‹ Zurück zur Übersicht
pixabay.com | TheHilaryClark | Jedes Jahr ein neues Smartphone? Die Kurzlebigkeit der Produkte ist ein Hauptgrund dafür, warum die Umweltauswirkungen von digitalen Technolgien angestiegen sind.

© pixabay.com | TheHilaryClark | Jedes Jahr ein neues Smartphone? Die Kurzlebigkeit der Produkte ist ein Hauptgrund dafür, warum die Umweltauswirkungen von digitalen Technolgien angestiegen sind.

Studie zum Energieverbrauch: Digitale Klimakiller

Handys, Tablets, Computer sowie Surfen, Streamen und Co steigern den Energieverbrauch immer stärker, wie eine neue Studie zeigt. Die Hoffnung, dass die volldigitale Welt automatisch die Lösung für die Klimakrise liefert, müsse beerdigt werden.

Bitcoin und Co sind Energieräuber – das elektronische „Schürfen“ der Digitalwährungen verbraucht so viel Energie wie ganze Staaten. Diese Information hatte Ende 2017 die Öffentlichkeit aufgeschreckt, als der Stromverbrauch wegen des Bitcoin-Kursanstiegs auf über 20.000 Euro neue Rekorde erreichte – zumal das Kryptogeld praktisch keine Funktion als Zahlungsmittel hat.

Doch auch die „normalen“ digitalen Technologien werden immer mehr zum Klimakiller. So steigt der weltweite Energieverbrauch für die Produktion und Nutzung elektronischer Geräte sowie der dafür nötigen Infrastruktur – vor allem Server und Netze – nach einer neuen Studie jährlich um neun Prozent. Eine Begrenzung dieses Wachstums ist dringend nötig, um die im Paris-Vertrag verankerten Klimaziele einzuhalten.

„The Shift Project“, eine französische Denkfabrik, hat für die Untersuchung knapp 170 internationale Studien zu den Umweltauswirkungen digitaler Technologien ausgewertet. Den Experten zufolge hat sich deren Anteil an den globalen CO2-Emissionen zwischen 2013 und 2018 – also in nur fünf Jahren – von 2,5 auf 3,7 Prozent erhöht.

Ursachen dafür sind vor allem die Kurzlebigkeit der elektronischen Geräte wie Handys oder Tablets, die schnell durch die jeweils neueste Generation ersetzt werden, sowie die rapide zunehmende Nutzung von Video-Streaming-Diensten, die hohe Datenraten durch das Internet schieben.

Digitaler Überkonsum in reichen Ländern

Die Untersuchung zeigt, dass die Digitalbranche weit vom Paris-Ziel entfernt ist, Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch zu entkoppeln. Tatsächlich nimmt die Energieintensität in dem Sektor jährlich um etwa vier Prozent zu.

So ist der Stromverbrauch, der durch die Investition von einem US-Dollar oder Euro in digitale Technologien ausgelöst wird, seit 2010 um satte 37 Prozent gestiegen. Andere Branchen sind hier weitaus genügsamer. So nimmt die Energieintensität der globalen Wirtschaft insgesamt, gemessen am weltweiten Bruttosozialprodukt, derzeit pro Jahr um 1,8 Prozent ab.

Vor allem die Industrieländer sind für den hohen Stromverbrauch im IT-Sektor verantwortlich, wie die Studie zeigt. Ein Beispiel für die digitale Kluft: Ein US-Amerikaner besitzt im Schnitt zehn digital vernetzte Geräte und nutzt mit ihnen ein Datenvolumen von 140 Gigabyte pro Monat, während es beim Durchschnitts-Inder nur ein Gerät ist sowie eine Datenmenge von zwei Gigabyte.

„Der digitale Überkonsum ist kein globales Phänomen, er ist verursacht durch die reichen Länder“, urteilen die Experten.

„Die volldigitale Welt ist nicht die Lösung für die Klimakrise“

Auch in Deutschland und Europa steigt der Energiebedarf durch den Sektor weiter an – vor allen durch zunehmende Vernetzung. So hat das Berliner Borderstep-Institut für Innovation und Nachhaltigkeit errechnet, dass bis 2025 europaweit mit 1,7 Milliarden vernetzten Haushaltsgeräten zu rechnen ist – zusätzlich zu den „klassischen“ Produkten der Informations- und Kommunikationstechnik.

Dieser Mehrverbrauch könne sich auf 70 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr summieren, was gut einem Siebtel des deutschen Stromverbrauchs entspricht. Die Experten erwarten, dass die Stromrechnung pro Haushalt dadurch um bis zu 100 Euro pro Jahr ansteigt.

Die französischen Experten vom Shift Project sehen allerdings Chancen, die Wachstumsrate des Energieverbrauchs im digitalen Sektor durch effizientere Technologien und geringere Wachstumsraten von den heutigen neun Prozent auf 1,5 Prozent im Jahr 2025 zu senken – ohne dass dabei die digitale Transformation abgewürgt werden müsste.

In diesem Szenario bleibt die globale Produktion von Geräten wie Handys und Co in etwa auf dem Niveau von 2017, und es bliebe Raum für Datenwachstum, im Bereich Rechenzentren von 17 Prozent pro Jahr, bei Mobilfunknetzen 25 Prozent.

„Das würde allerdings nicht ausreichen, um den ökologischen Fußabdruck des Digitalsektors zu verringern. Es verhindert nur, dass er explodiert. Um ihn zu vermindern, braucht es zusätzliche Anstrengungen“, so die Experten. Die Vorstellung, dass die volldigitale Welt die Lösung für die Klimakrise liefere, müsse beerdigt werden.

Quelle

Der Bericht wurde von
der Redaktion „klimareporter.de“ (Joachim Wille) 2019 verfasst – der Artikel
darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren