‹ Zurück zur Übersicht
Depositphotos | djv

© Depositphotos | djv

Krieg ums Öl: Zeit für ein Entzugsprogramm

Noch immer hängen wir an der Ölnadel – Es sollte über die Hardware hinter dem USA-IRAN-Konflikt, über das Öl, gesprochen werden, um das es bei allen Kriegen im Nahen Osten geht oder zumindest unter anderem geht.

Viel lässt sich über den wahnsinnigen Akt des US-Präsidenten sagen, einen hochrangigen Repräsentanten eines anderen Landes ermorden zu lassen. Der Vorfall stellt in mehrfacher Hinsicht einen Rückfall in die Barbarei da. Es ist ohne Frage ein Mord, eine Exekution ohne Anklage und Prozess. Und es stellt einen Akt der Anmaßung dar, sich über andere Nationen zu stellen, deren Souveränität zu missachten.

Eine zudem gefährliche Anmaßung der Missachtung des Völkerrechts in einer inzwischen de facto multipolaren Welt, in der es neben den USA andere, zum Teil schnell aufsteigende Machtzentren gibt, die Washingtons Vormachtstellung bestenfalls noch erdulden, aber keineswegs mehr akzeptieren.

Zeit zum Entgiften

Über all das lässt sich lange sinnieren, aber vielleicht sollte auch mal über die Hardware hinter dem Konflikt, über das Öl, gesprochen werden, um das es bei allen Kriegen im Nahen Osten geht oder zumindest unter anderem geht.

Hat es noch irgendwas mit volkswirtschaftlicher Vernunft zu tun, sich von einem endlichen Stoff so abhängig zu machen, wie es heute in (fast) aller Welt getan wird; den ganzen Transport, einen großen Teil der chemischen Industrie und der Landwirtschaft, also der Welternährung, auf derart wackeliger Grundlage aufzubauen?

Das Öl wird sich ohnehin spätestens in ein paar wenigen Jahrzehnten so sehr verknappen, dass Benzin und Diesel für den Normalsterblichen kaum noch erschwinglich sein werden. Vorher aber wird sein Verbrauch noch erheblich zur globalen Klimakrise beitragen, wird helfen, aus Verknappung, steigenden Fluten, zunehmenden Dürren, Unwettern und Waldbränden sowie zyklischen industriellen Transformationsprozessen eine Megakrise des modernen Kapitalismus zusammenzubrauen.

Wäre es da nicht höchste Zeit, sich von der Junkie-Nadel zu befreien und auf Entzug zu gehen, oder muss uns erst ein großer Krieg dazu zwingen, den anzuzetteln die ideologischen Zwillinge in Teheran und Washington offenbar nicht abgeneigt sind.

Dabei wäre der Entzug nicht einmal allzu schwer. Und nein, man muss das nicht immer auf der Ebene individueller Verantwortung diskutieren. Damit ist die Umweltbewegung schon in den 1980ern gescheitert, daraus könnte man gelernt haben.

Entzugsprogramm

Es könnte damit beginnen, dass aus der Deutschen Bahn wieder ein richtiges bundeseigenes Unternehmen gemacht wird und alle Bahnfremden aus dem Vorstand geworfen werden. Ziel müsste die möglichst flächendeckende Versorgung der Bevölkerung und des Gewerbes mit zuverlässigen und erschwinglichen Transportleitungen sein.

Wieso sollte sich Deutschland das heute nicht mehr leisten können, wo dies in Zeiten wie den 19060ern, als die Wirtschaftsleistung nur ein Bruchteil der heutigen betrug, ohne weiteres möglich war?

Neue Loks und Waggons müssten her und einige hunderttausend Menschen eingestellt werden, unter anderem auch in den zum Teil lebensgefährlich unterbesetzten Werkstätten. Sozusagen auch ein Konjunkturprogramm in Zeiten, in denen die Automobilindustrie dramatisch schrumpfen wird.

Ähnliches gilt für den öffentlichen Nahverkehr, dessen Nutzer-Wachstum in einigen Städten inzwischen aufgrund von Überauslastung und zu späten Neubeschaffungen an seine Grenze stößt.

Wenn man dergestalt die öffentlichen Verkehrssysteme durch Nulltarif im Nah- und Regionalverkehr, durch erhöhte Taktzahlen und durch Wiedereröffnung von Regionalbahnen und -bahnhöfen erheblich attraktiver gemacht hat (man beachte die Reihenfolge), dann könnte daran gegangen werden, die reichlich vorhandenen Subventionen für den Lkw- und Pkw-Verkehr zu streichen und hier und da auch eine City-Maut und einschränkende Parkraumbewirtschaftung einzuführen.

Das Ergebnis wäre ein demokratisierter Verkehr – denn bisher werden die Nicht-Autobesitzer massiv benachteiligt –, bessere Luft und weniger Lärm in den Städten, liebenswertere urbane Räume und vor allem eine wesentlich geringere Abhängigkeit von jenem Stoff, um den so viele Kriege geführt werden. Und ganz nebenbei wäre dem Klima auch noch geholfen und einer aufgrund des Niedergangs der Autoindustrie drohenden schweren wirtschaftlichen Krise durch Schaffung neuer Arbeitsplätze aus dem Weg gegangen.

Klingt utopisch? Vielleicht; aber gibt es eine realistische Alternative ohne Krieg, Massenarbeitslosigkeit, explodierenden Ölpreisen und Klimakatastrophen?

Quelle

Der Bericht wurde von
der Redaktion „TELEPOLIS“ (Wolfgang Pomrehn)
2020
 verfasst – der Artikel darf nicht ohne
Genehmigung von Wolfgang Pomrehn 2020 weiterverbreitet
werden! 

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren