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Gibt es eine Zukunft für die deutsche Photovoltaik-Branche?

Wieder einmal geht ein turbulentes Jahr in der Photovoltaik-Branche zu Ende und wieder einmal fragen wir uns nach den Erfahrungen der letzten Monate, welche Überraschungen die Zukunft denn noch für uns bereithält? Ein Kommentar von Hans Urban

Nach den vielen Herausforderungen der letzten Jahre gibt es trotzdem wieder eine neue interessante Frage für die Branche, nämlich die Frage, ob es denn in Zukunft überhaupt noch eine Branche in Deutschland geben wird? Die in kurzer Zeit geschaffenen 350.000 neuen Arbeitsplätze sind inzwischen schon zum größeren Teil wieder verschwunden, nachdem sich der Markt in Deutschland nun zum zweiten Mal in Folge praktisch halbiert hat. Dafür investieren inzwischen viele andere Länder in den Ausbau der Erneuerbaren und genießen die massiven Kostensenkungen, die vor allem durch den Marktausbau in Deutschland entstanden sind. Und nicht nur das – dort wo die Technik weiter angewendet wird, gibt es auch neue Innovationen, neue Technologien und dadurch neue Exportchancen für diese Länder – leider in Zukunft scheinbar nicht mehr für Deutschland. Und so wird nun vielleicht die gute Idee und der wohldurchdachte Zweck des ursprünglichen EEG, nämlich Kostensenkung in den Erneuerbaren Energien und gleichzeitig Exportchancen für Deutschland in den Umwelttechnologien zu erreichen, nun zum Gegenteil – zum Wirtschaftsfaktor für andere Länder. Schade. Schade für den Wirtschaftsstandort Deutschland, schade für die Energiewende, schade für die Klimapolitik und – schade vor allem letztendlich für unsere Kinder! Wenn es wirklich so weitergeht…

Aber die Erneuerbaren hätten sich in Deutschland nie in diesem Maße entwickelt, wenn nicht neben der politischen Unterstützung der letzten Jahre viele Leute mit Idealismus, mit Unternehmergeist und mit Risikobereitschaft die Branche gestaltet hätten. Und deswegen soll der Blick zum Jahresende nach vorne gehen, welche Herausforderungen und Chancen in Zukunft auf uns warten:

Manche hatten vielleicht im November Gelegenheit, die Jahresversammlung des BSW in Berlin zu besuchen. In einem sehr interessanten Fachvortrag skizzierte dort Dr. Holger Krawinkel, der frühere Sprecher der Verbraucherschutzverbände in Deutschland, seine Zukunftsvision der PV und der Erneuerbaren. In seiner früheren Position sparte er nicht mit Kritik an der Rolle der Photovoltaik im deutschen Energiemix als die teuerste aller Energieformen und teilte damals den Branchenvertretern sozusagen als „Hausaufgabe“ mit, er werde sich erst wieder mit der Branche unterhalten, wenn die Kilowattstunde PV-Strom günstiger werde als 15 Cent. Nun, diese Hausaufgabe hat die Branche inzwischen wohl mehr als erledigt und PV ersetzt alleine dadurch inzwischen in vielen Einsatzgebieten erfolgreich andere meist fossile Energieformen. Und die Branche war mit der Erledigung der Hausaufgaben, sprich mit der Kostensenkung, inzwischen so erfolgreich, dass die Politik sich nun kurzfristig entschlossen hat, diese inzwischen so günstige Form der Selbstversorgung mit einer Umlage zu belegen und damit erstmals künstlich zu verteuern. Es ist natürlich erklärbar, dass man damit eine gewisse Gerechtigkeit schaffen will, denn auch Eigenversorger nutzen meist die Netzstruktur und die Versorgungssicherheit, aber mit dem erklärten politischen Ziel „Energiewende“ hat das leider eben nichts, aber auch gar nichts zu tun! Und gerecht wäre es nur, wenn alle den gleichen Strompreis hätten, aber davon sind wir bekanntermaßen weiter entfernt als je zuvor!

