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Neue Aufgaben für nachhaltiges Biogas in der Energiewende

Strom aus Biogas statt aus Kohle muss Wind- und Sonnenstrom unterstützen. Nachhaltig durch Nachrüstung bestehender Biogas-Anlagen und mit Ökologischen Leitplanken.

Klimaschutz muss jetzt umgesetzt werden! Strom aus Biogas statt aus Kohle muss Wind- und Sonnenstrom unterstützen. Nachhaltig durch Nachrüstung bestehender Biogas-Anlagen und mit Ökologischen Leitplanken.

Mit zunehmendem Fortschritt der Energiewende erhält Biogas neue wichtige Aufgaben in einer sicheren nachhaltigen Stromversorgung für Deutschland. Strom aus Wind und Sonne hängen ab von Tageszeit, Wetter und Jahreszeit. Flexible und richtig gesteuerte Biogasanlagen ergänzen die Stromversorgung durch die fluktuierende Wind- und Sonnenenergie. Aber Biogasanlagen können ihre Fähigkeiten bislang nur völlig unzureichend nutzen, weil zu viele Kohlekraftwerke den Markt mit Klima-schädlichem Strom überschwemmen.

Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz in Bayern e.V., fordert klare Entscheidungen für den Klimaschutz: „Ohne Kohleausstieg ist kein Klimaschutz möglich! Das Abschalten der Kohlekraftwerke ist dringend notwendig, damit sich möglichst schnell eine auf Erneuerbaren Energien beruhende Stromversorgung entwickeln kann. Nur ein schneller Kohleausstieg kann den Umbau auf flexiblen Betrieb von Biogasanlagen in Deutschland beschleunigen. Ein flexibler bedarfsgerechter Betrieb von Biogasanlagen benötigt zusätzliche Investitionen für neue Motoren und neue Gasspeicher zur Erweiterung der elektrischen Leistung, um den Strom aus Biogas verstärkt dann zu liefern, wenn kein Strom von Sonne und Wind kommt. Aber wegen des Überangebots von Strom aus Kohlekraftwerken fehlen hierzu die wirtschaftlichen Anreize. Damit alle Biogasanlagen in Zukunft die Lücken im Angebot von Strom aus Wind und Sonne füllen können, braucht es Anreize von den Strommärkten durch Abschalten der Kohlekraftwerke!“

„Ein nachhaltiger Einsatz der Biogastechnologie bedeutet dabei für uns auch, dass möglichst viel der bei der Verstromung anfallenden Wärme genutzt wird. Die Flächen für Intensivkulturen, wie z.B. Mais, zur Energiegewinnung dürfen nicht mehr ausgeweitet werden. Gülle und Mist müssen stärker zum Einsatz kommen, ohne dabei eine stärkere Konzentration von Tierhaltung zu fördern. Wir benötigen eine Verbesserung der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft durch mehr Blühkulturen oder auch neue Energiepflanzen, wie zum Beispiel die Durchwachsene Silphie. Die Ökologisierung der Biogasnutzung ist möglich und notwendig. Dies muss klar geregelt, finanziell angereizt und verständlich beworben werden“, so Mergner weiter.

Auch der Hauptgeschäftsführer des Fachverband Biogas e.V., Claudius da Costa Gomez, fordert die Reduzierung des Angebots von konventionell erzeugtem Strom: „Kohlekraftwerke müssen für die Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen abgeschaltet werden. Eine verlässliche Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien ist möglich, wenn wir alle Schrauben intelligent justieren. In einem ersten Schritt muss durch die Herausnahme von dreckigem Kohlestrom der Strommarkt geöffnet werden für die neuen Lieferanten Wind, Sonne und Biogas. Dabei sind Biomasse und Biogas Energiespeicher für Sonnenenergie. Dadurch hat Biogas eine wichtige Funktion, weil der Energieträger verlustfrei speicherbar und flexibel in seiner Nutzung ist. Biogasanlagen können schon heute ohne Probleme Tages- und Wochenschwankungen ausgleichen. Selbst jahreszeitliche Schwankungen können durch entsprechende Fütterung der Anlagen ausgeglichen werden.“

Robert Bugar, Geschäftsführer der Agrikomp GmbH, Merkendorf, Landkreis Ansbach, fordert einen echten Markt für erneuerbaren Strom: „Echte Flexibilisierung der Biogasanlagen ist ein dringendes Thema. Derzeit werden die bestehenden Anlagen überbaut, aber in der Praxis noch zu wenig flexibel gefahren, weil die Marktimpulse fehlen. Wir sollten auf die Weiterentwicklung des Flexibilisierungsprozesses drängen. Die Rahmenbedingungen müssen so angepasst werden, dass wir die Anlagen zukünftig über die Markterlöse finanzieren können. Dies kann funktionieren, wenn der Strom in windarmen und sonnenschwachen Zeiten auch einen höheren Marktwert bekommt. Dann wären nicht mehr auf staatlich vorgegebene Förderung angewiesen.“

Uwe Welteke-Fabricius, von den Flexperten und Mitglied im Bundesarbeitskreis Energie des BUND e.V., konkretisiert die wichtige energiewirtschaftliche Funktion von Biogas: „Es ist wichtig, dass Politik und Gesellschaft den besonderen Wert von Biogas erkennen. Biogasstrom wurde bisher oft als Grundlastversorgung gesehen, aber in Zukunft gibt es immer mehr Zeiten, in denen Wind und Sonne den kompletten Strombedarf decken. Biogas muss sich auf den zukünftigen Bedarf einstellen. Betreiber werden ihre Stromerzeugung zukünftig auf 5 – 8 Stunden Spitzenlast am Tag umstellen. In der Flexibilisierung speisen die Blockheizkraftwerke (BHKW) der Biogasanlagen in Zeiten des hohen Bedarfes ein und ruhen bei ausreichend Strom aus Wind und Sonne. In der Zwischenzeit wird das Biogas in den großen Gasblasen gespeichert. Institute und Praktiker forschen daran, die Substratvorräte flexibel verfügbar zu machen. Versuchsanlagen können die Biogasproduktion bereits heute innerhalb von Stunden drastisch steigern, innerhalb eines Tages etwa verdoppeln. Damit wird es möglich, bei einer Kälteperiode oder einer Dunkelflaute die Wärme- oder Stromerzeugung auch über mehrere Tage hinweg sicherzustellen. Schon heute ist jede fünfte Biogasanlage für den flexiblen Betrieb gerüstet. Bis 2020 könnte die Biogasbranche über die Hälfte ihrer Anlagen aus der bisherigen Grundlastfahrweise heraus auf bis zu 10 Gigawatt Spitzenlast umstellen, das ist circa ein Fünftel der Spitzenlast in Deutschland.“

Die größten Potentiale für eine schnelle Reduktion des Treibhausgases Kohlendioxid liegen im Energiesektor. Die kommende Bundesregierung muss vor 2020 weitere Kohlekraftwerke abschalten, damit den Kohleausstieg einleiten und vor 2030 abschließen. Deutschland muss Verantwortung zeigen und darf sein eigenes Klimaziel für 2020, also 40 Prozent weniger Emissionen von Treibhausgasen, nicht über Bord werfen.         

Quelle

Fachverband Biogas e.V. 2018

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