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Richard Mährlein | dgs.de

© Richard Mährlein | dgs.de

Der Rohstoff der Zukunft ist der nicht ausgebeutete

Einst war es Weihrauch oder Ginseng, aber auch Seide wie auch ganz einfach nur Wasser. Die knappen Güter sind schon immer wertvoll und selten. Heute werden manche Rohstoffe auch direkt so bezeichnet, siehe „seltene Erden“. Von Matthias Hüttmann

In der aktuellen Debatte werden immer häufiger immaterielle Rohstoffe zu wertvollen Gütern. Unternehmen wie Facebook ernten unsere Daten, nicht umsonst spricht man auch vom „Data Mining“. Das funktioniert im Übrigen auch so gut, weil uns oft schlichtweg die Kompetenz für diese Ware fehlt. Das wurde auch auf der Facebook-Entwicklerkonferenz in den USA deutlich. Ein Kommentator formulierte das sehr treffend, als er sagte, das Problem sei schlichtweg, dass Facebook mit Menschen arbeitet und diese einfach oft schlampig seien. Ob Daten wirklich so ein toller Rohstoff sind, muss sich noch erweisen, denn rar ist er sicherlich nicht. Aber über eines müssen wir uns bei unserem Umgang mit dem Internet klar werden: Wenn etwas kostenlos ist, sind wir nicht die Kunden, sondern die Ware. Wird etwas kostenlos angeboten, sollte sich jeder fragen, auf welche Weise er dafür bezahlt.

Aber zurück zu der Hardware, den materiellen Rohstoffen. Bei diesen Substanzen, das hatten wir in dem Kommentar „Mobilität und Kapital“ bereits einmal formuliert, geht es um die immer kürzer werdende Zeitabschnitte, in denen Veränderungen stattfinden. Wenn man sich vor Augen führt, dass beispielsweise 90% des Erdöls erst seit 1950 verbrannt wurde, dann wird klar, was genau JETZT passiert. Die heute lebenden Generationen sind entscheidend für das was ist und was sein wird. Die jüngste Zeit steht auch für das Umgraben der Erde und die „Mobilität der Substanzen“. Global werden der Natur Ressourcen entnommen, ohne Rücksicht auf die Zusammenhänge, in denen einzelne Substanzen und Elemente vorkommen. Es geht dabei nicht nur um fossile Energieträger, sondern um alle Arten von Rohstoffen, speziell für die industrielle Verarbeitung. Und dieser Rohstoffabbau ist wenig sensibel, er mobilisiert die Stoffe und beseitigt dadurch Lebensräume.

Diese Stoffe sind angeblich für unsere gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Entwicklung elementar, zumindest bestimmen sie aktuell den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur. Davon nahezu unbeeindruckt liefert die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) Meldungen wie diese:

  • „In absehbarer Zukunft ist weltweit weiter von einem „dualen Energiesystem“ auszugehen, bei dem fossile und Erneuerbare Energien gemeinsam die Energieversorgung gewährleisten müssen. Statt die fossilen Energieträger bereits heute zu verdrängen, decken die Erneuerbaren Energien weltweit steigende Bedarfe, kompensieren Rückgänge bei der Kernenergie und helfen drängende Umweltprobleme zu mindern, so die BGR-Experten. Vor dem Hintergrund der wachsenden Nachfrage nach Energie können aus rohstoffgeologischer Sicht die Vorräte an Erdöl, Erdgas, Kohle und Uran auch einen wachsenden globalen Bedarf über Jahrzehnte decken. Zusammen mit den Erneuerbaren Energien kann die Energieversorgung langfristig gewährleistet werden. Wichtigstes Einzelergebnis: Deutschland ist der weltweit größte Importeur von Erdgas. In den kommenden Jahren ist beim deutschen und weltweiten Erdgasverbrauch mit einem weiteren spürbaren Anstieg zu rechnen.“

Das soll beruhigen, tut es aber nicht. Denn wenn wir zwar immer mehr Erneuerbare Energien bereitstellen, aber die fossile Blase weiter leben, ist das eine nicht mehr akzeptable Betrachtungsweise. Das uns zur Verfügung stehende Budget an fossilen Rohstoffen, das wir durch Verbrennung zu CO2 umwandeln dürfen, ohne unsere Lebensumgebung irreversibel zu verändern, ist so gering, dass es nicht mehr angebracht ist, in Übergangsszenarien zu denken und auf eine duale Transformation zu setzen. Zu suggerieren, dass wir in Deutschland auf einem guten Weg sind, grenzt schon an Propaganda. Deutschland ist in Sachen Emissionsreduzierung längst aus dem Tritt gekommen und vom Zugpferd zum Streichelpony mutiert. Dabei gerät eine ganz andere Geschichte aus dem Blickfeld: Neben den fossilen Brennstoffen sind es auch die industriellen Rohstoffe, die wir nicht ohne weiteres und endlos verschwenden können. Denn auch sie sind knapp, weltweit begehrt und führen bei Ihrer Ausbeutung zu massiven, ebenso irreversiblen, Umweltschäden. Denn unsere Rohstoffabhängigkeit steht im krassen Widerspruch zu der Verfügbarkeit in Deutschland. Und um wieder zurück zur Energie zu kommen, der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat ein Positionspapier veröffentlicht, in dem er feststellt, dass für die Energiewende, Elektromobilität und Industrie 4.0 Hightech-Rohstoffe benötigt werden. Da es alleine mit Importrohstoffen und heimische Rohstoffen nicht langfristig funktionieren wird, kommen Recycling und speziell Cradle to Cradle-Verfahren immer zu größerer Bedeutung. Weitere Schlagworte sind noch Kreislaufwirtschaft, das Schließen des CO2-Kreislaufs durch Nutzung nachwachsender Rohstoffe.

Aber es gibt auch einen anderen, weniger populären Weg: Verzicht. Da der Begriff kein gutes Image hat, sollte er anders propagiert werden, denn es ist vielmehr die Freiheit und Selbstbestimmung, die mit Verzicht einhergeht. Denn es geht nicht darum sich etwas nicht leisten zu können, sondern vielmehr sich etwas bewusst nicht zu leisten und sich von Dingen zu sehr abhängig zu machen. So ist die Alternative zum Fossilmobil nicht zwingend das Elektroauto. Die ökologische Lösung lautet vielmehr: gar kein Auto. Aber auch wenn wir weiterhin glauben mindestens so individuell mobil sein zu müssen wie heute, sollte man jedoch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und übersehen das eine rasante Substitution ineffizienter und überholter Technologien nicht auch zu massiven Problemen in der Welt führt, Stichwort Graue Energie und CO2-Rucksack. Aber vielleicht, das ist jetzt möglicherweise ein etwas ketzerischer Gedanke, wäre es ja auch mal eine Idee Wachstum durch Rückbau und nicht nur durch das im Umlauf bringen von Gütern in unsere volle Welt, zu generieren. 

Quelle

Der Bericht wurde von
der Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. (Mattias
Hüttmann) 2018
 verfasst –
der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von Matthias Hüttmann weiterverbreitet werden! SONNENENERGIE 01/2018 | Inhaltsverzeichnis zum Download

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