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Speicherhersteller über Prosumermodelle: „Eigener Strom lässt sich netzdienlich einsetzen“

Den selbst erzeugten Strom der Haushalte einspeisen und damit das Netz stabilisieren – das gehört für die seit zehn Jahren existierende Sonnen GmbH zum Geschäftsmodell, sagt Geschäftsführer Jean-Baptiste Cornefert. Im Interview mit Klimareporter° beklagt er den extrem hohen administrativen Aufwand für solare Systemlösungen. Interview: Jörg Staude mit Jean-Baptiste Cornefert

Klimareporter°: Herr Cornefert, die Regierung kündigt an, dass der 2011 eingeführte 52-Gigawatt-Solardeckel Anfang Juli fällt – ist Ihnen bei der Nachricht ein Stein vom Herzen gefallen?

Das kann man schon so sagen. Dass der Deckel wegfällt, ist eine gute Sache für die Branche und die Energiewende.

Der Branche reicht das aber bei Weitem nicht. Es kursieren Petitionen und Forderungskataloge, wonach für Anlagen, die ab 2021 aus der EEG-Förderung fallen, mindestens der Börsenstrompreis für eingespeisten Strom zu zahlen ist oder auf eigenverbrauchten Solarstrom keine Abgaben und Umlagen erhoben werden. Was muss alles geschehen, damit die Photovoltaik vorankommt?

Es gibt hier verschiedene Aspekte. Für mich stellt die Kombination von einer Photovoltaik-Anlage und einem Stromspeicher eine relativ ausgereifte Technik dar – diese zu betreiben ist zumindest für Haushalte aber noch unnötig aufwendig.

Stellen Sie sich vor, Sie müssten Ihr Smartphone, um eine neue App zu installieren, jedes Mal für drei Wochen bei der Verkaufsfirma abgeben. So ist das bei der Photovoltaik: Die Technik ist da, aber die begleitenden Prozesse sind höchst komplex.

Dazu kommt eine quasi doppelte Belastung der Stromspeicher mit Abgaben. Auch das sollte gestoppt werden.

Welche doppelte Belastung haben Sie da im Blick?

Angenommen, Sie würden ein Großkraftwerk betreiben, dann hängt Ihre Anlage am Hochspannungsnetz und Sie sind von der Gebühr für die Nutzung des Niederspannungsnetzes befreit, wenn Sie netzdienliche Leistungen erbringen.

Haben Sie aber eine kleinere Photovoltaikanlage auf dem Dach und eine Speicherbatterie, dann hängen Sie am Niederspannungsnetz und zahlen die vollen Netzentgelte, auch wenn Sie genau das Gleiche machen wie das Kraftwerk, nämlich netzdienliche Leistungen erbringen. Das ist natürlich kein fairer Wettbewerb.

Na ja, auch die Kunden der Sonnen GmbH versorgen sich im Schnitt erst zu 70 Prozent selbst mit Strom. Ganz ohne eine Netzanbindung und eine Umlage der damit verbundenen Kosten geht es nicht.

Ich sage nicht, dass unsere Kunden keine Netzentgelte zahlen sollen. Wir sehen unsere Kunden als aktiven und hilfreichen Teil des Stromnetzes und nicht als autarke Inseln. Warum aber sollte ein Kernkraftwerk oder ein Kohlekraftwerk gegenüber einem Haushalt bevorzugt werden, wenn die Haushalte in unserer Community die Netze genauso stabilisieren können wie große konventionelle Kraftwerke?

Oft wird so getan, als hinge der Erfolg der Energiewende davon ab, dass sich möglichst viele Haushalte per Solardach und Stromspeicher selbst versorgen. Derzeit gibt es vielleicht an die 200.000 private Stromspeicher in Deutschland – das ist doch eine arg begrenzte Zahl angesichts der rund 1,8 Millionen Haushalte, die mit einer eigenen Photovoltaikanlage Ökostrom erzeugen, wie auch der mehr als 40 Millionen Haushalte, die bundesweit mit Strom beliefert werden müssen. Selbst eine Million Hausstromspeicher würden an den Proportionen nicht viel ändern.

Das ist korrekt – aber wir stehen bei den Speichern erst ganz am Anfang. Gerade für Besitzer von Photovoltaikanlagen, die ab 2021 aus der Einspeisevergütung fallen, wird es interessant, sich einen Speicher zu besorgen.

Der eigene Strom kann dann nicht nur selbst länger genutzt werden, sondern lässt sich auch für netzdienliche Zwecke einsetzen, wenn es notwendig ist. Und hier gibt es ein durchaus großes Potenzial für den Einsatz von Stromspeichern. Bei einer Million Speichern sprechen wir über eine Leistung irgendwo zwischen 5.000 und 10.000 Megawatt.

Hier können Sie das Interview weiterlesen

Quelle

Das Interview wurde von
der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2020 verfasst – der Artikel
darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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