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Künftige Nahrungsproduktion kann Klima schützen

Nahrungsmittelproduktion auf molekularer Basis wird Klimagasemissionen aus Land- und Viehwirtschaft drastisch reduzieren. Die intensive industrielle Landwirtschaft zusammen mit der tierquälenden Massentierhaltung sind erheblich an der Aufheizung des Planeten beteiligt.

Eine Analyse der Energy Watch Group zeigte vor kurzem auf, dass etwa 18% der globalen Treibhausgasemissionen aus Landwirtschaft und Viehzucht stammen. Diese Zahlen decken sich in etwa mit dem kürzlich veröffentlichten Special Report des IPCC zur Landnutzung.

Bis 2030 könnten aber die Treibhausgasemissionen aus der Viehzucht und Landwirtschaft etwa um 45% reduziert werden könnten, was einen 10%igen Rückgang der globalen Emissionen bedeuten. So zumindest lauten die Erkenntnisse einer neuen umfassenden Studie des Thinktanks RethinkX aus Kalifornien um Tony Seba: „Rethinking Food and Agriculture 2020-2030“.

In 10 bis 15 Jahren könnten wir in der Lage sein, einen Großteil unserer benötigten Fleisch- und Agrarprodukte im Labor herzustellen, mit weitreichenden Folgen, die weit über die jeweiligen Industriezweige hinausreichen.

Den Wissenschaftlicher*innen zufolge wird eine „disruptive Revolution“ Viehzucht und Landwirtschaft grundlegend verändern, denn unser Fleisch und unser Getreide wird zukünftig künstlich auf molekularer Basis hergestellt werden können und somit beispielsweise einen Großteil der bis dahin genutzten Landwirtschaftsfläche überflüssig machen. In den USA allein seien dies 25% der Fläche des gesamten Landes. Darüber hinaus werden diese Lebensmittel der Zukunft etliche weitere Vorteile mit sich bringen, sie werden günstiger, nahrhafter, hochwertiger, leckerer und in „nahezu unvorstellbarer Vielfalt“ zur Verfügung stehen. Rückstände von krankmachenden Pestiziden und Antibiotika in dieser Nahrung gäbe es dadurch nicht mehr.

Laut den Wissenschaftler*innen wird als erstes die Massentierhaltung der Kuh verschwinden. Die Kuh in der Massentierhaltung, ist der ineffizienteste Teil des heutigen Agrarsystems, denn alleine hier sind neue Herstellungsmethoden bis zu 100-mal flächen-, 20-mal zeit- und 10-mal wassereffizienter. Dabei geht es jedoch nicht nur um das Fleisch des Tieres, sondern auch um dessen Milch, das Getreide für die Fütterung, die intensive Flächennutzung, die landwirtschaftlichen Maschinen für Viehzucht und Ackerbau, deren Dieselverbrauch etc. Und das alles ist bezogen auf die gesamte Landwirtschaft und Viehzucht, es handelt sich also nicht um die Disruption einer wirtschaftlichen Nische, sondern mannigfaltige Disruptionen in vielen Wirtschaftszweigen, die sich überlappen und gegenseitig verstärken.

Laut der Studie wird beispielsweise die US-amerikanische Viehzucht bis 2030 pleite sein, was eine Wertvernichtung von über $100 Milliarden bedeuten würde. Während bestimmte Industrien untergehen werden und sich andere umstellen müssen, entstehen dabei mindestens ebenso große Möglichkeiten für Produzenten der „modernen“ Lebensmittelproduktion. Es besteht die Chance, dass Lebensmittelproduktion unabhängig von Wetter, Jahreszeiten und geografischen Gegebenheiten dezentralisiert stattfinden kann. Die freigewordenen Landflächen eignen sich vorzüglich für Aufforstung und die Schaffung von natürlichen Kohlenstoffsenken, womit sich weitere Chancen für wirksamen Klimaschutz ergeben.

Die ökologischen, ökonomischen und gesundheitlichen Vorteile insbesondere als Ersatz für den Fleischkonsum aus Massentierhaltung sind erheblich. Damit wird die molekulare Eiweißproduktion auch für die, die nicht auf ihr Schnitzel verzichten wollen zu einer echten Alternative.

Dennoch bleibt klar, dass eine vegane und vegetarische Ernährung aus biologisch angebauten Pflanzen, die natürlich wachsen, ebenfalls alle diese Vorteile bietet. Sie bieten über die natürliche Komplexität der wertvollen Inhaltsstoffe, wie Vitamine oder Mineralien auch die Basis für eine gesunde Ernährung. Ob die molekulare Nahrungsmittelproduktion die Komplexität der gesunden Inhaltstoffe, wie sie viele Pflanzenarten liefern, auch erreichen werden, ist noch nicht abzusehen und eher fraglich. Deshalb ist eine vegetarische oder gar vegane Ernährung aus Bio-Anbau auch weiterhin ein wesentlicher persönlicher Beitrag für mehr Klimaschutz und gesunde Ernährung.

Quelle

Hans-Josef Fell 2019 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG

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