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eurosolar.de | Dr. Hermann Scheer 1944 - 2010

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Gedenkschrift für Hermann Scheer

Hermann Scheer: „Die Umwandlung von Sonnenlicht zu Strom ist die wichtigste Zukunftstechnologie der Menschheit“ (2010)

Zur Würdigung der Lebensleistung von Hermann Scheer haben EUROSOLAR und die Hermann-Scheer-Stiftung eine Gedenkschrift mit Beiträgen von Weggefährten Hermann Scheer’s verfasst. Die hier zusammengefassten Blickwinkel auf das Lebenswerk von Hermann Scheer entstanden größtenteils unmittelbar nach seinem Tod, wie etwa in Form solcher Nachrufe, die am 1. 11. 2010 im Rahmen der Gedenkfeier verlesen wurden.

Vorwort von Dr. Nina Scheer

„Mit der Erinnerung an Hermann Scheer eng verknüpft ist der Gedanke an ein unermessliches Lebenswerk. Es ist gekennzeichnet von Themenvielfalt, Kreativität, Mut zu Unerprobtem, Konzepten und Lösungswegen für drängende Herausforderungen unserer Zeit – und es ist heute aktueller denn je.      

Die Zukunftsfestigkeit seines Werkes lässt sich besonders deutlich an der Entwicklung der Erneuerbaren Energien in Deutschland, mit weltweiter Ausstrahlungswirkung, erkennen.       

Die Einführung Erneuerbarer Energien in Deutschland gelang durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Das EEG, international auch als „Scheer’s law“ bekannt, dient als Hebel zur Öffnung eines von atomar- fossiler Monopolwirtschaft geprägten Energiemarktes. Es ist ein herausragendes Beispiel dafür, dass die Vorreiterfunktion ein wichtiger gestalterischer Mechanismus ist, der globale Nachahmeffekte auszulösen vermag.        

Hermann Scheer steht für das Ziel einer weltweiten Vollversorgung durch Erneuerbare Energien. Neben der Problematik des Klimawandels war er schon früh überzeugt, dass bereits aus Gründen der fossilen Ressourcenverknappung, diese die wohl einzige Möglichkeit sei, die Menschheit vor sozialen Verwerfungen und Kriegen um die letzten fossilen Reserven zu bewahren sowie die Zivilisationen auf einen gerechten, menschenwürdigen und die Umwelt erhaltenden Weg zu führen.

Hermann Scheer steht aber auch für den Weg, wie eben dieses Ziel schnell und ökonomisch sinnvoll zu erreichen ist: Er erkannte, dass ein gesellschaftlicher Wandel durch und mit den Menschen vor Ort gelingt. Er erkannte die Dimension der gesellschaftlichen Teilhabe als Motor und Beschleunigungsfaktor für diese Entwicklung und dass die von der fossil-atomaren Energieversorgung geprägten Strukturen für die Erneuerbaren Barrieren und Umwege darstellen. Er erkannte, dass eine dezentrale Energieversorgung durch Erneuerbare Energien auch in Deutschland zu 100 Prozent möglich ist.         

1988 gründete er gemeinsam mit seiner Frau Irm Scheer-Pontenagel EUROSOLAR, die Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien, unterstützt von vielen weiteren engagierten Akteuren. Die Energiewende bedurfte eines politischen gesellschaftlichen Aufbruchs. Im Rahmen des hier gestärkten zivilgesellschaftlichen Engagements wurden unter anderem Initiativen für die „Energiewende“, die „Solare Weltwirtschaft“, die „Energieautonomie“ und den „Landwirt als Energie- und Rohstoffwirt“ aufgebaut und gebündelt, Begriffe, die für Hermann Scheer teilweise zu Buchtiteln wurden.          

