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Ist Wasserstoff eine Zukunftstechnologie?

Nationale Wasserstoffstrategie: Bedarf an grünem und blauem Wasserstoff aus dem In- und Ausland – Bis zum Jahresende will die Bundesregierung eine nationale Wasserstoffstrategie erarbeiten. Vier Minister veröffentlichten auf einer Konferenz ihr Papier, dass die Richtung der Ausgestaltung wohl schon deutlich vorgibt.

„Gasförmige Energieträger, vor allem Wasserstoff, werden ein Schlüsselrohstoff einer langfristig erfolgreichen Energiewende sein. Gleichzeitig bietet die Herstellung von CO2-freiem und CO2-neutralem Wasserstoff große industriepolitische Chancen. Diese müssen wir nutzen und bereits heute die Weichen dafür stellen, dass Deutschland bei Wasserstofftechnologien die Nummer 1 in der Welt wird.“ Dies erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf einer Veranstaltung am Dienstag, auf der rund 700 Teilnehmer über eine Nationale Wasserstoffstrategie diskutierten. Die Bundesregierung will eine solche bis zum Jahresende erarbeiten. Zu der Konferenz hatte nicht nur das Bundeswirtschaftsministerium, sondern auch das Verkehrs- und das Bildungsministerium sowie das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit eingeladen. Dies zeigt, welch weitreichender Einfluss des Wasserstoffs gesehen wird. Die vier Minister veröffentlichten zugleich ein Papier, dass als Diskussionsbeitrag für die Nationale Wasserstoffstrategie gedacht ist.

Darin wird betont, dass Wasserstoff „ein wichtiges Element für die Energiewende“ sei und die Baustein Energieeffizienz und erneuerbare Energien ergänzen müsse. Dies gelte speziell für „CO2-freien“-Wasserstoff. Dabei wird der Wasserstoff aus Elektrolyseanlagen gewonnen, die erneuerbare Energien nutzen. Allerdings subsummieren die Minister in ihrem Papier unter „CO2-frei“ auch „CO2-neutrale Energieträger“, worunter etwa die Erzeugung von Wasserstoff aus Erdgas in Kombination mit CCS-Technologien fielen oder auch kohlenstoffhaltige Energieträger, bei deren Nutzung zwar CO2-Emissionen entstehen, deren Kohlenstoffanteil aber vorher bei der Erzeugung der Atmosphäre entzogen wurde oder hierfür andere Emissionen verhindert wurden. Nach Ansicht der Minister braucht es für die Energiewende „mittel- bis langfristig CO2-freien Wasserstoff in der ganzen Bandbreite seiner Möglichkeiten“. Dies reiche als Energieträger für die chemische Industrie bis hin zur Dekarbonisierung des Schwerlast- und Schiffsverkehrs.

In dem Papier heißt es weiter: „Wasserstoff ist kein neues Thema, es wird seit Jahrzehnten erforscht und erprobt. Deshalb können wir nun im großen Stil auf diese Technologien setzen. In Kombination mit den weltweit fallenden Erzeugungskosten für Strom aus erneuerbaren Energien kann CO2-freier Wasserstoff jetzt zu einem wichtigen Baustein der globalen Energiewende werden.“ Dabei sehen die Minister große Chancen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. „Die deutsche Wirtschaft ist bereits heute internationaler Vorreiter bei der Entwicklung und dem Export von Wasserstoff- und Power-to-X-Technologien. Diese Rolle wollen wir beim bevorstehenden Markthochlauf von Produktion und Abnahme behaupten. Als Grundlage für unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit setzen wir auf Forschung und Innovation“, heißt es. Mit der Herstellung der Komponenten sowie Erzeugung und Versorgung mit Wasserstoff werde die regionale Wertschöpfung erhöht, und es könnten zukunftsfähige Arbeitsplätze entstehen.

