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Allianz pro Schiene: Nachbarn hängen Deutschland beim Netzausbau ab

Anders als seine europäischen Nachbarn steckt Deutschland seit Jahren zu wenig Geld in sein Schienennetz.

Im Vergleich mit ausgewählten europäischen Ländern erreicht Deutschland auch 2014 nur einen der hinteren Ränge im Ranking. Nach Berechnungen der Allianz pro Schiene und der Unternehmensberatung SCI Verkehr kommen die wichtigen europäischen Wirtschaftsnationen auf folgende Pro-Kopf-Summen bei ihren staatlichen Investitionen in die Schieneninfrastruktur: Spitzenreiter Schweiz gab 351 Euro pro Bürger aus, gefolgt von Österreich mit 210 Euro pro Einwohner. Beide Alpenländer sehen für ihre Schienennetze seit Jahren höhere Summen vor als für ihre Straßeninfrastruktur.

Doch auch in anderen europäischen Ländern brummt der Netzausbau: Schweden investiert 163 Euro pro Bürger, die Niederlande lassen sich ihr Netz 142 Euro kosten und Großbritannien wendet 110 Euro auf. Italien gibt 82 Euro für die Ertüchtigung der Schiene aus, während Deutschland mit 49 Euro pro Bundesbürger den Anschluss an potente Länder in Europa zu verlieren droht. Unter den betrachteten Ländern investierte im Jahr 2014 lediglich das kriselnde Spanien (35 Euro pro Kopf) weniger in seine Eisenbahninfrastruktur als Deutschland.

„Die mageren Pro-Kopf-Werte zeigen Deutschlands Halbherzigkeit in Richtung nachhaltige Verkehrspolitik“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Donnerstag in Berlin. „Leider zeigt ein Mehrjahresvergleich, dass es sich nicht um einen einmaligen Ausrutscher, sondern um einen langfristigen Trend handelt.“ Auch der frisch abgeschlossene Vertrag zwischen Bund und Deutscher Bahn für Investitionen in das Bestandsnetz werde daran nichts ändern“, sagte Flege.

„Die sogenannte Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung dürfte ab 2015 zu einem moderaten Plus auf schätzungsweise 57 Euro pro Bürger führen“, so Flege. Ein verkehrspolitischer Kurswechsel beim Neu- und Ausbau sei damit noch nicht vollzogen. Leider investiere Deutschland seit Jahren deutlich mehr Geld in den Straßenbau als in die Schieneninfrastruktur, kritisierte Flege. „Als Transitländer bereiten die Schweiz und Österreich ihr Eisenbahn-Netz ganz gezielt auf eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene vor, während Deutschland die Chance zu verspielen droht, in Zukunft einen Großteil seines Transit-Verkehrs auf die Schiene zu holen.“

Der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer forderte eine schnelle Aufstockung der staatlichen Mittel für das deutsche Schienennetz. Die Summe, die in absoluten Zahlen nötig wäre, bezifferte er auf 6,5 Milliarden Euro pro Jahr. Das sind 80 Euro pro Kopf. „Italienische Verhältnisse sollten wir uns mit dem deutschen Schienennetz schon leisten“, sagte Flege.

„Die Schere zwischen dem wachsenden Investitionsbedarf und den tatsächlich geleisteten Investitionen in die Bahninfrastruktur vergrößert sich in unserer aktuellen Untersuchung leider weiter“, erklärte Maria Leenen von SCI Verkehr. „Dies ist in Anbetracht der großen Herausforderungen an die Qualitätsverbesserung des Systems Schiene geradezu tragisch: Neben dem notwendigen Erhalt des Status Quo unserer Eisenbahninfrastruktur müssen jetzt dringend Investitionen in intelligente Lösungen zur Erhöhung der Kapazität und der Leistungsfähigkeit der bestehenden Netze – gerade in den Ballungsräumen – getätigt werden. Es droht sonst eine folgenschwere Abkopplung des Systems Schiene von den digitalen Selbstverständlichkeiten unserer Zeit. Dabei bietet das System Schiene hervorragende Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung und Qualitätsverbesserung durch die konsequente Nutzung digitaler Technik. Die deutsche Bahntechnik war in der Vergangenheit weltweit führend und ein wichtiger Exportfaktor – wenn unser Bahnsystem den Anschluss an die moderne Welt verliert, wird dies nicht nur verkehrspolitische, sondern auch industriepolitische Folgen haben“, sagte Leenen.

Quelle

Allianz pro Schiene e.V. 2015

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