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Rückblick 2016: Brexit-Schock und Trump-Faktor

Politische Richtungsentscheidungen lassen Kurse und Stimmung sinken.

Das Wirtschaftsjahr 2016 wurde von zwei zentralen politischen Richtungsentscheidungen geprägt: Einerseits votierten die Bürger Großbritanniens bei einem Referendum Ende Juni für einen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und lösten damit einen regelrechten Brexit-Schock aus. Andererseits führte der überraschende Wahlsieg des umstrittenen republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump im November zu fallenden Aktienkursen an den Börsen.

Negative Stimmung und Kursängste

Schon im Vorfeld des Referendums, das über den Verbleib Großbritanniens in der EU entscheiden sollte, waren sich viele Experten einig, dass ein tatsächlicher Brexit negative Konsequenzen für die Länder des Vereinigten Königreichs mit sich bringen würde. Die entsprechende Angst vor Umsatzeinbußen und Kursverlusten hatte schließlich bereits seit November 2015 dazu geführt, dass das britische Pfund gegenüber dem Euro stark an Wert einbüßte. Ein erstes Opfer dieser Entwicklung war die irische Wirtschaft, deren Exportunternehmen mit der Pfund-Abwertung gehörig unter Druck gerieten (Irlands Unternehmen leiden unter Brexit-Risiko).

Die negative Stimmung setzte sich nach dem Brexit-Votum weiter fort. Sogar das renommierte National Insitute of Economic and Social Research in London kam nicht umhin, der britischen Wirtschaft einen „gravierenden wirtschaftlichen Abschwung“ zu prognostizieren. Den Experten zufolge besteht eine 50-prozentige Chance, dass das Land innerhalb von 18 Monaten nach dem Referendum in eine Rezession schlittert (Britische Wirtschaft: 50/50-Chance für Rezession). Auch die Talfahrt des Pfund ging nach Bekanntwerden des Ergebnisses des Bürgerentscheids munter weiter und namhafte Banken wie Citigroup oder Goldman Sachs fachten die Kursängste mit Negativprognosen noch weiter an (Talfahrt des britischen Pfunds noch nicht gestoppt).

„Katastrophe“ für deutsche Wirtschaft

Verunsicherung löste der Brexit aber auch in vielen anderen EU-Ländern aus. Schon einen Tag nach dem Referendum stellten etwa deutsche Wirtschafts- und Unternehmerverbände unmissverständlich klar, dass es ein weiteres Auseinanderdriften der EU mit allen Mitteln zu verhindern gelte. DIHK-Präsident Eric Schweitzer sprach gar von einer „Katastrophe“ und einem „Schlag ins Kontor“ der deutschen Wirtschaft, der nicht nur Großbritannien, sondern die gesamte EU und Deutschland sowohl politisch als auch wirtschaftlich schwächen würde (Brexit-Schock: Industrielle fürchten EU-Zersetzung).

„Die Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Wirtschaft in nächster Zeit in eine Rezession gerät, ist während der vergangenen Wochen spürbar gestiegen. Wichtigster Grund dafür ist das Votum für einen Brexit, das insbesondere auf den Finanzmärkten für fortgesetzte Unsicherheit sorgt“, hieß es dann wenig später auch vom deutschen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung. Die Experten kamen bei ihren Analysen zu dem Ergebnis, dass das Rezessionsrisiko nach dem Votum der Briten tatsächlich von 8,8 auf satte 21 Prozent emporgeschnellt sei (Brexit reißt deutsche Wirtschaft mit in den Abgrund).

Besonders hart könnte der Brexit die deutsche IT-Branche treffen, wie der Verband BITKOM zu bedenken gab: „Großbritannien ist für Deutschland seit Jahren eines der wichtigsten Exportländer für IT- und Telekommunikationsprodukte und ein bedeutender Handelspartner“, betonte BITKOM-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Allein im ersten Quartal 2016 seien ITK-Produkte und Unterhaltungselektronik im Wert von 626 Mio. Euro von Deutschland nach Großbritannien geliefert worden. Nachdem sich deren Bürger aber nun für einen Ausstieg aus der EU entschieden hätten, sei mit „massiven Umsatzeinbußen“ zu rechnen (Brexit: Massive Umsatzeinbußen für IT-Wirtschaft).

Unsicherheitsfaktor Trump

Reichlich Grund zur Verunsicherung gab es auch angesichts des Sieges von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen. Nach dem überraschenden Triumph des umstrittenen republikanischen Kandidaten über seine ursprünglich als klare Favoritin gehandelte demokratische Gegenspielerin Hillary Clinton reagierten viele Experten geschockt. „Niemand weiß genau, was ein Präsident Trump bedeutet. Und diese Unsicherheit spiegelt sich in der negativen Reaktion auf den Finanzmärkten wider“, fasste Holger Sandte, Europa-Chefvolkswirt von Nordea, die Stimmung gleich nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses zusammen.