Import von von grünem und blauem Wasserstoff wird notwendig sein

Zugleich gehen die Minister in ihrem Diskussionsbeitrag nicht davon aus, dass der Bedarf an grünem Wasserstoff komplett in Deutschland erzeugt werden kann. „Mittel- und langfristig wird Deutschland CO2-freien Wasserstoff in größerem Umfang importieren müssen. Denn aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Energien und der offenen Frage der Akzeptanz von CCS in Deutschland sind der heimischen Produktion von CO2-freiem Wasserstoff Grenzen gesetzt. Deutschland muss deshalb neben der inländischen Wasserstoffindustrie parallel auch Importstrukturen für CO2-freien Wasserstoff entwickeln und aufbauen – je früher, desto besser“, schreiben die Minister in ihrem Papier. Dabei setzen sie besonders auf dem Beitrag des „blauen“ Wasserstoffs. Während der grüne Wasserstoff aus Strom aus Windkraft- oder Photovoltaik-Anlagen gewonnen wird, entsteht der blaue auf Basis von Erdgas und CCS-Technologien, die zum Abscheiden und unterirdischen Verpressen des CO2 gebraucht werden. Großes Potenzial sieht die Bundesregierung im Import von grünem und blauen Wasserstoff aus Entwicklungs- und Schwellenländern.

Unter der Frage „Was wollen wir?“ erklären die Minister, sie wollten einen „soliden Heimatmarkt“ aufbauen, da dieser im internationalen Wettbewerb unverzichtbar sei. Zugleich sei die Erzeugung und Nutzung CO2-freier Energieträger noch nicht wirtschaftlich, so dass die Weiterentwicklung der Technologie vorangetrieben werden solle, um eine zügige Kostenreduktion zu erreichen. „Neben einer wettbewerbsfähigen Produktion von CO2-freiem Wasserstoff braucht es auch einen korrespondierenden Absatzmarkt. Wir wollen daher die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger oder als Grundstoff für die stoffliche Verwertung in prioritären Anwendungsbereichen befördern.“ Dazu zählen die Minister Anwendungen in der Industrie und im Verkehr.

In der nationalen Wasserstoffstrategie sollen Aktivitäten verzahnt und gebündelt werden, um die Erzeugung, den Import und die Nutzung von CO2-freiem Wasserstoff zu einer wichtigen Rolle für die deutsche Wirtschaft zu machen. „Damit schaffen wir einen Rahmen, der die industrie-, energie-, klima-, innovations- und entwicklungspolitischen Chancen von Wasserstoff vereint.“ Mit der Strategie soll auch ein Aktionsplan erarbeitet werden, der die notwendigen Schritte aufzeigt.

Beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft merkt man zu dem Treffen an: „Unsere sehr gut ausgebaute Gasinfrastruktur aus Fernleitungs- und Verteilnetzen sowie Speichern ist die optimale Basis für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft.“ Für den Durchbruch von grünem Wasserstoff bedürfe es allerdings dringend einer Senkung der Steuer- und Abgabenlast beim Strom. „Die von der Bundesregierung geplante homöopathische Senkung der EEG-Umlage reicht bei Weitem nicht aus“, erklärte die neue BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. „Eine weitere zentrale Voraussetzung für die künftige Produktion erneuerbaren Wasserstoffs ist der Ausbau der erneuerbaren Energien. Hemmnisse beim Erneuerbaren-Zubau sind automatisch auch Hemmnisse für die Erschließung der Potenziale von Wasserstoff.“ Für importierten Wasserstoff forderte Andreae ein „transparentes, unbürokratisches Nachweissystem für die Herkunft und Nachhaltigkeit“.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „pv-magazine“
(Sandra Enkhardt) 2019
 verfasst – der
Artikel darf nicht ohne Genehmigung von Sandra Enkhardt 2019 weiterverbreitet werden!  Mehr Artikel von Sandra Enkhardt | „pv magazine“ 03/2019 | Online bestellen!

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