‹ Zurück zur Übersicht
Fotolia.com | Argus.jpg

© Fotolia.com | Argus.jpg

Das Wunder: Die deutsch-französische Freundschaft

„Nie wieder Krieg“ – dieser Sehnsuchtsruf trieb nach 1945 die beiden Völker diesseits und jenseits des Rheins geradezu um. Politiker in ganz Westeuropa machten daraus das große Friedensprojekt Europa. Ein Kommentar von Franz Alt

Das Fundament für 70 Jahre Frieden, Wohlstand und Freiheit in Westeuropa

Es begann mit Churchills großer Europa-Rede 1946 an der Universität Zürich und seinem Aufruf: „Let Europe arise – Lassen Sie Europa entstehen“. Er sprach sich dabei für „eine Art Vereinigter Staaten von Europa“ aus. Was für eine Botschaft – Ein Jahr nach Kriegsende als Europa noch in Schutt und Asche lag – oder gerade deshalb.

Die französischen Politiker Robert Schuman und Jean Monnet setzten sich dann für eine europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl ein – aus diesem Projekt entstand die heutige Europäische Union. Italiens Ministerpräsident de Gasperi, der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und Frankreichs Präsident Charles de Gaulle legten dann endgültig das Fundament für das Vereinte Europa.

De Gaulle und Adenauer gelang es, die sogenannte „Erbfeindschaft“ in die deutsch-französische Freundschaft zu verwandeln und die „Erbfeinde“ zu versöhnen: D a s politische Wunder nach Jahrhunderten der Kriege zwischen Deutschland und Frankreich. Bestaunt von der ganzen Welt.

Damit war das Fundament gelegt für bisher 70 Jahre Frieden, Wohlstand und Freiheit in Westeuropa, dem sich nach 1990 viele Staaten Ost- und Mitteleuropas angeschlossen haben. Schmidt und Giscard D´Estaing, Kohl und Mitterand, Schröder und Chaques Chirac, Merkel und Macron haben die deutsch-französische Freundschaft zum Motor der Europäischen Union ausgebaut.

In dieser Woche haben nun Deutschland und Frankreich den neuen Elysee-Vertrag unterschrieben. Er soll die Zusammenarbeit zwischen Paris und Berlin weiter vertiefen: In der Außen- und Sicherheitspolitik, beim Klima- und Umweltschutz, in den Regionen entlang der Grenze des Rheins. Konkrete Beispiele dafür: Eine deutsch-französische Berufsschule in Kehl, zweisprachige Kitas, französisch-deutsche Gymnasien, ein Nahverkehrssystem mit einheitlichen Tickets für beide Länder, eine Gesundheitsversorgung, die von beiden Seiten der Grenze aus in Anspruch genommen werden kann.

Die Gegner des Aachener-Vertrags 

Gegner der vertieften Zusammenarbeit gibt es auf beiden Seiten: Die Europa-Skeptiker in Frankreich um Mari Le Pen behaupten wahrheitswidrig, Macron plane, Teile von Elsass-Lothringen wieder unter deutsche Herrschaft zu stellen. Der Vertrag sei ein „Ausverkauf französischer Interessen“.

Skeptisch sind auch die Neonationalisten in der deutschen AfD. Auf beiden Seiten des Rheins schreien die Ewiggestrigen noch immer am liebsten: „Frankreich zuerst“ oder „Deutschland zuerst“.

Im Berliner Groko-Vertrag wird die deutsch-französische Freundschaft als „Friedensmacht“ definiert. Diese besondere Beziehung wolle man in den „Dienst des europäischen Einigungsprojekts“ stellen und eine gemeinsame Sicherheitspolitik betreiben, bei der „das Prinzip des Politischen den Vorrang vor dem Prinzip des Militärischen“ habe.

Bei der Europawahl im Mai 2019 wird sich schon an der Höhe der Wahlbeteiligung und am Abschneiden der Neonationalisten auf beiden Seiten zeigen, ob die Wählerinnen und Wähler bereit sind, den Visionen ihrer politischen Anführer zu folgen.

Fakt ist: Die ganze Welt wird verfolgen, wie sich die politische Freundschaft der einstigen Kriegsgegner in Europa weiter entwickelt. Dafür braucht es eine Europa-Begeisterung von unten, die in den Herzen der Menschen verankert ist.

Quelle

FRANZ ALT 2019

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren