Wenn Kommunisten fromm werden…
Karl Marx hatte einst gepredigt: „Religion ist Opium für das Volk“ An dieses Dogma haben bisher alle kommunistischen Parteien geglaubt. Doch nun gibt es erste Glaubenszweifel.
Die kommunistische Partei und Regierung Chinas will von nun an auch das Jenseits kontrollieren. Reinkarnation ja oder nein? Dies, so die Kommunisten in Peking, sei ab sofort Regierungssache. Bisher gab es gar kein Jenseits und Religion war Aberglaube.
Der bekennende Atheist und Kommunist Zhu Weiqun, ein hochrangiger chinesischer Parteifunktionär, wörtlich: „Die Entscheidungsgewalt über die Reinkarnation des Dalai Lama und über das Ende oder das Überleben seiner Erbfolge liegt ganz allein bei der Zentralregierung Chinas“, so wird er in mehreren chinesischen Medien zitiert.
Schon zuvor hatte der Pekingfreundliche tibetische Delegierte Padma auf dem Nationalen Volkskongress gesagt, dass die Vorstellung des Dalai Lama, er könne womöglich der letzte Dalai Lama sein, weil sich diese Institution „überholt“ habe, eine „Blasphemie gegen den tibetischen Buddhismus“ sei. Was der Dalai Lama gesagt habe, sei ein Verstoß gegen „die strengen religiösen Regeln.“
Tibets Buddhisten glauben an eine Wiedergeburt ihrer geistigen Oberhäupter. Aber an der Sinnhaftigkeit dieser Institution hat der bald 80-jährige Dalai Lama selbst mehrfach Zweifel geäußert, auch weil er befürchtet, dass die Kommunistischen Führer Einfluss auf die Suche und Auswahl seines Nachfolgers nehmen werden. Die Überlegung des Buddhisten-Chefs: Lieber kein Dalai Lama als einer, den die Kommunisten aussuchen.
Verkehrte Welt: Der Dalai Lama zweifelt am Sinn seiner Wiedergeburt, aber atheistische Kommunisten bestehen darauf. Auch der Kommunismus ist nicht mehr das, was er einmal war.
Zu Pekings Anspruch, an der Wiedergeburt das Dalai Lama festzuhalten, sagt der Chef der tibetischen Exilregierung, Lobsang Sangay: Das sei so als wolle Fidel Castro bestimmen, wer der nächste Papst werde und alle Katholiken müssten das akzeptzieren.
