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Tastycakes/Wikimedia Commons | Die Folgen der Teersand-Förderung in Kanada.

© Tastycakes/Wikimedia Commons | Die Folgen der Teersand-Förderung in Kanada.

CETA und Klimaschutz: EU fördert kanadische Ölsand-Importe

Die Umweltpolitiker aus dem EU-Parlament haben den Kampf verloren: Das Plenum in Straßburg ließ umstrittene Regeln zur Nutzung von klimaschädlichem Sprit aus kanadischen Teersanden passieren.

Umweltschützer wittern dennoch Hoffnung für mehr Klimaschutz.

Aus Teersanden gewonnenes Erdöl soll nach Plänen der EU-Kommission genau so behandelt werden wie andere Brennstoffe – obwohl die Klimabilanz schlechter ist. Dem Gesetzesvorschlag der Brüsseler Behörde winkte das EU-Parlament durch – gegen einen vorangegangenen Beschluss des Umweltausschusses.

Die umstrittene Richtlinie zur Kraftstoffqualität passierte das Straßburger Plenum knapp mit 12 Stimmen. 337 Abgeordnete stimmten gegen das Gesetz, 325 stimmten dafür. Zwar überwiegen die Gegenstimmen, aber für eine Ablehnung braucht es eine qualifizierte Mehrheit, also 376 Gegenstimmen.

Die EU-Kommission will mit einem im Oktober veröffentlichten Gesetzesentwurf umstrittene Ölimporte aus Kanada künftig harmloser einstufen, als sie sind. Aus Teersand gewonnenes Öl soll im Wesentlichen wie Brennstoffe behandelt werden – und damit eine deutlich bessere Klimabilanz erhalten.

Kritiker warnen vor Gefahren für das Klima und die Umwelt, verursacht etwa durch massive Waldrodungen. Zudem kostet der Abbau der Energie überdurchschnittlich viel Energie, insbesondere Wasser. Mit jedem produzierten Barrel synthetischen Öls fallen mehr als 80 Kilogramm Treibhausgase an.

„Während die kanadische Ölsand-Lobby feiert, müssen wir uns fragen, inwiefern hier internationale Handelsabkommen unsere Standards in  Europa aushebeln“, so Matthias Groote, SPD-Europaabgeordneter und umweltpolitischer Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament: „Die Richtlinie zur Kraftstoffqualität sollte ursprünglich die Verschmutzung im Verkehrssektor reduzieren.“

Die Debatte um die Bilanzierung von Ölsanden geht zurück auf das Jahr 2009, als EU-Mitgliedsstaaten die Vorschläge machten mit dem Ziel, sechs Prozent der Treibhausgase im Verkehrssektor bis 2020 zu reduzieren. Jedoch konnten sie sich nicht darauf einigen, auf welchen Wegen dieses Ziel erreicht werden soll. 2011 beschloss die EU, dass Ölsande eine fünf mal höhere Klimabilanz angerechnet wird als herkömmliches Erdöl. Im Oktober diesen Jahres dann die Kehrtwende und radikale Abschwächung der Richtlinie zur Kraftstoffqualität.

Weg frei für CETA

Mit dem Votum des EU-Parlaments fällt eine Hürde, die besonders der Regierung in Kanada jahrelang ein Dorn im Auge war. Jetzt kann sie ihr aus Teersanden produziertes Erdöl einfacher nach Europa verkaufen. Kritiker behaupten, die EU-Kommission habe mit der Abschwächung der Kraftstoffqualitäts-Richtlinie im Oktober der Öllobby aus Kanada und den USA klein beigegeben. Mit beiden Ländern verhandelt die EU derzeit Freihandelsabkommen – CETA für Kanada und TTIP für die USA.

Für die NGO Transport & Environment (T&E) birgt das Parlaments-Votum jedoch auch Hoffnung für den europaweiten Klimaschutz: Mit ganzen 326 Gegenstimmen hätten die EU-Parlamentarier ein klares Signal gesendet, dass die EU nach 2020 mehr gegen dreckiges Öl unternehmen müsse. „Die neue EU-Kommission sollte auf die Bedenken der Parlamentarier hören und verhindern, dass Ölfirmen sich mit dreckigem, unkonventionellem Erdöl bereichern, einer tickenden Klimabombe, die extrem kostenaufwändig ist“, so Nusa Urbancic von T&E.

Mit den neuen Regeln sind Ölfirmen aufgefordert, die Herkunft und den Handelsnamen des Rohöls zu deklarieren. Das könnte laut T&E ein erster Schritt in Richtung eines robusteren Systems nach 2020 sein.

Der Arbeitgeber-Lobbyverband BusinessEurope rechtfertigte die beschlossene EU-Richtlinie. Importe aus Kanada seien dringend nötig, um die Energiesicherheit in Europa zu garantieren – insbesondere in Zeiten unsicherer Gaslieferungen aus Russland. „Mit dem CETA-Abkommen haben wir uns darauf verständigt, Handelshemmnisse abzubauen. Das betrifft auch Energie“, sagt Markus J. Beyrer, Direktor von BusinessEurope. „Kanada arbeitet an technologischen Lösungen, die Teersand-Abbau klimafreundlicher macht. Ölsande auf die schwarze Liste zu setzen ist ein falsches Zeichen und wäre eine Hürde im Handel mit Kanada, einem stabilen, verlässlichen und demokratischen Partner der EU.“

FOTO: Tastycakes/Wikimedia Commons – Teil des Tagebaus sowie Schwefelhalden und Abwasserbecken der Aufbe­reitungs­anlage „Mildred Lake“ der Syncrude Canada Ltd. im Athabasca-Ölsandrevier, Alberta, Kanada.

Quelle
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