arbeitsplätze wurden dort neu geschaffen. Meine Frage, ob Hanwha Q-Cells auch aktuelle Pläne hat, am Standort Thalheim in Deutschland wieder eine Fabrik aufzubauen, wo 3000 Jobs einen erheblichen Beitrag zum Strukturwandel der dortigen Kohlewirtschaft beitragen könnten, wurde zwar verneint, aber prinzipielle Bereitschaft signalisiert, insbesondere, wenn der schwache europäische PV-Markt wieder stark wachsen würde.

Somit wurde mir erneut klar, dass die Bundesregierungen unter Merkel/Rösler/Gabriel genau den vielbeschworenen Strukturwandel in den Kohleregionen mit neuen Arbeitsplätzen verhinderten, indem sie den Ausbau der Solarenergie in Deutschland massiv gedrosselt haben und damit Firmen wie Q-Cells nach Fernost schickten. Zudem hätte Siemens den eigenen Strukturwandel, der jetzt fast 7000 Entlassungen in der Kraftwerks- und Antriebssparte erfordert, mit dem Kauf von Q-Cells gestalten können, statt sie dem Siemenskonkurrenten Hanwha zu überlassen. 

Insbesondere FDP-Generalsekretär Christian Lindner, aber auch Kanzlerin Merkel, Ministerpräsident Seehofer und auch dem SPD-Vorsitzendem Schulz empfehle ich einen Besuch bei Hanwha Q-Cells. Dann begreifen sie vielleicht, wie der Kohleausstieg mit gleichzeitig offensivem Wachstum der Erneuerbaren Energien ein Modernisierungsschub für Deutschland wäre und keine Deindustrialisierung, wie es die FDP immer noch behauptet. Es wird Zeit, dass die grüne Forderung nach Kohleausstieg und steilem Wachstum der Erneuerbaren Energien endlich auch Programm der anderen Parteien werden, statt daran wie die FDP sogar eine Regierungsbildung scheitern zu lassen.

hanwha.com | Die Juk-do Insel (links) und Solarenergie Fabrik (rechts) gemeinsam mit der Hanwha Group und dem Chungnam Center for Creative Economy und anderen kleinen und mittelständischen Unternehmen, die auf solar-aufgeladene Sekundärbatterie und saubere Energietechnologien spezialisiert sind, werden sie die Insel Juk-Do in Hongseong-gun, in der südlichen-Chungcheong Provinz, in eine 100% energieautarke Insel verwandeln.
Quelle

Hans-Josef Fell 2017 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren