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Zweifel an Klimabilanz von Nord Stream 2

Klimaschädliche Leckagen unterschätzt. Erdgas-Infrastrukturen setzen mehr Methan frei als lange angenommen. 

Die Deutsche Umwelthilfe hat deshalb bei der zuständigen Behörde beantragt, dass die Genehmigung der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 überprüft wird. Ein Rechtsgutachten sieht Spielraum für eine erneute Bewertung der Umweltwirkungen.

Die Pipeline Nord Stream 2, mit der Russland Erdgas nach Deutschland transportieren will, hat allenfalls regionale Auswirkungen fürs Klima. Davon ging zumindest das Bergamt Stralsund aus, als es den Bau und den unbefristeten Betrieb der Pipeline Anfang 2018 mit einem Planfeststellungsbeschluss genehmigte.

Im Behördendeutsch heißt es darin: „Für die Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens auf das Klima ist vor allem das lokale Klein- oder Geländeklima relevant, da Auswirkungen auf das großräumige (Makroklima) oder Regionalklima (Mesoklima) durch das Vorhaben von vornherein ausgeschlossen werden können.“

Doch jüngere Ergebnisse aus der Klimaforschung legen nahe, dass die Treibhausgasemissionen infolge der Gasförderung deutlich höher sind als bislang angenommen.

Jahrelang wurden lediglich Handmessungen an Ventilen von Erdgasrohrleitungen vorgenommen und die Ergebnisse auf die gesamte Infrastruktur hochgerechnet. Andere Austrittsstellen blieben unberücksichtigt. Neue Methoden wie zum Beispiel die Messung per Flugzeug im Luftraum über der Erdgas-Infrastruktur haben aber gezeigt, dass weitaus mehr Methan freigesetzt wird.

Demnach liegt die Leckagerate der Öl- und Gasindustrie in den USA bei 2,3 Prozent – 60 Prozent höher als von der Branche selbst angegeben. Methan ist ein sehr wirksames Treibhausgas und wirkt etwa 30-mal so stark wie Kohlendioxid.

Juristisches Gutachten

Dass das Bergamt Stralsund die Untersuchungen zu den betriebsbedingten Methanemissionen berücksichtigen muss, die erst nach der Genehmigung von Nord Stream 2 bekannt wurden, liegt für die Juristin Cornelia Ziehm auf der Hand. „Die möglichen Emissionen würden deshalb wahrscheinlich heute anders bewertet werden als noch im Genehmigungsverfahren“, sagt Ziehm, die im Auftrag der TU Berlin ein Gutachten zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der Pipeline-Genehmigung verfasst hat. Die Gaspipeline müsse mit Blick auf die neuere Forschung noch einmal geprüft werden.

Ein Entscheidungsvorbehalt, den die Stralsunder Behörde in der Genehmigung verankert hat, bietet aus Sicht der Juristin den notwendigen Hebel. Das Bergamt könnte demnach eine Neubewertung des Pipeline-Baus vornehmen und den Betreiber zu Untersuchungen über die betriebsbedingten Gesamt-Methanemissionen auffordern.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat deshalb bei der Behörde beantragt, dass die Genehmigung für Nord Stream 2 überprüft wird. Das Amt müsse auch die neue Messmethode berücksichtigen.

„Die Pipeline steht für jährlich 100 Millionen Tonnen CO2„, sagte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Weitere Emissionen in unbekannter Höhe aus Methan-Leckagen kämen hinzu. Die Leckagen müssten gemessen und geprüft werden, um die Klimawirkung und somit die Umweltverträglichkeit tatsächlich beurteilen zu können.

Hier können Sie den Bericht weiterlesen

Quelle

Der Bericht wurde von
der Redaktion „klimareporter.de“ (Sandra Kirchner)
2020
 verfasst – der Artikel darf nicht ohne
Genehmigung (post@klimareporter.de)
weiterverbreitet werden! 

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