Deutlich spürbar war diese Unsicherheit auch an den weltweiten Aktienmärkten. Während der Wahlsieg Trumps das Aktienbarometer in den USA sehr schnell nach unten drückte, verlor etwa auch der asiatische Leitindex Nikkei um 5,4 Prozent. Ähnlich die Lage am Finanz-Hotspot Hongkong, wo der Hang-Seng-Index um rund drei Prozent in die Tiefe rasselte. Die gleiche Abwärtstendenz zeigte sich auch im koreanischen Seoul – Kospi-Index um rund drei Prozent nach unten – und in Taiwan mit einem Minus von rund zwei Prozent (Nach Wahlsieg von Trump: Börsen in Schockstarre).

Auch in Deutschland zwang die Wahlentscheidung der US-Bürger die Finanzmärkte in die Defensive. Das Börsenbarometer am wichtigsten deutschen Handelsplatz in Frankfurt startete am Folgetag der Wahl mit einem Minus von drei Prozent bei 10.180 Zählern in den Morgen. Zum Vergleich: Am Montagabend davor hatte der Dax leicht im Plus bei 10.482 Zählern geschlossen. Die Anleger gingen dabei auf Nummer sicher und investierten vor allem in Gold, Staatsanleihen und Co.

E-Commerce im Aufwind

Abseits der großen politischen Ereignisse mit negativen Auswirkungen gab es 2016 aber auch durchaus Positives in der Wirtschaftswelt zu vermelden. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Online-Handel, der laut dem Statistischen Bundesamt in den vergangenen Jahren ein überaus erfreuliches Ergebnis aufs Parket zauberte. Demnach haben im abgelaufenen Geschäftsjahr 2015 bundesweit rund 47 Mio. Menschen Waren oder Dienstleistungen für private Zwecke über das Internet gekauft oder bestellt, das entspricht einem Anteil von 77 Prozent aller deutschen Internetnutzer ab zehn Jahren und markiert einen Zuwachs von gut 20 Prozent gegenüber 2010 (E-Commerce: 47 Mio. Deutsche shoppen online).

Deutlich im Aufwind ist der E-Commerce-Bereich auch beim für den Handel ungemein wichtigen Weihnachtsgeschäft. Laut Branchenverband BITKOM wollen in diesem Jahr sieben von zehn Internetnutzern ab 14 Jahren ihre Weihnachtseinkäufe online erledigen. Zum Vergleich: 2015 waren es nur 62 Prozent und 2013 erst 49 Prozent. Mehr als jeder Vierte gab zudem an, seine Geschenke sogar ausschließlich im Web bestellen zu wollen (So viele Deutsche wie nie kaufen Präsente im Web).

Wohin der starke Trend zum Online-Shopping gehen könnte, zeigt sich in einer der führenden „Internetnationen“ der Welt: in China. Dort hat der Online-Handel bereits 2014 einen Umsatz von 2,9 Bio. Renminbi (rund 409 Mrd. Euro) erzielt und wird sich laut Prognosen bis 2020 mit zehn Bio. Renminbi mehr als verdreifachen. Als Haupttreiber dieser Entwicklung werden dabei vor allem das mobile Internet, das B2C-Segment und die wachsende Begeisterung der Chinesen für Markenprodukte ausgemacht (E-Commerce in China: Bis 2020 rund 1,3 Bio. Euro).

Abgas-Skandal mit Nachwehen

Ein Thema, das bereits Jahr 2015 entscheidend mitgeprägt hat, stand auch 2016 wieder auf der Tagesordnung: der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen. Gut ein Jahr nach dem Bekanntwerden der absichtlichen Manipulation muss sich der größte Automobilhersteller Europas auch in Deutschland auf eine Klagewelle von Anlegern einstellen. Diese haben nämlich bislang rund 1.400 Schadenersatzklagen mit einem Streitwert von insgesamt 8,2 Mrd. Euro eingebracht, wie das Landgericht Braunschweig Ende September verlauten ließ (Abgas-Eklat: Anleger klagen VW auf 8,2 Mrd. Euro).

Dass das sogenannte „Dieselgate“, das VW nicht nur harte Kritik, sondern auch satte Gewinneinbußen, Kursverluste, Milliardenstrafen und einen kaum wieder gutzumachenden Imageschaden einbrachte, offensichtlich andere Autohersteller nicht abschrecken kann, ähnliche Manipulationen vorzunehmen, hat das Beispiel Opel gezeigt. Auch hier erhob die Deutsche Umwelthilfe Mitte Mai schwere Vorwürfe in Bezug auf zu hohe Stickstoffwerte bei einzelnen Modellen. Ähnlich wie zuvor beim Wolfsburger Autobauer hatten auch hier Messungen auf der Straße unter realen Bedingungen „alarmierende Werte und Abschalteinrichtungen“ zutage gefördert (Opel-Skandal: Umwelthilfe bläst zum Frontalangriff).             

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Quelle

pressetext.redaktion | Markus Steiner 2016

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