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Die Welt war in Ordnung – Autokraten gegen Darwin

„Und Marx stand still in Darwins Garten“ – Stellen Sie sich vor, Charles Darwin und Karl Marx hätten sich getroffen.

Dass Kirchen und Gläubige sich gegen Darwins Evolutionslehre wehren, scheint den meisten ewig gestrig und vorwiegend eine Geschichte des 19. Jahrhunderts zu sein. Doch mit Erdogan, US-Vizepräsident Mike Pence und der rechten polnischen Regierung ist dieses Thema wieder da. Dabei erschließt sich für jeden aufgeklärten Menschen, dass sich Evolution und Glaube nicht widersprechen. Darüber und warum gerade Autokraten anfällig sind, Darwin als Gottesmörder zu verunglimpfen, schreibt die langjährige Chefredakteurin von natur, Ilona Jerger, in einem Essay. Anlass ist ihr Roman „Und Marx stand still in Darwins Garten“, der mit seiner Geschichte aus dem 19. Jahrhundert unerwartet brisant ist. 

Das Buch
Die beiden Männer betraten den Kiesweg, der vom Haus in den Garten führte. Marx schlich mit gesenktem Kopf und mit ungeschickten Tritten, denn in der Nacht sah er noch schlechter als am Tag. Nach einer ganzen Weile sagte Darwin: »Mir scheint, Sie sind ein Idealist.« Marx stand grau und regungslos da, als hätte er sich in eine Statue verwandelt. Ihm war kalt. Üblicherweise hätte längst sein Krakeel eingesetzt, er konnte Idealisten nicht leiden. Doch Marx stand still in Darwins Garten. Weder polterte er, noch ließ er sonst ein Wort verlauten.

England, 1881 
Zwei bedeutende Männer leben nur wenige Meilen voneinander entfernt: Charles Darwin in einem Pfarrhaus in Kent und Karl Marx mitten in London. Beide haben mit ihren Werken, der eine zur Evolution, der andere zur Revolution, die Welt für immer verändert. Beide wissen es und sind stolz darauf. Und doch sind sie schlaflos und melancholisch. Darwin hat den Schöpfer abgeschafft, fühlt sich missverstanden und forscht inzwischen still am Regenwurm. Marx grollt der Welt, wartet ungeduldig auf ein mutiges Proletariat, das den Kapitalismus hinwegfegt, verzettelt sich beim Schreiben und kommt über Band 1 des ‚Kapitals‘ nicht hinaus.

Eines Abends begegnen sich die beiden bei einem Dinner zum ersten Mal. Schnell kreist ihre Diskussion um Gott und Gerechtigkeit — doch unausweichlich kommt es zum Streit, und der Abend endet in einem Eklat. Dennoch haben der großbürgerliche Naturforscher und der ewig klamme Revolutionär mehr gemeinsam, als sie sich eingestehen wollen.

In ihrem Roman verbindet Ilona Jerger Fabulierlust mit wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Erkenntnissen, die den Weltenlauf maßgeblich beeinflusst haben. Ein warmherziges und humorvolles Porträt zweier großer Männer, deren Disput zeitgemäßer nicht sein könnte.

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Autokraten gegen Darwin 
Was Charles Darwin wohl dazu sagen würde, dass die türkische Regierung die Evolutionstheorie vom Lehrplan gestrichen hat? In „Und Marx stand still in Darwins Garten“ schreibt Ilona Jerger über die Angst des Naturforschers im Jahr 1881, als „Gottesmörder“ in die Geschichte einzugehen. Wie ihr Roman mit einem Mal erneut von der Wirklichkeit eingeholt wurde, erzählt die Autorin im Essay. Von Ilona Jerger 

Die Welt war in Ordnung Als ich begonnen habe meinen Roman über Charles Darwin zu schreiben, war die Welt noch in Ordnung. Zumindest was die Sicht der meisten Europäer auf die Entstehung derselben betraf. Die europäischen Länder hielten Religions– und Biologieunterricht getrennt und, wenn irgendwo zu hören war, man solle die Schöpfungsgeschichte als Alternative zur Evolution in die Lehrpläne aufnehmen, ging man von verirrten, ewig gestrigen Einzelmeinungen aus, akzeptierte sie im Vielgesang unserer Demokratien oder parierte sie, um den Anfängen zu wehren. Es war die Zeit, in der mit der Türkei Gespräche zur Aufnahme in die EU geführt wurden, und, wie Atatürk es gewollt hatte, waren auch dort Religion und Staat getrennt. Es war die Zeit, als Barack Obama regierte und vom Brexit noch keine Rede war.

Nun erscheint mein Roman und Darwin steht am Pranger. Wieder einmal. Ich stöbere durch meine gesammelten Artikel und Notizen auf der Suche nach Erklärungen. Mein erstes Fundstück: ein Brief…

Darwins Verhältnis zu Gott Ist es überhaupt redlich, Darwins Theorie als Geschütz gegen  Religion und Glauben in Stellung zu bringen? Wie war sein Verhältnis zu Gott? Zur Kirche? Zur Schöpfung? mehr

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Quelle

UllsteinBuchVerlage 2017

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