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Klöckners Reduktionsstrategie: „Bitte bitte“ weniger Zucker

Das Bundeskabinett hat die „Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten“ von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner auf den Weg gebracht.

Erklärtes Ziel der Strategie ist es, „eine gesunde Lebensweise zu fördern“ und „den Anteil der Übergewichtigen und Adipösen in der Bevölkerung zu senken“. Dabei setzt Julia Klöckner aber auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Lebensmittelwirtschaft statt auf wirksame gesetzliche Maßnahmen wie eine Lebensmittelampel.

Im kommenden Jahr sollen die Lebensmittelhersteller sich auf Ziele verpflichten, die dann bis zum Jahr 2025 umgesetzt werden sollen, kündigte Julia Klöckner heute auf einer Pressekonferenz an. Konkret benannte sie bisher nur wenige Zielvorgaben. So solle zum Beispiel bei Frühstücksflocken der Zuckergehalt um 20 Prozent gesenkt werden, bei Softdrinks um 15 bis 20 Prozent, hieß es. Auch Portionsgrößen sollen kleiner werden. Eine Internetplattform soll über die Änderungen informieren.

DAS wären wirklich wirksame Maßnahmen

Mit ihrem Papier ingoriert Bundernährungsministerin Julia Klöckner allerdings die Forderungen und Empfehlungen der medizinischen Fachwelt zur Bekämpfung von Übergewicht und Adipositas. Schon seit Jahren fordern medizinische Fachgesellschaften oder auch die Weltgesundheitsorganisation wirksame politische Maßnahmen ein. Im Mai dieses Jahres hatte ein breites Bündnis aus Fachorganisationen und mehr als 2.000 Ärztinnen und Ärzten in einem Offenen Brief von der Bundesregierung politische Maßnahmen gefordert. Dazu gehören:

  • eine Lebensmittelampel
  • die Beschränkungen der an Kinder gerichteten Werbung
  • eine „Limo-Steuer“

Gesetzliche Maßnahmen wie diese lehnt Frau Klöckner jedoch ab. Andere Länder machen dagegen Ernst im Kampf gegen Fettleibigkeit: Frankreich und Spanien führen eine Lebensmittelampel ein, Chile beschränkt die Werbung an Kinder und Großbritannien besteuert überzuckerte Limonaden. Deutschland jedoch setzt darauf, die Industrie mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung zu Änderungen zu bewegen. 

„Jetzt ist es also amtlich: Diese Ministerin ist gesundheitsgefährdend. Julia Klöckner hat es mit einem massiven Gesundheitsproblem zu tun und unterlässt es zu handeln – sie belässt es dabei, bei der Lebensmittelindustrie lieb ‚Bittebitte‘ zu sagen. Die Zuckerlobby, Nestlé oder Coca-Cola dürften ihr Glück kaum fassen. Jeder weiß, dass freiwillige Selbstverpflichtungen scheitern – gerade erst ist die freiwillige Reduktionsstrategie in den Niederlanden gefloppt.“ Martin Rücker, foodwatch-Geschäftsführer

Vorgezogenes Weihnachtsgeschenk für die Lebensmittellobby

Selbst die jetzt nur freiwillig gesetzten Ziele sind viel zu lasch. Überzuckerte Frühstücksflocken sind auch mit 20 Prozent weniger Zucker immer noch überzuckert. Fanta beispielsweise enthält in Deutschland etwa doppelt so viel Zucker wie in Großbritannien, nachdem dort eine Limo-Steuer eingeführt wurde. Selbst mit der jetzt versprochenen Reduktion würde Fanta in Deutschland immer noch viel mehr Zucker als nötig enthalten – und immer noch viel mehr als in Großbritannien. Mit ihrer Strategie, bei der es nur vorgeblich um ein gesünderes Lebensmittelangebot geht, macht die Ministerin der Lebensmittellobby letztlich ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. 

Fettleibigkeit: Die Herausforderung ist riesig

In Deutschland gelten knapp 47 Prozent der Frauen und 62 Prozent der Männer als zu dick. Etwa ein Fünftel aller Erwachsenen ist sogar adipös, also fettleibig. Bei den Kindern sind etwa 15 Prozent zu dick, 5 Prozent sind fettleibig. Sie haben ein höheres Risiko für Typ-2-Diabetes und andere Krankheiten. Der wesentliche Grund für diese Entwicklung: Das Lebensmittelangebot hat sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv gewandelt. Jederzeit und überall sind hochkalorische, hochgradig verarbeitete und zuckerreiche Lebensmittel im Übermaß verfügbar. Die Hersteller verstärken durch ihre Marketingaktivitäten das Problem: So enthalten 90 Prozent aller Lebensmittel und Getränke, die an Kinder vermarktet werden, zu viel Fett, Salz und Zucker.

Quelle

Foodwatch 2018

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