18.06.2017
Das Sonnenhaus im Mittelpunkt
Die
Veranstaltung, zu der die Initiative Sonnenhaus Österreich gemeinsam mit
Austria Solar eingeladen hatten, war komplett ausgebucht. Rund 150 Fachleute
von Ministerien und Forschungsinstituten, aus Unternehmen und dem Handwerk
informierten sich in der Skylounge der Wirtschaftskammer Österreich über das
solare Bau- und Heizkonzept. Gleichzeitig stand Networking im Mittelpunkt.
Die Tagung war gleichzeitig ein Grund zum Feiern für das 5-jährige Bestehen der
Initiative Sonnenhaus Österreich. Der Verein hat derzeit rund 100 Mitglieder,
mehr als 300 Sonnenhaus-Projekte wurden in Österreich schon umgesetzt.
Auf der Sonnenhaus-Tagung erläuterten Architekten, Bauunternehmer und
Komponentenhersteller, wie mit Hilfe von großen Solarheizungen, Wärmespeichern
und Bauteilaktivierung eine solare Deckung über 50 Prozent für die Raumheizung
und Warmwasserbereitung in Gebäuden erreicht werden kann. Ein Beispiel im
Einfamilienhaus-Sektor ist ein Sonnenhaus in Oberdürnbach, das der Architekt
Martin Rührnschopf geplant hat. Mit 27 Quadratmeter Solarkollektoren und
Bauteilaktivierung kann hier ein solarer Deckungsgrad von 71 Prozent erreicht
werden. Die Bewohner benötigen nur zwei Festmeter Holz im Jahr für die
Nachheizung in den sonnenarmen Monaten.
Peter Zifferer, Geschäftsführer der Haller Bau GmbH, erläuterte die
wirtschaftlichen Vorteile des Sonnenhaus-Konzeptes in Mehrfamilienhäusern. Das
Bauunternehmen hat in Kronstorf ein Gebäude mit acht Wohneinheiten und 616
Quadratmetern Kollektorfläche gebaut. 2015 lag der solare Deckungsgrad bei
58,27 Prozent, 2016 bei 52,09 Prozent. Die Wärmekosten für die Raumheizung und
Warmwasserbereitung liegen im Monat bei circa 0,28 Euro/Quadratmeter. „Das ist
nicht zu toppen“, war sein Fazit.
Forschung bestätigt Funktionieren des Sonnenhaus-Konzeptes
Positive Rückmeldungen gab es auch aus der Forschung. So präsentierte Walter
Becke, der bei dem Gleisdorfer Forschungsinstitut AEE INTEC für die
Arbeitsschwerpunkte Solare Kombianlagen und Komponentenentwicklung zuständig
ist, Ergebnisse aus der Begleitforschung des Förderprogramms „Demoprojekt
Solarhaus“. 26 Sonnenhäuser werden von seinem Team aktuell messtechnisch
begleitet. „Die ersten Ergebnisse haben spannende Erkenntnisse gebracht und
sind grundsätzlich zufriedenstellend“, so Becke. Ein solarer Deckungsgrad von
70 Prozent sei durchaus erreichbar.
In Deutschland hat das Forschungsprogramm HeizSolar ähnliche Ergebnisse
gebracht. „Sinnvolle und ausgereifte Konzepte sind vorhanden“, bestätigte
Harald Drück, Leiter des Forschungs- und Testzentrums für Solaranlagen (TZS) an
der Universität Stuttgart. In dem Programm mit einer Laufzeit von knapp fünf
Jahren wurden sechs Einfamilienhäuser und drei Mehrfamilienhäuser mit solaren
Deckungsgraden bis zu 100 Prozent vermessen.
Sonnenhäuser entlasten öffentliche Netze
Walter Becke von AEE INTEC wies noch auf einen anderen wichtigen Aspekt hin.
Solarhäuser entlasten die öffentlichen Strom- und Wärmenetze, da Energie vor
Ort erzeugt, gespeichert und genutzt wird. Und es ist eine „smarte Kopplung“
denkbar. Indem Energieversorger die Speicher für die Einlagerung von Energie
nutzen, entsteht ein neues Flexibilisierungspotenzial.
Für die schon bald geltenden strengen Anforderungen der EU an den Energiebedarf
von Gebäuden sind Sonnenhäuser gewappnet. „Sonnenhäuser sind heute schon de
facto Niedrigstenergiehäuser“, sagte Daniela Trauninger, Leiterin des Zentrums
für Bauklimatik und Gebäudetechnik an der Donau-Universität Krems, nachdem sie
die Anforderungen der EU-Gebäuderichtlinie, der zufolge alle Neubauten ab 2021
Niedrigstenergiehaus-Standard haben müssen, sowie die nationale Umsetzung für
Österreich vorgestellt hatte.
Beratungsgespräch verpflichtend für Förderung
Der Klima- und Energiefonds (KLIEN) fördert Ein- und Zweifamilienhäuser mit
einem solaren Deckungsgrad von mindestens 70 Prozent mit dem Förderprogramm „Demoprojekt
Solarhaus“. Für Einzelprojekte gibt es bis zu 12.000 Euro. Bauherren, deren
Sonnenhäuser für die Begleitforschung ausgewählt werden, erhalten bis zu 17.000
Euro. Interessierte Bauherren sollten in ihrer Zeitplanung berücksichtigen,
dass ein Beratungsgespräch mit dem Begleitforschungsteam Voraussetzung für die
Einreichung des Antrags ist. 51 Sonnenhäuser wurden aus dem Programm bisher
gefördert. Das diesjährige Programm endet am 22. September 2017 um 12.00 Uhr.
In der abschließenden Podiumsdiskussion waren die Teilnehmer sich einig, dass
die Thematik ganzheitlich betrachtet werden sollte, das heißt, auch die
Stromversorgung beziehungsweise die Kombination von Solarthermie und
Photovoltaik sollte mit berücksichtigt werden. Außerdem sollte das
Sonnenhaus-Konzept, das in Österreich derzeit noch vorrangig in
Einfamilienhäusern Anwendung findet, auch verstärkt in Mehrfamilienhäuser, gewerblich
genutzte und bestehende Gebäude integriert werden.
Gernot Tritthart, Vorsitzender des Marketing- und Forschungsbeirats der
Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ), appellierte, in den
Bemühungen um die Nutzung der Solarenergie und Sonnenhäuser nicht nachzulassen:
„Es ist unsere Aufgabe, die Dinge weiterzuentwickeln, damit die Politik dann
die Rahmenbedingungen setzen kann.“
Die Vorträge der Tagung als Download:
- Sonnenhaus Folder | Leben von und mit der Sonne. Das Energiekonzept der Zukunft
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