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Fünfe bremsen den EU-Kohleausstieg

Am Montag wollen die EU-Staaten ihre gemeinsame Position zur EU-Energiegesetzgebung festlegen. Kritiker befürchten, dass wichtige Klimaschutzmaßnahmen aus dem „Winterpaket“ der EU-Kommission verwässert werden. Hoffnungen verbinden sich nur mit dem Europäischen Parlament. Von Friederike Meier

Am Anfang seiner EU-Ratspräsidentschaft im Sommer hatte sich Estland noch als Verfechter der Energiewende präsentiert: „Wenn wir das Strommarkt-Design richtig hinbekommen, ist das der beste Weg, um mehr erneuerbare Energien zu bekommen“, hatte ein estnischer Regierungsbeamter im Juni dem Nachrichtenportal Euractiv gesagt.

Davon ist kurz vor dem Ende der estnischen EU-Präsidentschaft nicht mehr viel übrig. In einem auf Ende November datierten Papier zur Reform des Elektritzitätsmarktes schlägt Estland vor, dass auch in Zukunft klimaschädliche Kraftwerke am sogenannten Kapazitätsmarkt teilnehmen dürfen. Mit einem Kapazitätsmarkt werden unrentable konventionelle Kraftwerke durch öffentliche Mittel oder erhöhte Strompreise dafür „belohnt“, dass sie Schwankungen der Erneuerbaren-Stromgewinnung ausgleichen – oder auch nur so tun.

Die EU-Kommission, die das neue Strommarkt-Design vorgeschlagen hat, war dabei mit viel größerem Ehrgeiz vorgegangen: In ihrem Gesetzesvorschlag, der Teil des schon 2016 vorgestellten „Winterpakets“ war, ist ein CO2-Grenzwert vorgesehen, der künftig für Kapazitätsmärkte gelten soll. Maximal 550 Gramm pro Kilowattstunde sollen Europas Kraftwerke ausstoßen dürfen, um für Kapazitätsmärkte infrage zu kommen.

550er-Grenze wäre Kohleausstieg gleichgekommen

Diesen Grenzwert will Estland nun kippen. „Diese Veränderung könnte dafür sorgen, dass die Lebenszeit eines Fünftels aller europäischen Kohlekraftwerke von 40 Jahren auf 50 oder 60 Jahre verlängert wird“, schreibt das Umweltbündnis „Europe Beyond Coal“. Die sogenannte 550er-Regel wäre nach Einschätzung des Thinktanks Agora Energiewende einem Kohleausstieg gleichgekommen, weil Kohlekraftwerke den Grenzwert nicht einhalten könnten.

Ob das baltische Land mit seinem Vorschlag durchkommt, ist noch offen. Am kommenden Montag will der EU-Ministerrat – in diesem Fall bestehend aus den Energieministern der EU-Staaten – seine gemeinsame Position dazu beschließen, ebenso zu anderen Regelungen des „Winterpakets“.

Im Einzelnen sind das die Erneuerbare-Energien-Richtlinie, die sogenannte Governance-Richtlinie und drei Verordnungen zum Strommarkt-Design – darin auch die Regeln zum Kapazitätsmarkt. Zu anderen Teilen des Winterpakets wie der EU-Effizienzrichtlinie und der Richtlinie über Gebäude hat sich der Ministerrat schon positioniert. Über diese Texte wird derzeit schon im sogenannten Trilog-Verfahren zwischen EU-Kommission, Ministerrat und Parlament verhandelt.

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Quelle

Der Hintergrund wurde von der Redaktion „KLIMARETTER.INFO“ (Friederike Meier) 2017 verfasst – das Nachrichten- und Debattenmagazin zu Klima und Energiewende – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von „Klimaretter.info“ (post@klimaretter.info) weiterverbreitet werden!

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