Er war auch Urheber von IRENA, der International Renewable Energy Agency, für deren Entstehen er sich nahezu zwei Jahrzehnte einsetzte. Hermann Scheer war Visionär und Vordenker. Das Lebenswerk eines Vordenkers zu würdigen, beinhaltet die Erkenntnis, dass mit der Würdigung für dessen Nachwelt die Aufgabe der Umsetzung erwächst. Zwei Leitfäden entnehme ich seinem Denken und Wirken: die Ultima Ratio der stimmigen Ausgangsprämisse und das Überwinden von Denkbarrieren. Sie finden sich etwa in seinen folgenden Worten wieder: „Die schnelle und umfassende Einführung Erneuerbarer Energien heute garantiert, dass wir morgen eine umweltfreundliche, sichere und kostengünstige Energie für alle haben.“          

Eine besondere Herausforderung ist der vielfach von Hermann Scheer beschriebene Strukturkonflikt, wonach die Akteure der herkömmlichen Energiewirtschaft Gefangene ihres eigenen Systems sind und „ihre Unternehmensratio zur volkswirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Rationalität verklären“. Eben dieser Konflikt realisiert sich fortlaufend, auch mit solchen Entscheidungen, wie sie in Deutschland „im Schatten des Atomausstieges“ und einer forcierten einseitigen Kostenbetrachtung auf eine Aushebelung des EEGs als Motor der Energiewende zielen.

Hermann Scheer setzte sich immer für ein starkes und selbstbestimmtes Parlament ein, von dem Initiativen wie das EEG, einem Parlamentsgesetz, ausgehen. Er schmiedete fraktionsübergreifende Allianzen und warb für ein Lossagen von vermeintlichen Sachzwängen.

Das Wirken von Hermann Scheer war geprägt von Idealen und Werten: Das Eintreten für Gerechtigkeit, die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung und Solidarität. Dabei setzte er sich immer wieder mit Handlungsstrukturen auseinander, um Übertragungswege gesellschaftlicher Interessen auf politische Programmatik zu optimieren. Hermann Scheer werde ich – auch aus der Perspektive seiner Tochter – für immer und dankbar als geistreichen, humor- und liebevollen Menschen sowie politische Instanz in Erinnerung behalten.  

EUROSOLAR und die Hermann-Scheer-Stiftung danken allen Autoren dieser Gedenkschrift. Die hier zusammengefassten Würdigungen entstanden größtenteils unmittelbar nach dem Tod von Hermann Scheer, teilweise in Form von Nachrufen, die am 1. November 2010 im Rahmen der Gedenkfeier von EUROSOLAR verlesen wurden.“    

Dr. Nina Scheer Vorstand Hermann-Scheer-Stiftung

Gedenkschrift für Hermann Scheer (pdf)


Zitatsammlung von Dr. Hermann Scheer, EUROSOLAR-Ehrenpräsident, aus seinen Büchern:

  • „Keine Energie kann so schnell verfügbar gemacht werden wie die Erneuerbaren Energien, wenn wir nur wollen“ (2006)
  • „Damit Menschen und Natur wieder auf einen Nenner kommen, dürfen die Menschen nur dieselbe Energie wie die Natur nutzen: Die Energie der Sonne“ (2005)
  • „Die Mehrkosten für die Erneuerbaren Energien von heute sind vermiedene Umweltschäden und niedrige Energiekosten von morgen“ (2004)
  • „Der unverzügliche Wechsel zu Erneuerbaren Energien ist keine Last, sondern die größte greifbare soziale und wirtschaftliche Zukunftschance“
  • Zur Photovoltaik: „Die Umwandlung von Sonnenlicht zu Strom ist die wichtigste Zukunftstechnologie der Menschheit“ (2010)
  • „Knapp sind nicht die Erneuerbaren Energien, knapp ist die Zeit“
  • Zu Atomkraft: „Weil nicht passieren darf, was passieren kann, darf eine Technologie nicht eingesetzt werden“ (2010)

Gedenkschrift für Hermann Scheer (pdf)
Die Bücher von Hermann Scheer finden Sie hier

Franz Alt und Hermann Scheer bei einer Veranstaltung 2010.EUROSOLAR | "Der unverzügliche Wechsel zu Erneuerbaren Energien ist keine Last, sondern die größte greifbare soziale und wirtschaftliche Zukunftschance"
Quelle

EUROSOLAR 2015

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