‹ Zurück zur Übersicht
lpenverein/N. Span | Kesselwandferner und Gepatschferner vom Brandenburger Haus

© lpenverein/N. Span | Kesselwandferner und Gepatschferner vom Brandenburger Haus

Starke Gletscherrückgänge im Hitzesommer 2015

Das Jahr 2015 war noch wärmer als der bisherige Extremsommer 2003. Die Eisriesen konnten sich in der gesamten Messperiode kaum ausruhen. Der Gletscherbericht des Alpenvereins bestätigt eine erhebliche Abschmelzung.

Der aktuelle Gletscherbericht des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV) zeigt, dass der durchschnittliche Längenverlust der Gletscher mit 22,6 Metern mehr als doppelt so groß ist wie im Vorjahr.

Es war ein schwieriges Jahr für die Gletscher in Österreich. Im Berichtsjahr 2014/2015 sind rund 80 Gletscher mehr als doppelt so weit wie im Vorjahr zurückgeschmolzen, drei davon sogar mehr als 100 m. Nur ein Gletscher ist unverdrossen wenige Meter vorgestoßen (Winklkees, Ankogel-Hochalmspitz Gruppe). Die Anzahl der stationären Gletscher hat sich gegenüber dem vorigen Jahr in etwa halbiert. Das Schwinden von Österreichs größtem Gletscher, der Pasterze, liegt im Berichtsjahr mit einem Verlust von -54,4 m aber in derselben Größenordnung wie in den Vorjahren.

Warme Temperaturen lassen Gletscher schmelzen

Die Gletscherrückgänge im vergangenen Jahr erklärt Dr. Andrea Fischer, Glaziologin und Leiterin des Alpenverein-Gletschermessdienstes, unter anderem mit dem Hitzesommer: „Der Sommer 2015 war um mehr als 2°C wärmer als im langjährigen Mittel. Lange andauernde Hochdrucklagen und das Ausbleiben sommerlicher Schneefälle, das sind die Zutaten für ein viel zu warmes Messjahr und damit Grund für die aktuellen Gletscherrückgänge.“ Wie die Messergebnisse zeigen, waren alle Monate bis auf den September zu warm. Im Hochsommer fehlten Kaltlufteinbrüche mit Schneefällen auf den Gletschern und auch die nächtliche Abkühlung konnte die Schmelze in den extrem warmen Monaten nicht unterbrechen und setzte so den Gletschern nochmals zu.

Drei Gletscher mit mehr als 100 m Längenverlust

Von den 92 beobachteten Gletschern war kein Gletscher schneebedeckt, in Summe sind 96% der vermessenen Gletscher zurückgegangen. Für das Jahr 2014/15 ergibt sich somit ein mittlerer Längenverlust von -22,6 m. Das liegt deutlich über den Werten der Vorjahre, denn das letzte Mal wurden 2007 und 2003 ähnlich hohe Werte erreicht. Im Vorjahr betrug der Rückgang etwa die Hälfte und es gab keinen Rückgang über 100 m. Das Hornkees in den Zillertaler Alpen wurde um -136,0 m kürzer. Der Zerfall der Zunge des Gepatschferners in den Ötztaler Alpen setzte sich mit einem Längenverlust von         -121,5 m weiter fort und auch der Taschachferner im Pitztal verlor -101,0 m an Länge. Wie schon in den Vorjahren zeigen die großen Gletscher Österreichs, die weit ins Tal hinunterreichen, die stärksten Verluste.

125 Jahre Gletschermessdienst des Alpenvereins

Die ehrenamtlichen Glet­schermesser begeben sich je­den Sommer in die Gletscherregionen, um Längenmessungen vorzunehmen und Fließgeschwindigkeit und Oberflächenhöhe zu erfassen.

„Nur durch ihren unermüdlichen und vor allem ehrenamtlichen Einsatz sind diese langfristigen Messreihen und Erkenntnisse überhaupt möglich“, würdigt Ingrid Hayek, Vizepräsidentin des Österreichischen Alpenvereins, den Einsatz der „Gletscherknechte“.

Seit mittlerweile 125 Jahren zeigen die vom Alpenverein durchgeführten Messungen eindrucksvoll die Veränderungen, die in mehr als einem Jahrhundert stattge­funden haben. Die Messreihe zählt zu den längsten und best dokumentierten weltweit und ermöglicht Rückschlüsse auf Klimaveränderungen. „Im Namen des Alpenvereins möchte ich mich auch besonders bei Andrea Fischer bedanken. Sie leitet unser Gletschermessteam seit 2010 und ist seitdem das Gesicht des Gletscherberichts“, so Hayek.

Dr. Andrea Fischer ist am Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Innsbruck tätig. Zurzeit sind 20 ehrenamtliche „Gletscherknechte“ und zahlreiche HelferInnen für den Gletscherbericht im Einsatz.

Gletscherbericht 2014/2015 des Alpenvereins

10 stärkste Rückgänge – Längenverluste in Metern

  1. Hornkees (Zillertaler Alpen)                  -136,0                   
  2. Gepatschferner (Ötztaler Alpen)           -121,5                  
  3. Taschachferner (Ötztaler Alpen)           -101,0                   
  4. Niederjochferner (Ötztaler Alpen)          -88,1         
  5. Schlatenkees (Venedigergruppe)           -60,3         
  6. Schalfferner (Ötztaler Alpen)                 -56,0
  7. Pasterze (Glocknergruppe)                    -54,4         
  8. Untersulzbachkees (Venedigergruppe)   -50,0         
  9. Schmiedingerkees (Glocknergruppe)      -39,6         
  10. Triebenkarlasferner (Ötztaler Alpen)      -35,5         

 

Durchschnittlicher Längenverlust aller gemessenen Gletscher: 22,6 Meter

Stärkste Rückgänge pro Gebirgsgruppe in Metern

  • Zillertaler Alpen: Hornkees                                      -136,0
  • Ötztaler Alpen: Gepatschferner                                -121,5
  • Venedigergruppe: Schlatenkees                                -60,3         
  • Glocknergruppe: Pasterze                                        -54,4
  • Stubaier Alpen: Fernauferner                                    -29,0
  • Silvrettagruppe: Vermunt Gletscher                           -26,0
  • Ankogel-Hochalmspitzgruppe: Westl. Trippkees         -21,7
  • Dachstein: Hallstätter Gletscher                                 -21,7
  • Granatspitzgruppe: Landeckkees                               -18,1
  • Schobergruppe: Hornkees                                         -8,6
  • Goldberggruppe: Goldbergkees                                  -8,0

Die Ergebnisse im Detail sind nachzulesen im Alpenvereinsmagazin „Bergauf“ 2-16

Alpenverein/ Laternbildsammlung | Pasterze 1920: Eindrucksvolle Frontalansicht aus südöstlicher Richtung (Viktor-Paschinger-Weg ) auf Großglockner, Pasterze und Johannisberg auf einem Foto aus den 1920er JahrenAlpenverein/N. Freudenthaler | Pasterze 2012: eine in die umgebende Bergwelt tief eingesunkene GletscherzungeAlpenverein/Kaufmann | Brandner Gletscher 2003, aufgenommen von der SchesaplanaAlpenverein/Gross | Brandner Gletscher 2015
Quelle

Österreichischer
Alpenverein  20106

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren