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Solarstrom erstmals ohne Prämie

Sinkende Photovoltaik-Kosten, steigender Börsen-Strompreis. Neue Photovoltaik-Anlagen in Deutschland kalkulieren ihren Strom zu Kosten, die sich inzwischen mit dem Verkauf an der Strombörse decken lassen. Im August kam so die erste große laufende Solarstromanlage gänzlich ohne EEG-Zahlungen aus.

Dass sich jemand glücklich schätzt, auf eine ihm zustehende Prämie verzichten zu können, das gibt es nur in den teilweise absurden Begrifflichkeiten des Strommarkts. Seit 2012 wird bekanntlich der Zuschuss aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), der Solar- und Windkraft-Anlagen zusteht, mit den Einnahmen verrechnet, die sich durch den Verkauf des Ökostroms an der Börse erzielen lassen. Das gilt für alle Anlagen mit mehr als 100 Kilowatt Nennleistung. Diese befinden sich dann in der sogenannten Direktvermarktung.

Und weil die Politik den marktwirtschaftlichen Verkauf an der Strombörse als eine gute Sache ansieht, nannte sie die Differenz zwischen der Höhe des EEG-Zuschusses und dem Erlös an der Börse „Marktprämie“ – obwohl das ganz offensichtlich keine „Prämie“ ist, also keine freiwillige Zahlung, sondern Geld, das den Ökostrom-Unternehmen per Gesetz zusteht.

Trotz allem schaffte es im August dieses Jahres erstmals in Deutschland eine Photovoltaik-Anlage, die sich in der Direktvermarktung befindet, den ganzen Monat ohne die „Marktprämie“ auszukommen und sich allein über den Stromverkauf zu finanzieren. Die Photovoltaik-Anlage – 1,8 Megawatt groß und seit Juni in Betrieb – befindet sich bei Wittstock im Norden Brandenburgs und ist eine von gut 70 Solarkraftwerken der Wattner AG in Deutschland.

Entscheidend nun: Wattner hatte sich mit der Wittstocker Anlage im vergangenen Jahr bei einer Ausschreibung der Bundesnetzagentur beworben, in der Auktion den Zuschlag bekommen und sich damit verpflichtet, den Strom dort für 5,42 Cent je Kilowattstunde abzugeben: Höher als dieser Centbetrag kann der EEG-Zuschuss – und damit auch die „Marktprämie“ – für den Strom aus der Anlage nicht sein.

Im August war, wie Wattner-Geschäftsführer Guido Ingwer am Freitag in Berlin gegenüber den Medien vorrechnete, der Solarstrom am Markt exakt 5,595 Cent wert – und lag damit höher als die „Marktprämie“. Was im Umkehrschluss eben heißt: Die Wittstocker Anlage kam im August ganz ohne einen einzigen Cent EEG-Förderung über die Runden.

Um die Größenordnung klarzumachen: Im Monat August erzeugte die Wittstocker Anlage laut Ingwer 350.000 Kilowattstunden Strom. Hätte der Strompreis bei fünf Cent gelegen, hätte Wattner für diese Strommenge rein rechnerisch rund 2.000 Euro aus dem EEG-Topf erhalten, bei einem niedrigeren Strompreis von vier Cent entsprechend mehr – so ungefähr 5.600 Euro.

Kostenrückgang plus Ausschreibungsdruck

Vier Cent kostete die Kilowattstunde an der Börse im Februar dieses Jahres, dann sank der Preis auf drei Cent, um dann seit August deutlich über fünf Cent zu liegen. Alle Auktionsergebnisse bei Photovoltaik in diesem Jahr seien in den letzten drei Monaten ohne die „Marktprämie“ ausgekommen, bilanzierte am Freitag der Energiewirtschaftsexperte Marco Nicolosi von der Beratungsfirma Connect Energy Economics. Künftig werde das für immer mehr Anlagen in immer mehr Monaten zutreffen.

Für Nicolosi sind die sinkenden Kosten des Ökostroms Ergebnis einer „sehr dynamischen Entwicklung“ der Technologie, aber auch immer stärker – halb zog man die Branche herunter, halb sank sie hinab – ein Resultat des Übergangs zu den Ausschreibungen seit 2015.

Am Montag wollen die Netzbetreiber die Höhe der EEG-Umlage für 2019 verkünden.

Connect Energy Economics | Entwicklung des Marktwerts des Solarstroms in Deutschland in den letzten zwölf Monaten. Die roten Vierecke markieren die Durchschnittskosten, zu denen die Betreiber die Ausschreibungen gewannen, die Balken den Preis, zu dem der Strom dann vermarktet wurde. Liegt das rote Viereck im Balken-Bereich, entfällt die EEG-Förderung für die Anlagen, die zu diesen Kosten Strom erzeugen.
Quelle

Der Bericht wurde von
der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2018 verfasst – der Artikel
darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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