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pixelio.de | Rolf-Handke | BUND, DUH und VCD begrüßen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sich – anders als Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer – zur Verkehrswende bekannt hat. Eine solche Wende muss den Klimaschutz und die Lebensqualität ins Zentrum rücken und das Primat des Autos beenden, fordern die Verbände.

© pixelio.de | Rolf-Handke | BUND, DUH und VCD begrüßen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sich – anders als Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer – zur Verkehrswende bekannt hat. Eine solche Wende muss den Klimaschutz und die Lebensqualität ins Zentrum rücken und das Primat des Autos beenden, fordern die Verbände.

Abgasskandal aufklären, Schäden beheben und Verkehrswende jetzt einleiten

Umweltschutzverbände kritisieren Versagen der Bundesregierung beim Klima- und Gesundheitsschutz im Verkehr und fordern sofortiges Handeln.

Mit ihrer derzeitigen Verkehrspolitik schadet die Bundesregierung dem Klima, der Gesundheit von Millionen von Menschen und dem Wirtschaftsstandort Deutschland. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der ökologische Verkehrsclub VCD fordern die Große Koalition auf, ihre verkehrspolitische Irrfahrt zu beenden und die Verkehrswende sofort einzuleiten, anstatt die Umsetzung zentraler Maßnahmen für einen klima- und gesundheitsschonenden Verkehr weiterhin hinauszuzögern. Die Umweltverbände fordern Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, sich noch im September für eine verpflichtende Hardware-Nachrüstung für schmutzige Diesel-Pkw auf Kosten der Hersteller auszusprechen. Wirtschafts-, Finanz-, und Verkehrsminister des Bundes müssen ihre Verweigerungshaltung gegenüber ambitionierten CO2-Grenzwerten für Pkw auf EU-Ebene beenden. Der Grenzwertvorschlag von Umweltministerin Svenja Schulze sollte der Minimalkonsens der Bundesregierung sein.

Die Verbände kritisieren, dass alle seit dem Bekanntwerden des Dieselskandals vor drei Jahren getroffenen Maßnahmen auch in der Summe nicht geeignet sind, um den Ausstoß giftiger Stickoxide zeitnah im notwendigen Maße abzusenken. Statt alles daran zu setzen, den Abgasskandal aufzuklären und die bereits seit 2010 geltenden Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) in unseren Städten einzuhalten, halten Politiker aller Ebenen bis heute vor allem an der Vermeidung von Diesel-Fahrverboten fest. Das zeigt einmal mehr die Fernsteuerung auch dieser Regierung durch die Autoindustrie.

Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND: „Das Ziel, Fahrverbote zu vermeiden, ist gescheitert. In Hamburg ist durch eine BUND-Klage das deutschlandweit erste Fahrverbot für schmutzige Diesel bereits Realität. Fahrverbote in anderen Städten werden folgen. Schwarz-Rot hat im Dieselskandal immer noch vor allem privatwirtschaftliche Interessen der Autokonzerne und deren Aktionäre im Blick. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten durch die zu hohen Stickoxid-Werte werden faktisch nicht berücksichtigt. Wir fordern eine Aufstellung aller volkswirtschaftlichen Kosten für Krankheit, Mortalität, Ernteausfälle und Naturkosten, die mit der hohen NO2-Belastung einhergehen.“ Unabhängige Untersuchungen belegen, dass insbesondere Hardware-Nachrüstungen die Luft in den Städten kurzfristig sauberer machen können. Jede Entscheidung gegen verpflichtende Hardware-Nachrüstungen ist somit eine Entscheidung für Fahrverbote.

Mit Blick auf die „Plattform Zukunft der Mobilität“, die im Herbst vom Bundesverkehrsministerium eingerichtet werden soll, fordert Weiger: „Bevor die Arbeit einer Mobilitätskommission beginnt, müssen die grundsätzlichen Ziele klar sein. Wir erwarten ein eindeutiges Bekenntnis der Kanzlerin und aller relevanten Ministerinnen und Minister zum festgelegten Klimaziel für den Verkehr von minus 40 bis 42 Prozent CO2-Ausstoß bis 2030. Hinter dieses Ziel darf eine Mobilitätskommission nicht zurückfallen.“

