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BUND: Noch etwa 2000 gefährliche Stoffe im Gebrauch

Zehn Jahre nach Einführung der EU-Chemikalienverordnung REACH sind noch etwa 2.000 gefährliche Stoffe im Gebrauch.

Zehn Jahre nach Inkrafttreten der Europäischen Chemikalienverordnung REACH fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) von der EU-Kommission eine ambitioniertere Umsetzung und Weiterent­wicklung des europäischen Chemikalienrechts.

Wesentliche Verbesserungen durch REACH seien die Einführung des Vorsorge­prinzips, das Ersetzen besonders besorgniserregender Stoffe (Substances of very high concern, SVHC) durch weniger gefährliche Sub­stan­zen, die Umkehr des Beweislast vom Staat auf Unternehmen sowie das Prinzip „Keine Daten, kein Markt“, nach dem Unternehmen zu vollständigen Angaben gegenüber Behörden verpflichtet sind. Grundlegende REACH-Vorgaben wie das Vorsorgeprinzip kämen jedoch häufig nicht ausreichend zum Tragen, sagte der BUND-Chemikalienexperte Manuel Fernández.

Beispielsweise seien die Anträge von Unternehmen auf Weiterverwendung besonders besorgnis­er­regender Chemi­kalien bislang ausnahmslos genehmigt worden. Auch das Prinzip „Keine Daten, kein Markt“ werde faktisch nicht umgesetzt, da die zuständige Europäische Che­mika­lienbe­hörde ECHA üblicherweise Dossiers auch mit unvollständigen Datensätzen akzeptiere. „Die ECHA handelt bislang eher nach dem Motto ‚Keine Daten? Kein Problem!‘.

Rund 60 Prozent der eingereichten Chemikalien-Dossiers sind Untersu­chun­gen zufolge unvollständig oder fehlerhaft. Und weiterhin sind in der EU rund 2.000 besonders besorgniserregende Stoffe im Gebrauch, die vom Markt genommen werden müssten bzw. deren Einsatz sehr viel strenger geregelt werden müsste“, forderte Fernández.

Trotz dieser Defizite habe der Registrierungspro­zess unter REACH das Wissen von Behörden und Unternehmen über die in Europa verwendeten Chemikalien erhöht. Durch REACH habe die Öffentlichkeit einen besseren Zugang zu mehr Informationen über die Risiken vieler Chemikalien. In der Folge sei auch das Risikomanagement vieler Firmen optimiert worden. Die REACH-Liste der besonders besorgniserregen­den Chemikalien finde inzwischen auch weltweit Beachtung.

„Trotz des erbitterten Widerstands der Industrie ist REACH beim Umgang mit riskanten Chemi­kalien inzwischen global ein Vorbild. Länder wie Südkorea, Malaysia, Türkei, China, Serbien, Island und Norwe­gen haben das REACH-System übernommen oder sind dabei, ähnliche Gesetzge­bungen zu schaffen“, sagte Fernández. Die zögerliche Umsetzung verhindere jedoch die volle Entfaltung des Potentials der EU-Chemikalienver­ordnung.

„Transparent ist die Verwendung von Chemikalien in der EU noch lange nicht, hierzu müsste unter anderem das Aus­kunftsrecht für Verbraucher gestärkt werden. Auch die Behörden machen die gesetzliche Auskunftspflicht der Firmen bislang kaum bekannt. Was sich in unseren Kon­sum­produkten versteckt, erfahren Verbraucher in der Regel nur durch die Aufklärungsar­beit von Verbraucher­schützern und Umweltorganisationen“, sagte Fernández.

Zwar habe die EU-Chemikalienverordnung REACH unerlässliche Regelungen zum Umwelt- und Gesundheitsschutz eingeführt, müsse jedoch noch weiterentwickelt werden, forderte der BUND-Experte. So müssten neue wissenschaftliche Erkenntnisse einbezogen werden, die Gefahrenpotentiale von Stoffge­mischen und Neuheiten wie Nanomaterialien beträfen sowie negative Effekte von Chemikalien auf den Stoffwechsel, das Nerven-, Hormon- und Immunsystem berücksichtigten. Erforderlich sei außerdem ein Verwendungsverbot besonders besorgniserregender Chemikalien in Lebensmittelverpackungen, Möbeln, Textilien und Baumaterialien.

„Die Liste von Chemieskandalen ist lang: DDT, Asbest, PCB und Dioxine sind nur einige der drastischsten Beispiele. Wichtig wäre eine konsequentere Anwendung des Vorsorgeprinzips, damit Chemikalien schon beim Verdacht einer Gefährlichkeit für Verbraucher oder die Umwelt aus dem Verkehr gezogen werden. Substanzen wie Bisphe­nol A oder Weichmacher sind in vielen Kon­serven­dosen, Kas­senzet­teln und sogar Kinderspiel­zeug enthalten. So lange besonders gefährliche Chemikalien weiter verwendet werden, müssen sich Politiker auf Bundes- und EU-Ebene intensiver dafür einsetzen, das Chemikalienrecht zu verbessern und jede Aufweichung abzuwehren“, forderte Fernández.

Quelle

BUND 2017

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