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Energiewende in Japan

Japan ringt schon seit Jahren um einen neuen Kurs in der Energiepolitik.

Neben der Neuordnung der Elektrizitätswirtschaft, der Frage nach der Rolle der Atom-energie1 und dem Import konventioneller Energieträger geht es dabei auch um den Ausbau der erneuerbaren Energien. Das Einspeisegesetz aus dem Jahr 2012 brachte die Energiewende in Teilbereichen schnell voran. So schnell, dass ebenso wie in Deutschland Stimmung gegen die Energiewende gemacht wird – und die Konzerne blockieren offenbar den weiteren Ausbau.

Die Energie- und Stromversorgung Japans
Japan hat den zweithöchsten Energiebedarf Asiens. Als angeblich ressourcen-armes Land werden in Japan weniger als 15 % des gesamten Energiebedarfs aus einheimischen Quellen gedeckt. Dabei dominiert die eigene Öl- und Gasprodukti-on, ergänzt durch große Wasserkraftwerke und Geothermie.2

Dominierend ist der Import konventioneller Energie: „Im weltweiten Vergleich ist Japan der größte Flüssigerdgas (LNG)-Importeur,3 der zweitgrößte Kohle- und der drittgrößte Erdölimporteur.“4

Die Stromerzeugung Japans vor Fukushima wurde dominiert von konventionellen Wärme- sowie von Atomkraftwerken. 2010 wurden 29,3 % des Stroms in LNG-Gaskraftwerken, 25 % in Kohlekraftwerken und 28,6 % in Atomkraftwerken er-zeugt. Öl-befeuerte Kraftwerke hatten einen Anteil von 7,5 % an der Stromerzeu-gung, große Wasserkraftwerke 8,5 % und sonstige erneuerbare Energien 1,1 %. Nach Fukushima stürzte die Atomstromproduktion auf 1,7 % radikal ab.5

Extrem-Preise für Energieimporte
In Folge der Atomkatastrophe von Fukushima wurden in den vergangenen Jahren nach und nach alle 54 Atomreaktoren vom Netz genommen. Dadurch erhöhte sich die Nachfrage nach konventionellen Brennstoffen aus dem Ausland, was die Ener-gie-Importkosten in die Höhe trieb.6

Offenbar wird Japan aufgrund seiner enormen Abhängigkeit von konventionellen Energieimporten von den transnationalen Energiekonzernen schamlos zur Kasse gebeten. Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge betrug der Preis für Flüssiggas (LNG) im März 2014 in den USA durchschnittlich 5,25 Dol-lar/MMBTu7 und in Europa 10,81 $/MMBTu. Die Japaner hingegen mussten 17,92 $/MMBTu bezahlen.8

Das führte für Japan im Jahr 2013 zu einem Rekord-Handelsbilanzdefizit in Höhe von 11,5 Billionen Yen (112 Mrd. Dollar).9

Gute Voraussetzungen für erneuerbare Energien
Aufgrund der natürlichen Bedingungen haben die erneuerbaren Energien in Japan ein großes Potenzial. Traditionell sind Wasserkraft und Bioenergie die wichtigsten Energiequellen. Die künftigen großen Potenziale werden aber insbesondere in der Windenergie, der Photovoltaik (Solarstrom) und der Geothermie gesehen.10

„Energy Rich Japan“
In der 2003 publizierten „Energy Rich Japan“ (ERJ) Studie wurde untersucht, wie der Energiebedarf Japans mit seinen rund 127 Millionen Einwohnern verringert und zu 100 % aus heimischen, erneuerbaren Energien gedeckt werden kann.11

Nach Auffassung von Harry Lehmann, dem wissenschaftlichen Koordinator des Energy Rich Japan Projektes, könnte der kleine und hoch-industrialisierte Insel-staat „energieunabhängig und reich“ sein. In der Studie wird aufgezeigt, wie Japan durch die Nutzung von verfügbaren Energieeffizienz-Technologien seinen gesam-ten Energieverbrauch um rund 50 % verringern könnte, davon 40 % im Industrie-sektor, mehr als 50 % im Wohnungsbau- und Gewerbesektor und etwa 70 % im Verkehrssektor.12