Sowohl für den Klimaschutz, als auch für die Luftreinhaltung ist maßgeblich, dass Entscheidungen auf realen Emissionswerten basieren. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Autokonzerne manipulieren mit betrügerischen Abschalteinrichtungen nicht nur die Stickoxid-Werte sondern auch die CO2-Angaben von Fahrzeugen mit Diesel- wie Benzinantrieb. Bereits seit 2007 weist die DUH darauf hin und forderte bis zur Aufdeckung des Diesel-Abgasskandals durch US-amerikanische Behörden erfolglos behördliche Überprüfungen hierzulande. Die Abweichungen zwischen dem realen Verbrauch von Pkw und den Herstellerangaben liegen mittlerweile bei durchschnittlich 42 Prozent. In den USA liegen diese, dank der behördlichen Nachprüfungen der Umweltbehörde EPA, bei nur vier Prozent. Wann endlich befreit sich diese Bundesregierung aus dem Würgegriff von BMW, Daimler und VW und führt behördliche Nachprüfungen im realen Fahrbetrieb auf der Straße mit mobilen Messgeräten durch, veröffentlicht alle Untersuchungsergebnisse und verhängt die gesetzlich vorgeschriebenen ‚abschreckenden‘ Strafen?“

Deutschland hat ein flächendeckendes Problem mit der Luftverschmutzung durch Abgase aus Verbrennungsmotoren. Nach einer aktuellen Übersicht der DUH werden die NO2-Grenzwerte in 115 Städten überschritten. Für die notwendige Verkehrswende soll die Bundesregierung die circa 22 Milliarden Euro Strafzahlungen der bisher nachgewiesenen 4,4 Millionen Betrugsdiesel verwenden, die deutsche Dieselhersteller wegen illegalen Abschalteinrichtungen zahlen müssen. Resch weiter: „Bislang sondert diese Bundesregierung nur ‚heiße Luft’ ab. Aus dem vor einem Jahr verabschiedeten ‚Sofortprogramm  Saubere Luft‘ ist bislang nicht ein Cent geflossen. Auch wird es dem Ausmaß der Probleme in unseren Städten in keiner Weise gerecht. Die Menschen leiden unter Lärm und Abgasen. Um schnellstmöglich saubere Luft in unseren Städten zu bekommen, wird die DUH wirksame zonale Diesel-Fahrverbote im Rahmen gerichtlicher Entscheidungen durchsetzen.“

Wie ernst es der Bundesregierung unter Führung der ehemaligen Klimakanzlerin mit ihren eigenen Klimazielen ist, muss sie noch in diesem Jahr zeigen, fordert Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD: „Bis zum Oktober muss die Bundesregierung ihre Position zum CO2-Grenzwert für Pkw festlegen. Das ist der Lackmustest für die Glaubwürdigkeit Deutschlands in Sachen Klimaschutz. Der bisher vorliegende Vorschlag der EU-Kommission, den CO2-Austoß von Neuwagen bis 2030 um 30 Prozent zu senken, reicht nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen. Das sieht auch das Bundesumweltministerium und fordert wie andere EU-Mitgliedsstaaten ein höheres Ambitionsniveau. Das Verkehrsministerium und das Wirtschaftsministerium folgen aber den kurzfristigen Gewinninteressen der Autoindustrie, Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz erliegt den Einflüsterungen der IG Metall.“

Aus der Sicht der Umweltverbände ist eine CO2-Minderung um 60 bis 70 Prozent beim CO2-Ausstoß von Pkw bis 2030 notwendig, technisch machbar und volkswirtschaftlich sinnvoll. Lottsiepen: „Je schwächer die CO2-Grenzwerte ausfallen, umso stärker müssen andere Maßnahmen wirken. Eine extreme Erhöhung der Energiesteuer oder hohe Straßenbenutzungsgebühren sind dann geboten, um die Klimaziele doch noch zu erreichen. Ein Tempolimit auf Autobahnen wird auf jeden Fall kommen. Je lascher die CO2-Emissionen bei neuen Pkw, desto schärfer wird es ausfallen. Ambitionierte Grenzwerte sind zudem wichtige Antreiber für die europäische Automobilindustrie, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein. Mittelfristig werden global nur noch solche Geschäftsmodelle tragfähig sein, die dem Klima- und Umweltschutz Rechnung tragen.“

BUND, DUH und VCD begrüßen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sich – anders als Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer – zur Verkehrswende bekannt hat. Eine solche Wende muss den Klimaschutz und die Lebensqualität ins Zentrum rücken und das Primat des Autos beenden, fordern die Verbände. Für eine umfassende Mobilität der Menschen braucht es sofortige Investitionen in ein attraktives Fuß- und Radwegenetz, für Busse und Bahnen. Gleichzeitig muss für lebenswerte Städte auch die Zahl der Pkw dort deutlich sinken.

Quelle

Deutsche Umwelthilfe 2018

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