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Fotolia.com | drizzd | iass-potsdam.de | Dr. Alberto Varone, IASS Potsdam

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Neuer Forschungsansatz: Herstellung von Kraftstoffen aus CO2

Aus CO2 Brennstoffe herstellen – das ist das Forschungsgebiet von Dr. Alberto Varone beim Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam.

In der Forschungsstelle analysiert der italienische Wissenschaftler neue Anwendungsmethoden, um die Zuverlässigkeit und Effizienz der erneuerbaren Energiequellen zu verbessern. Im Interview erklärt Dr. Varone sein Projekt für das Recycling von CO2 und was es bedeutet, ein Wissenschaftler im Jahr 2015 sein.

Milk the Sun: Dr. Varone, nur wenige haben das Glück, als Wissenschaftler definiert zu werden und an der Seite eines Nobelpreisträgers zu arbeiten. Können Sie uns einen kurzen Einblick in Ihren Forschungszweig gewähren und die heutige Arbeit eines Wissenschaftlers schildern?
Dr. Varone:
 Gerade in Deutschland gibt es viele Forscher und Wissenschaftler – auch aus Italien – denen gute Möglichkeiten geboten werden. Ich persönlich habe das Vergnügen, seit vielen Jahren mit Professor Rubbia zusammen zu arbeiten. Dadurch wird es mir ermöglicht, nicht Teil der akademischen Welt, sondern auch Teil der politischen und höchsten industriellen Ebenen zu sein.

Meine Abteilung – das E3 Cluster Earth Energy & Environment am ISS – zielt darauf ab, neue technologische Lösungen für die Energie-Herausforderungen der Zukunft zu identifizieren und zu bewerten. Die Schwerpunkte der Forschung befassen sich mit der Zuverlässigkeit und Effizienz erneuerbarer Energiequellen, der Entwicklung von Technologien für die Übertragung von elektrischer Energie und einer effizienteren und sauberen Nutzung der fossilen Energieträger. Das alles erfolgt mit einer transdisziplinären und einer starken Wechselwirkung mit der Industrie.

Generell muss ein Wissenschaftler immer auf dem aktuellsten Stand der Forschung sein und die neuesten Innovationen kennen. Das gilt auch für Forschungsfelder, mit denen er eigentlich nichts zu tun hat. Auf diese Weise eignet er sich einen weiten Horizont an Wissen an, um stets gut fundiert forschen zu können.

Milk the Sun: Glauben Sie, dass die mittlerweile gut verbreiteten Erneuerbaren Energie wie Photovoltaik-, Wind- und Wasserkraftanlagen nicht mehr up-to-date sind und die Entwicklung neuer Energietechnologien in Betracht gezogen werden muss?
Dr. Varone: 
Nein. Die installierte Leistung und Energieproduktion aus Photovoltaik- und Windquellen ist in den vergangenen Jahren exponentiell gestiegen. Nicht einmal die optimistischsten Schätzungen konnten diese Werte vorhersagen. Die Senkung der Produktionskosten, höhere Effizienz und die Subventionspolitik haben dafür gesorgt, dass diese beiden Technologien die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit mit fossilen Energiequellen erreicht haben.

Das bedeutet allerdings nicht, dass es nicht notwendig ist, weiter in die Forschung und Entwicklung zu investieren. Sowohl in die Entwicklung von neuen Technologien als auch in die Grundlagenforschung. 

Milk the Sun: Erklären Sei uns bitte Ihr Projekt, in dem Sie CO2 zur Energiegewinnung recyceln. Könnte dies der nächste Schritt im Rahmen der Energiewende werden?
Dr. Varone:
 Das Projekt, an dem ich aktuell arbeite, ist das CO2-Recycling zur Produktion von Methanol. Es kann dem generellen Forschungskonzept des CUU – der Carbon Capture and Utilization – zugeschrieben werden.

Die Grundidee dabei ist es, Kohlendioxid einzufangen, das sonst in der Atmosphäre freigesetzt würde. Das eingefangene Kohlendioxid koppeln wir anschließend mit dem Wasserstoff erneuerbarer Energien, um synthetische Kraftstoffe wie Methan in Gasform und Methanol in flüssiger Form herzustellen.

Auf diese Weise bewegen wir CO2 aus einer Verbindlichkeit in einen Vermögenswert. So können auf einen Schlag mehrere Probleme gelöst werden. Als erstes würde das schädliche CO2 nicht in die Atmosphäre gelangen, da wir es für andere Vorgänge auffangen würden. Zweitens könnten wir damit die Klimaabhängigkeit von Solar- und Windanlagen kontern und Phasen wie Windflaute oder trübes Wetter überbrücken. Darüber hinaus wären wir in der Lage, die gewonnene Energie in Form von Liquiden oder Gas über die bestehende Infrastruktur zu speichern. Schließlich – und das ist ein wahrlich nicht unbedeutender Vorteil – wären solche Kraftstoffe ein guter und gleichwertige Ersatz zu fossilen Brennstoffen. Die rückgehende Nachfrage und ein sinkender Verbrauch von fossilen Brennstoffen wäre das positive Ergebnis.

Die Strategie der Kombination von Erneuerbaren Energien und der Umwandlung von CO2 in Energie kann das deutsche Energiesystem transformieren. Die Errichtung erster Pilotanlagen steht kurz bevor – eine wirkliche Integration in das zukünftige Energiesystem ist zu diesem Zeitpunkt allerdings schwer zu prognostizieren.

Deutschland investiert stark in die Forschung und Entwicklung neuer Technologien auf diesem Gebiet, ebenso wie sie traditionell in die chemische Forschung investieren, in der sie der weltweiten Spitze angehören.

Milk the Sun: Kann diese Methode auch eine Zukunft im italienischen Energiesystem haben?
Dr. Varone:
 Um ehrlich zu sein, bin ich mir keines Plans der konkreten italienischen Energiewende bewusst. Im Gegensatz zu Deutschland, wo die bürgerliche Energiewende ein stetiges Thema in den Medien und der politischen Agenda ist, beschränkt sich das Thema der Energieversorgung und der Umweltverträglichkeit nur auf den technischen und industriellen Sektor. Meiner Meinung nach ist das der Hauptgrund für die Einschränkung der italienischen Energiewende. Alle Akteure – sowohl die akademische Forschung oder die Industrie, als auch die Öffentlichkeit, die Zivilgesellschaft und die industriellen Organe sollten vermehrt über Themen wie Energie und ökologische Nachhaltigkeit informiert werden und an dieser Information beteiligt sein. Die soziale und wirtschaftliche Entwicklung eines Landes kann nicht von diesen Grundlagen getrennt werden.

Quelle

Milk the Sun 2015

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