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Lebensqualität macht der Politik Mühe

Die Bundesregierung hat in einem aufwendigen Prozess mit Bürgern und Ministerien einen Bericht zur Lebensqualität in Deutschland erarbeitet. Er enthält neben einigen bezeichnenden Lücken viel Gutes. Was daraus folgen soll, bleibt aber unklar. Lebensqualität bedeutet nicht, mit vollem Bauch in die ökologische Katastrophe zu marschieren.

Vor einer Weile hat die Bundesregierung ihren „Bericht zur Lebensqualität in Deutschland“ veröffentlicht. Er war mit einiger Spannung erwartet worden. Das federführende Bundeskanzleramt hatte nicht nur alle Ministerien befragt, was sie für die Lebensqualität und das „gute Leben“ in Deutschland tun, sondern auch in einem aufwendigen Prozess von „Bürgerdialogen“ dem Volk auf den Zahn gefühlt.

Rund 16.000 Bürgerinnen und Bürger hatten sich beteiligt, in über 200 Veranstaltungen, per Postkarte und in einer Online-Befragung. Auf circa 300 Seiten werden nun sehr detailreich die Ergebnisse vorgestellt. Darin finden sich viele gute Erkenntnisse über das, was die Menschen bewegt und was gute Politik jenseits des Bruttosozialprodukts als Wachstumsindikator inspirieren kann – und sollte.

Doch zeigt die große Anzahl von 46 verwendeten Indikatoren in zwölf Dimensionen schon ein zentrales Problem des Projekts auf: Offenbar wollten alle beteiligten Ministerien ihre Lieblingsindikatoren unterbringen. Es fehlte die ordnende Hand, zumal die Kriterien für das „gute Leben“ nicht gewichtet werden sollten. Nun stehen die „Verbreitung von Fettleibigkeit“, die „Beteiligung an Weiterbildung“ und die „Hilfe durch andere“ gleichberechtigt neben der „Lebenserwartung bei Geburt“, der Arbeitslosenquote, der Entwicklung der Reallöhne oder den nationalen Treibhausgas-Emissionen.

In der Fülle des Materials ertrinkt das Wesentliche

Das sollte nicht falsch verstanden werden – es ist nichts dagegen zu sagen, den Zusammenhalt der Gesellschaft dadurch bestimmen zu wollen, indem man nach der Hilfsbereitschaft fragt. Aber es spricht doch bei der Fülle des Materials einiges dafür, dass am Ende daraus gar nichts folgt, weil die Entwicklung der Indikatoren untereinander nicht verglichen werden kann.

Hier können Sie den Standpunkt weiterlesen

Quelle

Der Standpunkt wurde von der Redaktion „KLIMARETTER.INFO“ (Hermann Ott und Matthias Zimmer) 2016 verfasst – das Nachrichten- und Debattenmagazin zu Klima und Energiewende – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von „Klimaretter.info“ (post@klimaretter.info) weiterverbreitet werden!
Matthias Zimmer und Hermann Ott waren von 2011 bis 2013 Mitglieder der Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“
des Bundestages, die in der letzten Legislaturperiode die
traditionellen Vorstellungen vom Wirtschaftswachstum als
Wohlstandsindikator auf den Prüfstand gestellt hat

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