Der verbleibende Energiebedarf soll der Studie zufolge in allen drei Verbrauchs-sektoren mit erneuerbaren Energien gedeckt werden, „wobei der Importbedarf gesenkt und schließlich völlig beseitigt wird.“ Es werden sechs denkbare Szenarien für eine solche 100 %-Versorgung durchkalkuliert (siehe Grafik).13

ippnw.de

© ippnw.de | Henrik Paulitz

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1 Vgl. Hierzu: Henrik Paulitz: Ringen um die Atompolitik in Japan. IPPNW-Informationen. Januar 2015. http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Info/Ringen_um_die_Atompolitik_in_Japan.pdf
2 Harry Lehmann: Solare Vollversorgung von Industrieländern – Das Beispiel Japan. http://www.wwindea.org/technology/ch04/de/4_1_5.html. Zugriff 2015.
3 LNG – Liquefied Natural Gas
4 Deutsche Energie-Agentur (dena): Länderprofil Japan. http://exportinitiative.dena.de/onlinebestellbereich/detailansicht/?tx_ttproducts_pi1%5BbackPID%5D=316&tx_ttproducts_pi1%5Bproduct%5D=146&cHash=04ea87774f928cd174c9723c39905c27. Zugriff 2015.
5 Hikaru Hiranuma: Japan’s Energy Policy in a Post-3/11 World. Juggling Safety, Sustainability and Economics. The Tokyo Foundation. October 15, 2014. http://www.tokyofoundation.org/en/articles/2014/energy-policy-in-post-3-11-world.
6 Hikaru Hiranuma: Japan’s Energy Policy in a Post-3/11 World. Juggling Safety, Sustainability and Economics. The Tokyo Foundation. October 15, 2014. http://www.tokyofoundation.org/en/articles/2014/energy-policy-in-post-3-11-world.
7 Die British thermal unit (Btu) ist eine Einheit der Energie. Die Btu ist definiert als die Wärmeenergie, die benötigt wird, um ein britisches Pfund Wasser um 1 Grad Fahrenheit zu erwärmen. Erdgas-Mengen werden gelegentlich in MMBtu (million British thermal units; mm kommt von tausend tausend) angege-ben. 1 mmBTU entspricht 26,4 Kubikmeter Gas, basierend auf einem Energieinhalt von 40 Me-gajoule/m³.
8 Hikaru Hiranuma: Japan’s Energy Policy in a Post-3/11 World. Juggling Safety, Sustainability and Economics. The Tokyo Foundation. October 15, 2014. http://www.tokyofoundation.org/en/articles/2014/energy-policy-in-post-3-11-world.
9 Hikaru Hiranuma: Japan’s Energy Policy in a Post-3/11 World. Juggling Safety, Sustainability and Economics. The Tokyo Foundation. October 15, 2014. http://www.tokyofoundation.org/en/articles/2014/energy-policy-in-post-3-11-world.
10 Deutsche Energie-Agentur (dena): Länderprofil Japan. http://exportinitiative.dena.de/onlinebestellbereich/detailansicht/?tx_ttproducts_pi1%5BbackPID%5D=316&tx_ttproducts_pi1%5Bproduct%5D=146&cHash=04ea87774f928cd174c9723c39905c27. Zugriff 2015.
11 Harry Lehmann: Energy Rich Japan. Institute for Sustainable Solutions and Innovations (ISUSI). Oc-tober 2003. www.energyrichjapan.info.
12 Harry Lehmann: Solare Vollversorgung von Industrieländern – Das Beispiel Japan. http://www.wwindea.org/technology/ch04/de/4_1_5.html. Zugriff 2015.
13 Harry Lehmann: Solare Vollversorgung von Industrieländern – Das Beispiel Japan. http://www.wwindea.org/technology/ch04/de/4_1_5.html. Zugriff 2015.

Quelle

IPPNW: Energiewende in Japan | Henrik Paulitz 2015

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