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Koziel | TUK | Dr. Mario Liebensteiner hat Strommärkte in 14 europäischen Ländern untersucht.

© Koziel | TUK | Dr. Mario Liebensteiner hat Strommärkte in 14 europäischen Ländern untersucht.

Gaskraftwerke als Reserve werden für Investoren zunehmend unrentabel

Der Preis für Strom verfällt zunehmend, sodass es für Investoren immer uninteressanter wird, Geld für diese Technologien in die Hand zu nehmen.

Wenn an trüben, windstillen Tagen Windräder ruhen und Solarzellen keine Energie ins Stromnetz einspeisen, braucht es Alternativen, um die Stromversorgung zu sichern. Gaskraftwerke stellen eine Lösung dar. Steigt der Anteil an erneuerbaren Energien weiter an, sinken Investitionen in die Gastechnik – soweit eine Theorie. Dass dies der Fall ist, hat der Kaiserslauterer Forscher Dr. Mario Liebensteiner mit seinem Masterstudent nun erstmals in einer Studie belegt. Sie haben Daten europäischer Strommärkte analysiert. Bedarfslücken müssten mit Kohlekraftwerken geschlossen werden. Die Forscher raten zu einem politischen Markteingriff, welcher eine langfristige sichere Versorgung gewährleistet.

 Bislang gibt es keine Technologien, mit denen große Strommengen zwischengespeichert werden können. „Bei regenerativen Energien aus Windrädern und Solaranlagen ist es aber schwer vorhersagbar, welche Schwankungen auftreten“, erläutert Dr. Mario Liebensteiner vom Lehrstuhl für Ressourcen- und Energieökonomie an der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK). Gerade für solche Phasen, bei denen der Bedarf hoch ist, aber kaum Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz eingespeist werden kann, braucht es alternative Technologien, die eine Stromversorgung sicherstellen. Gaskraftwerke gelten hierfür allgemeinhin als Lösung. Im Vergleich zu Stein- und Braunkohlekraftwerken verursachen sie weniger CO2-Emissionen (bis zu 60 Prozent pro Kilowattstunde).

Wie wird aber in die Kapazität von Gaskraftwerken investiert, wenn immer mehr regenerative Energien auf den Markt kommen? Dieser Frage ist Liebensteiner mit seinem Masterstudenten Matthias Wrienz in einer Studie nachgegangen. Theoretische Überlegungen, wie der Strommarkt sich dadurch verändert, gibt es schon lange. Generell gilt beim deutschen Strommarkt, dass nur die wirklich erfolgte Energielieferung bezahlt wird. „Die Zunahme von erneuerbaren Energien lässt Großhandelspreise für Strom sinken“, so Liebensteiner weiter.

Die Wirtschaftswissenschaftler haben für ihre Arbeit verschiedene Strommarktdaten in 14 europäischen Ländern von 2004 bis 2016 ausgewertet und analysiert. „Wir haben beispielsweise Zahlen zu Gaspreisen, Nachfrage, Strompreisen und Überkapazitäten in den jeweiligen Ländern angeschaut“, fährt er fort. Dabei haben sie unter anderem untersucht, wie sich die Investitionsrate in den letzten Jahren verändert hat. In ihrer Studie haben sie nun zum ersten Mal belegt, dass Investitionen in Gaskraftwerke durch einen steigenden Anteil aus erneuerbaren Energien signifikant gehemmt werden und zurückgehen.

„Der Preis für Strom verfällt zunehmend, sodass es für Investoren immer uninteressanter wird, Geld für diese Technologien in die Hand zu nehmen“, fasst er die Ergebnisse zusammen. „Langfristig sind Gaskraftwerke unrentabel und werden aus dem Markt gedrängt.“ Die Kohle sei davon nicht betroffen. Hier bleiben die Preise stabil, da diese Kraftwerke zu geringeren Strompreisen wirtschaftlich arbeiten, solange Emissionen nicht oder kaum besteuert werden. In der Konsequenz bedeutet das: Um den Strombedarf zu decken, müsste dies mit Kohlekraftwerken geschehen. „Beim An- und Abschalten von ihnen wird zusätzlich sehr viel CO2 freigesetzt. Somit wird der Erfolg von erneuerbaren Energien konterkariert“, sagt der Kaiserslauterer Forscher.

In Großbritannien hat die Politik dieses Problem bereits erkannt. Sie hat einen sogenannten Kapazitätsmarkt ins Leben gerufen: Damit sie bei Versorgungsengpässen ihre Kapazitäten bereithalten, werden Stromerzeuger bezahlt. Auch für den deutschen Strommarkt rät der Experte von der TU Kaiserslautern dazu, ähnliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen.

Quelle

Informationsdienst Wissenschaft e.V. -idw- | 2019

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