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Wir alle sind Teil der Lösung

Jetzt hatten wir alle unser gemeinsames Schlüsselerlebnis. Diesen Sommer wurden aus blühenden glühende Landschaften, die Natur und wir litten gemeinsam. Angeblich ist das jetzt erst der Anfang, oder ein Blick in die Zukunft. Ein Kommentar von Matthias Hüttmann

Weil das Klima, oder ist es das Wetter – egal, diesmal so gnadenlos war, lies sich selbst Ralf Stegner, Mitglied einer Regierungspartei im Zuge der Debatte um die Heißzeit-Studie zu einem Tweet hinreisen, in dem er die dystopische Veröffentlichung als beklemmend titulierte und fragte: „Wie viele Aufforderungen brauchen wir noch, um endlich so nachhaltig umzusteuern, dass auch unsere Kinder und Enkel noch in Frieden und Wohlstand diesen Planeten bewohnen können.“ Da hat jemand verstanden um was es geht, könnte man meinen. Andererseits ist es wohl nur ein selbstgerechtes, heuchlerisches Aufspringen auf den gerade abfahrenden Meinungszug. Weil was bei seinem Gezwitscher unklar bleibt ist, wen er mit „Wir“ genau gemeint hatte.

Aber er war beileibe nicht der einzige. Auch das Bundesumweltministerium klinkte sich ein. Auf selbigen Medienkanal hieß es: „Man kann nie ein einzelnes Wetterereignis eindeutig auf den Klimawandel zurückführen. Aber was wir dieses Jahr erleben – heftige Starkregen in manchen Regionen und lange Dürreperioden in anderen -, passt zu dem, was Projektionen der Klimaforschung vorhergesagt haben. Dagegen hilft nur konsequenter Klimaschutz … und eine kluge Anpassung an jetzt nicht mehr vermeidbare Folgen des Klimawandels.“ Schön formuliert. Aber was steckt dahinter? Dazu später.

Perspektive: Weiter so
Zurück zu dem Wir: Es sind die gleichen Leute, die bei der Kohlekommission, die ja nicht so heißen darf, sondern den Namen „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ trägt, über alles reden wollen, nur nicht über etwas verbindliches. In der Debatte um den Kohleausstieg geraten viele immer wieder in einen Teufelskreis und sagen „Kein Ausstieg ohne Perspektive!“ Aber statt den gordischen Knoten immer fester zu ziehen, sollte man sich klar werden, dass die Utopie nur umgekehrt entsteht und es ohne Ausstieg keine Perspektive gibt. Das gilt nicht nur für die deutsche Energiewirtschaft, sondern für alle Spezies auf dem Globus. Und bei besagtem Kohleausstieg geht es um nicht mal so viel Perspektivlosigkeit. Wie eine Studie des Öko-Instituts zeigt, würden bei Erreichung der Klimaziele im Jahr 2030 noch etwa 8.000 Beschäftigte in der Förderung von Braunkohle bzw. Stromerzeugung arbeiten. Das ist ein Klacks gegen die durch die Politik vernichteten Arbeitsplätze in der Zukunftsbranche der Erneuerbaren. Trotz alledem scheut man sich derart vor einem Wechseln der Pferde, dass man lieber einen fünften Reiter der Apokalypse engagiert. Und das ist nicht der liebenswerter Fährtenleser mit der Silberbüchse, sondern die Büchse der Pandora herself.

Teufel mit Beelzebub austreiben
So hat das besorgte Ministerium zum Höhepunkt der Hitzewelle vermeldet, in Deutschland künftig bestimmte Formen des marinen Geoengineerings zu kommerziellen Zwecken zu untersagen. Das klingt nach gut gemeint und ist somit das Gegenteil davon. Denn es bedeutet keineswegs, dass man von der Klimamanipulation ablassen will, Forschung soll nach wie vor erlaubt sein. Unter diesem Deckmantel wird in Deutschland bekanntlich auch weiter an Fracking-Verfahren gearbeitet und international weiterhin Walfang betrieben. Die möglichen Gefahren des Geoengineerings sind, kurz zusammengefasst, unkalkulierbar. Das macht auch Michel E. Mann deutlich: „Das Klimasystem der Erde und das empfindliche, komplexe Netz von Ökosystemen, das es unterstützt, könnte durch grob angewandte, spekulative und mechanische Korrekturen stärker geschädigt, denn in Ordnung gebracht werden.“

Aber wir wollen hier nicht platt auf die Politik schimpfen, auch wenn das gerade, siehe Bashing von „staatlichen Organisationen“ wie Feuerwehr und Rettungssanitäter, en vogue zu sein scheint. Vielmehr sind wir an der Reihe. Da ist es nicht fair ständig zu betonen, das man ja selbst nichts tun könne, gleichzeitig aber Taten einfordert. Und kommen dann Vorschläge, droht man mit Liebesentzug und brandmarkt alles sofort als Gängelung, Verbot und Eingriff in die Freiheit. Mit der gern betonten eigenen Freiheit ist vor allem die gemeint, die uns gefällt. Wir wollen selbst definieren was wir tun. Das ist der ultimative Freifahrschein. Denn was wir vielfach verlernt haben, meint auch Herbert Lenz, ist, dass Freiheit nicht grenzenlos, sondern immer an Verantwortung gekoppelt ist. Lenz sagt auch: „Ich muss wissen, wo die Freiheit des anderen beginnt. Und der andere, das ist nicht nur der andere Mensch, das ist auch die Natur um mich herum.“

Wer, wenn nicht wir?
Beliebt ist auch der Ausspruch: „Das habe ich mir verdient.“ Dazu hatte sich Ulrike Fokken auch ein paar Gedanken gemacht: „Die Leute leisten sich den Flug nach Barcelona übers Wochenende, weil sie sich das verdient haben … Wenn sie sagen „Ich will nicht verzichten“, hört sich das an wie „Ich bin doch nicht blöd“. Das man ausgerechnet jetzt wo das Fliegen endlich billig ist, es nicht mehr tun soll, leuchtet wenigen ein. Aber nochmal zurück zum Slogan „Man kann ja als einzelner nichts tun „. Der ist schon deshalb falsch, es sei denn man tut überhaupt nichts, oder um es wie es bei FuturZwei provokant auf dem Titel stand: „Öko sind wir erst wenn wir alle tot sind.“ Nein, so lange wir leben, tun wir etwas und es ist immer möglich etwas anders zu tun. Und statt sich ständig selbst zu optimieren und Selfies zu machen, könnten wir ja auch mal was Sinnvolles tun. Sonne für alle!

SONNENENERGIE 03/2018
Quelle

Der Bericht wurde von
der Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. (Mattias
Hüttmann) 2018
 verfasst –
der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von Matthias Hüttmann weiterverbreitet werden! SONNENENERGIE 03/2018 |Das Inhaltsverzeichnis
können Sie hier einsehen!

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