‹ Zurück zur Übersicht
pixabay.com | KarinKarin | Fernfahrkarten werden in ein paar Tagen günstiger. Vieles andere am Klimapaket ist weniger eindeutig.

© pixabay.com | KarinKarin | Fernfahrkarten werden in ein paar Tagen günstiger. Vieles andere am Klimapaket ist weniger eindeutig.

Länder lobpreisen sich und das Klimapaket

Entlastung vor allem bei der EEG-Umlage

Das Klimapaket tritt nun doch zu Jahresanfang in Kraft. Der Bundesrat winkte am Freitag den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss durch. Am Donnerstag hatte bereits der Bundestag zugestimmt. In der Länderkammer klopften sich die Redner aller Parteien auf die Schulter und lobten den Erfolg.

Markus Söder, der bayerische Ministerpräsident, brachte am Freitag die Stimmung im Bundesrat auf den Punkt: „Irgendwie reden alle, und alle sagen das Gleiche“, hub der CSU-Mann an und klopfte sich dann selbst wie auch den Ressortkollegen ob der „guten“ und „richtigen“ Entscheidung auf die Schulter.

Tatsächlich wurde das Klimapaket durch die Länder in einigen Punkten verbessert. Die wesentlichen sind:

  • Der CO2-Einstiegspreis ab 2021 erhöht sich von zehn auf 25 Euro und steigt dann um weitere fünf Euro jedes Jahr bis 2026. Die Bundesregierung legt dazu im Frühjahr ein geändertes Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) vor.
  • Mit den Zusatzeinnahmen wird ab 2021 die EEG-Umlage stärker als bisher geplant gesenkt sowie ab 2024 die weitere Erhöhung der Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer von 35 auf 38 Cent bezahlt, ebenso die Mobilitätsprämie für geringe Einkommensbezieher.
  • Gestrichen wird der besondere Grundsteuer-Hebesatz für Kommunen, in deren Bereich Windkraftanlagen gebaut werden. Die Bundesregierung soll dafür im Frühjahr gesetzliche Maßnahmen für andere Beteiligungsmodelle für Bürger und Gemeinden vorlegen.
  • Bei der energetischen Sanierung von Gebäuden können künftig auch Kosten für Energieberater zur Hälfte steuerlich angerechnet werden.
  • Die Länder erhalten von 2021 bis 2034 jährlich 1,5 Milliarden Euro aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung. Von 2024 bis 2026 gleicht der Bund zudem den Länderanteil an den zusätzlichen Steuerausfällen aus der höheren Pendlerpauschale und der Mobilitätsprämie aus. Der Finanzausschuss des Bundesrates hatte zuvor ausgerechnet, dass die Steuerausfälle für Länder und Kommunen durch das Klimapaket in seiner ursprünglichen Form bei rund 1,3 Milliarden Euro liegen. 

Durch die jetzige Einigung kann ab Anfang 2020 die Mehrwertsteuer bei der Deutschen Bahn wie vorgesehen von 19 auf sieben Prozent sinken. Zugfahrten im Fernverkehr werden Schnitt um zehn Prozent preiswerter.

Besonders SPD-Politiker lobten im Bundesrat den verbesserten sozialen Ausgleich bei Pendlerpauschale und EEG-Umlage. Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, hält die Pendlerpauschale generell nicht für einen „falschen Anreiz“.

Sie kenne, sagte Schwesig, keine einzige Frau und keinen einzigen Mann, die morgens deswegen zum Arbeitsort pendelten, weil es eine Pendlerpauschale gibt. Das täten die Leute, weil sie im ländlichen Raum lebten. Solange es keine Alternativen wie preiswerte elektrische Autos oder Bahn und Bus gebe, dürfe man diese Leute nicht bestrafen, betonte die Sozialdemokratin.

„Die Zahlen sind als Schätzungen zu interpretieren“

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der noch im September das ursprüngliche Klimapaket als „sehr kraftvoll“ gelobt hatte, schmückte seine Rede jetzt mit einer Rechnung, was die von den Ländern durchgesetzte zusätzliche Senkung der EEG-Umlage für die Leute bringt. Dadurch werde schon 2021 eine durchschnittliche Familie „etwa 60 Euro Stromkosten weniger haben“ als ohne die Regelung, sagte Scholz. Und ab 2025 seien es sogar schon über 100 Euro jährlich.

Wie Scholz auf die 60-Euro-Ersparnis kommt, ist nicht klar. Auf Nachfrage teilte das Finanzministerium nur mit, dass die Berechnungen von einem Durchschnittshaushalt mit einem Jahresstromverbrauch von 3.000 Kilowattstunden ausgehen.

Für denselben 3.000-Kilowattstunden-Haushalt kommt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) allerdings nur auf eine Ersparnis von rund 40 Euro im Jahr. Dabei gehen Experten der Umweltorganisation davon aus, dass die EEG-Umlage um etwa ein Fünftel von derzeit 6,4 auf 5,2 Cent je Kilowattstunde sinkt. Voraussetzung wäre, dass aus den Einnahmen aus dem CO2-Preis etwa fünf Milliarden Euro aufs EEG-Konto fließen. Für 2021 wird dabei mit EEG-Nettokosten von 25 Milliarden Euro gerechnet.

Ob die Stromkosten tatsächlich in dem Umfang sinken werden, ist allerdings unklar – nicht nur, weil die Netzentgelte, der derzeit größte Kostenblock im Strompreis, auf jeden Fall steigen werden. Wie groß die Steuereinnahmen bei einem Einstiegspreis von 25 Euro wirklich sein werden, kann eigentlich nach Expertenmeinung auch noch niemand exakt voraussagen.

Auch die realen Kosten für die schon ab 2021 auf 35 Cent erhöhte Pendlerpauschale sind schwer abzuschätzen – und damit auch, wie viel Mittel am Ende für die Senkung der EEG-Umlage übrig bleiben werden. Das Finanzministerium wies gegenüber Klimareporter° selbst darauf hin, dass die Zahlen als „Schätzungen zu interpretieren sind“.

Dass es sich nur um eine Schätzung handelt, sagte Scholz aber nicht. Von Zweifeln war in der Länderkammer überhaupt wenig zu hören. Allein der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erlaubte sich zu bemerken, dass nach wie vor nicht klar sei, ob ein nationaler Emissionshandel mit einem auf Jahre festgelegten CO2-Preis nicht doch nur eine verbrämte CO2-Steuer und deswegen nicht verfassungskonform ist.

Das Klimapaket sei ein „richtiger Schritt in die richtige Richtung“, so Kretschmann, aber weitere müssten folgen. Ein weiterer wäre das Kohleausstiegsgesetz, das Scholz erneut für Januar ankündigte. Man darf gespannt sein, ob das wird.

Quelle

Der Bericht wurde von
der Redaktion „klimareporter.de“ (Jörg Staude) 2019 verfasst – der Artikel
darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren