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Solarenergie auf Abruf

Ein neuer Fotokatalysator speichert die Energie des Sonnenlichts und könnte den Kern einer solaren Batterie bilden.

Sonnenenergie hat immer noch ein Problem: Sie ist zwar sauber, aber nicht immer und überall verfügbar. Ein Team um Forscher des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung in Stuttgart trägt nun dazu bei, Abhilfe für dieses Manko zu schaffen. Sie haben einen Katalysator entwickelt, der mit der Energie des Sonnenlichts effizienter Wasserstoff erzeugt als vergleichbare Reaktionsbeschleuniger. Zudem gelang ihnen erstmals die Speicherung der Sonnenenergie in Form langlebiger Radikale, mit denen sich Wasserstoff auf Abruf auch im Dunkeln entwickeln lässt.

In puncto Energieversorgung liefert die Natur eine brillante Blaupause. Denn Pflanzen speichern Sonnenenergie mithilfe der Fotosynthese in Kohlenhydraten, mit dem sie Biomasse aufbauen und ihren Stoffwechsel befeuern. Technisch lässt sich die Energie des Sonnenlichts bislang unter anderem mit Solarzellen anzapfen. Um den Sonnenstrom zu speichern und in den chemischen Energieträger Wasserstoff zu verwandeln, der etwa einen Brennstoffzellenmotor antreiben kann, bietet derzeit die Elektrolyse von Wasser einen guten Ansatz. Doch die Kombination von Solar- und Elektrolysezellen ist aufwändig und krankt an diversen Nachteilen. Der Fotokatalysator, den ein internationales Team um Bettina Lotsch, Direktorin am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung, nun vorstellt, könnte den Weg zu einer probaten Alternative weisen.

Ein Fotokatalysator, der zur solaren Batterie weiterentwickelt werden könnte

Das schichtartige Kohlenstoffnitrid-Netzwerk, das die Forscher als Fotokatalysator ins Spiel bringen, entzieht diversen Lösungsmitteln mit der Energie des Lichts Elektronen und speichert diese. „Das Kohlenstoffnitrid wird also durch Licht – ähnlich einer Batterie – elektrisch aufgeladen und könnte daher letztlich zu einer ‚solaren Batterie‘ weiterentwickelt werden“, sagt Bettina Lotsch. Mit den im Fotokatalysator gespeicherten Elektronen lässt sich aber auch Wasserstoff erzeugen. Das aufgeladene Kohlenstoffnitrid erzeugt gepaart mit einem Co-Katalysator Wasserstoff aus einer wässrigen Lösung. Das Kohlenstoffnitrid – Co-Katalysator-Tandem wandelt die Sonnenenergie so effizient wie die besten metall-haltigen und oft toxischen Fotokatalysatoren um; der Fotokatalysator der Stuttgarter Forscher kommt aber ohne giftige Schwermetalle aus. Zudem ist er einfach und günstig herzustellen und langlebig, arbeitet aber vor allem deutlich effizienter als andere rein organische Fotokatalysatoren.

Die hohe Aktivität erreichten die Stuttgarter Forscher, indem sie ein bereits seit Justus von Liebigs Zeiten, also seit fast 200 Jahren bekanntes Kohlenstoffnitrid modifizierten. Die Struktur dieses Polymers, das auch Melon heißt, hatten Wissenschaftler der Ludwig Maximilians Universität München bereits 2007 aufgeklärt. Chemiker des Potsdamer Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung hatten das Material dann 2009 als Fotokatalysator getestet.

Webfehler im Melon erhöhen dessen Aktivität

Ihre Stuttgarter Kollegen untersuchten nun, wie sie Melon grundlegend verändern können, damit dieses die Lichtenergie effizienter einfängt und in Form langlebiger Radikale speichert. „Wir wollten herausfinden, welchen Effekt die molekulare Struktur und insbesondere die Wechselwirkung zwischen Fotokatalysator und Co-Katalysator auf die Aktivität bei der Wasserstoffgewinnung hat“, sagt Vincent Lau, der als Mitarbeiter der Abteilung maßgeblich an den Arbeiten beteiligt war. Fündig wurden sie ausgerechnet bei Webfehlern im zweidimensionalen Netz aus Kohlenstoff und Stickstoff. Diese Defekte scheinen bei der Wasserstoffentwicklung eine wichtige Rolle zu spielen. Indem die Forscher deren Zahl in dem Material nun gezielt erhöhten, steigerten sie die Aktivitäten in dem modifizierten Kohlenstoffnitrid um das 12- bis 16fache.

Ein Grund für die höhere Ausbeuten liegt darin, dass das Kohlenstoffnitrid die Energie des Lichts zunächst in Form von Elektronen speichert und diese dann – auch im Dunkeln – wieder abgeben kann, etwa um damit Wasserstoff zu erzeugen. Die Speicherung trennt die Ladungen in dem Katalysator effizient und entkoppelt die Licht- und Dunkelreaktion letztlich – ganz ähnlich wie beim Fotosystem I in der natürlichen Fotosynthese, in der die Ladungen allerdings über eine komplexe Elektronentransferkette getrennt werden, bevor die Lichtenergie in Form von NADPH gespeichert wird. Mit dem Kohlenstoffnitrid, das die Stuttgarter Forscher nun präsentieren, lässt sich die Sonnenenergie dagegen in einem einzigen Polymer speichern.  

Im nächsten Schritt wollen die Forscher den Prototyp einer solaren Batterie entwickeln. Auf diese Weise möchten sie dazu beitragen, dass Sonnenenergie eines Tages auch nachts in Form vielfältiger solarer Brennstoffe oder einfach als Elektrizität bereitgestellt werden kann.

Quelle

MAX-PLANCK-GESELLSCHAFT 2017 | RB/PH

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