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Depositphotos | Furian | Der hohe Norden ist zweifelsohne einem dramatischen Wandel ausgesetzt. Wie schon seit den 1980ern erwartet, erwärmt er sich deutlich schneller als der Rest des Planeten, zur Zeit etwa doppelt so schnell.

© Depositphotos | Furian | Der hohe Norden ist zweifelsohne einem dramatischen Wandel ausgesetzt. Wie schon seit den 1980ern erwartet, erwärmt er sich deutlich schneller als der Rest des Planeten, zur Zeit etwa doppelt so schnell.

Arktis: Böse Überraschungen nicht ausgeschlossen

Die Nordost-Passage hat sich mal wieder geöffnet und dokumentiert damit den anhaltenden Rückgang des Eises auf dem Arktischen Ozean. Von Wolfgang Pomrehn

 Im hohen Norden, auf dem arktischen Ozean, ist bereits seit über einer Woche die Nordost-Passage, der Seeweg zwischen Atlantik und Pazifik entlang der russischen Küste, frei. Bis zum letzten Jahrzehnt wäre das noch eine Sensation gewesen, hat doch die Durchfahrt durchs Eismeer seit spätestens Anfang des 19. Jahrhunderts Fantasie und Begehren von Abenteurern, Entdeckern und Seehandel betreibenden Kaufleuten angeregt.

Doch inzwischen sind Öffentlichkeit und Fachleute längst daran gewöhnt, dass sich in der ersten Augusthälfte zumindest eine der beiden Routen entlang der Küste Sibiriens oder Kanadas und Alaskas durch das einst ewige Eis öffnet und bis in den Oktober hinein passierbar bleibt.

Der jährliche Rückgang des Meereises fällt nämlich zunehmend – von kleineren Schwankungen abgesehen – stärker aus. Am 14. August war die Eisfläche, wie die Daten des US-amerikanischen National Snow and Ice Data Centers zeigen, rund 1,7 Millionen Quadratkilometer kleiner als der Durchschnitts der Jahre 1981 bis 2010.

Ermittelt wird die Ausdehnung des Eises seit Ende der 1970er Jahren von Satelliten. Genau genommen handelt es sich bei der angegebenen Fläche um den Teil des Meeres, der zumindest zu 15 Prozent mit Eis bedeckt ist.

Der hohe Norden ist zweifelsohne einem dramatischen Wandel ausgesetzt. Wie schon seit den 1980ern erwartet, erwärmt er sich deutlich schneller als der Rest des Planeten, zur Zeit etwa doppelt so schnell. Das NSIDC hat in verschiedenen Animationen die Veränderungen dargestellt, die damit einher gehen. Die Vegetation rückt nach Norden vor, die winterliche Schneedecke fällt geringer aus, der Permafrost zieht sich nach Norden zurück.

Während die Anrainerstaaten von den verbesserten Möglichkeiten für die Schifffahrt profitieren, haben die Küstenbewohner zugleich Probleme mit verstärkter Erosion und mit verschlechterten Transportbedingungen über Land und Eis. Sofern sie noch der Jagd nachgehen, wird diese meist durch den Rückgang des Eises erschwert.

Freisetzung zusätzlicher Treibhausgase

Aber auch weit außerhalb der Arktis werden die Folgen ihrer fortschreitenden Erwärmung zu spüren sein. Zum einen bestimmt bisher der Temperaturgegensatz zwischen dem kalten Nordmeer und den wärmeren Ozeanen in dessen Süden, dem Nordatlantik und dem Nordpazifik, das Wetter in den gemäßigten Breiten der nördlichen Hemisphäre. Dieser schwächt sich nun im Sommer zunehmend ab, was voraussichtlich vermehrt zu länger anhaltenden Wetterlagen wie dem derzeitigen Hitzesommer über Mittel- und Nordeuropa führen wird.

Zum anderen wird die Erwärmung der Arktis zusätzliche Treibhausgase freisetzen, die den Klimawandel verstärken. In welchem Tempo und Ausmaß dies geschehen wird, ist jedoch noch weitgehend offen. Im Permafrost sind aber gewaltige Mengen organischen Materials eingeschlossen, dessen künftige Verwesung Kohlendioxid und Methan freisetzen wird, so dass im schwindenden Eis noch die eine oder andere böse Überraschung lauern könnte.

Zusätzlich sind nämlich im flachen Meeresboden vor der sibirischen Küste große Mengen Methan in und unter sogenannten Gashydraten eingeschlossen. Bei letzterem handelt es sich um eine Verbindung aus Wasser- und Methanmolekülen, die bei niedrigen Temperaturen und hohem Druck entsteht. Wie schnell diese destabilisiert werden könnten und wie viel Methan direkt in die Atmosphäre entweichen kann, ohne im Wasser gelöst zu werden, wird derzeit noch erforscht.

Das diesjährige Schrumpfen des Eises wird voraussichtlich wie jedes Jahr noch bis etwa Mitte September anhalten. Vemutlich wird sich das zumindestens mit 15 Prozent Eis bedeckte Gebiet dabei noch um eine weitere Million Quadratkilometer verringern und den 2012 aufgestellten Minusrekord verfehlen.

Quelle

Der Bericht wurde von
der Redaktion „TELEPOLIS“ (Wolfgang Pomrehn)
2018
 verfasst – der Artikel darf nicht ohne
Genehmigung von Wolfgang Pomrehn 2018 weiterverbreitet
werden! 

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