Aber zurück zur positiven Argumentation, denn nichts zeigt die letztendliche Überlegenheit einer Technologie besser, als wenn frühere Kritiker nun zu Befürwortern werden. Hatte Herr Dr. Krawinkel noch als Verbraucherschützer schon vor 2 Jahren auf dem Forum Solarpraxis die Rolle der Photovoltaik im deutschen Energiemix bereits sehr positiv beurteilt, so zeichnete er auf der diesjährigen BSW-Versammlung nun noch ein viel interessanteres Bild:

In seiner neuen Funktion im Bereich Customer Experience and Innovation beim Energieversorger MVV sieht er einen dramatischen Veränderungsdruck in der gesamten Energiebranche und prophezeit der PV einen endgültigen Durchbruch als Massenmarkt in spätestens 2 bis 3 Jahren.

Dabei beleuchtet er die Entwicklung aus politischer und ökonomischer, speziell aber auch aus gesellschaftlicher Sicht, indem Konsumenten zu Produzenten im Sinne einer Sharing Economy werden. Neue Player werden diesen Markt bestimmen, aber ebenfalls inzwischen erkennbar sind die Bestrebungen aller etablierten Energieversorger sich ebenfalls Teile dieses Marktes zu sichern, den sie nunmehr seit 10 Jahren zuerst kleingeredet und dann bekämpft hatten. Technologisch sieht Holger Krawinkel eine sogenannte disruptive Entwicklung speziell in den Bereichen PV, Batteriespeicher und Elektromobilität, also sozusagen eine Explosion der Verkaufszahlen, sobald bestimmte magische Preiskennziffern (Tipping Points) unterschritten werden. Ich weiß nicht, wie es Ihnen mit dem Wort „disruptiv“ geht – aber ich musste erstmal im online-Duden nachlesen. Im wörtlichen Sinne heißt es laut Duden nicht, dass ein System sich ändert und schrittweise anpasst, sondern es heißt, dass ein vorhandenes System förmlich „zerrissen“ wird.

Nun, ganz so abrupt wird es vielleicht nicht kommen, die Politik wird wieder versuchen, steuernd – (sprich: bremsend) einzugreifen und auch die Technik braucht hier und da sicher ein paar Monate länger. Aber wenn diese Entwicklungen auch nur im Ansatz so kommen wie vorhergesagt, dann werden die Unternehmen im Bereich Erneuerbare Energien zwar vielleicht nochmal eine harte Durststrecke vor sich haben, aber langfristig besten Zukunftsaussichten entgegenblicken – auch und gerade in Deutschland. Und auch das primäre Ziel Klimaschutz, das man sich vor Jahren einmal vorgenommen hatte, wird dann vielleicht erstmals in eine erreichbare Nähe rücken. Die Chinesen haben Deutschland vor Jahrzehnten in Ihrem Sprachgebrauch „De Gou“ genannt – „Land der Tugend“. Wir sollten das nicht als Vorschuss sehen, sondern als Ziel.

Mit diesen Gedanken zur Zukunft der deutschen Solarenergie und der deutschen Solarbranche möchten wir – das gesamte Team der Schletter GmbH – Ihnen und Ihren Familien schöne und besinnliche Adventstage und eine festliche Weihnachtszeit wünschen! Wir bedanken uns ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit im abgelaufenen Jahr und freuen uns zusammen mit Ihnen auf ein gutes Jahr 2015 und die neuen Herausforderungen, die es bringen wird.

* Gemeinsam mit Schletter wird die pv magazine Group im kommenden Jahr „Die PV-Betreiberkonferenz in Deutschland“ veranstalten. Sie findet am 27. März 2015 am Firmensitz von Schletter in Kirchdorf/Haag statt.

Quelle

Hans Urban | Schletter GmbH 2014
pv magazine 2014

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