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Schulzes Plastiktütenverbot reicht nicht

Schulzes Plastiktütenverbot wird nicht viel helfen, die Plastikvergiftung in den Griff zu bekommen.

Keine Frage, Kunststoffe aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl oder Erdgas gehören verboten. Sie verursachen die Plastikverseuchung der Erde und Ozeane mit Mikro- und Makroplastik und selbst wenn sie den Weg in die Müllverbrennung schaffen, dann heizen sie das Erdklima mit den dort entstehenden CO2– und Methanemissionen aus der Vorkette der Förderung von Erdöl, Kohle und insbesondere Erdgas weiter auf. Fossile Kunststoffe müssen also dort, wo sie keinen bzw. wenig Nutzen haben, verboten werden und dort, wo sie notwendig sind, durch Biokunststoffe oder weitere natürliche Materialien ersetzt werden, die eine geschlossene, stoffliche Kreislaufwirtschaft ermöglichen.

Biokunststoffe sind heute schon weit entwickelt, aber noch kaum im Markt angekommen. Wenn ihre pflanzlichen Rohstoffe aus dem Bioanbau kommen, also Biodiversität schützen, Kunstdünger sowie Pestizide vermeiden und die Biokunststoffe zudem zügig verrotten, dann gehören sie eindeutig in die Kategorie einer stofflichen Kreislaufwirtschaft. Es gibt umfangreiche Forschungsergebnisse zu und marktreife Produkte für Biokunststoffe, viele neu gegründete Start-Ups suchen nach Märkten. Allen fehlt nur eines: eine umfangreiche Markteinführungsstrategie von politischer Seite.

Noch nicht einmal eine umfassende Erfassung der bereits vorhandenen Produkte hat die Bundesregierung bisher geschafft. In diese Lücke stößt nun ein Forschungsprojekt der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR), im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums.

So schreibt die FNR zu diesem Forschungsprojekt: „Eine ganze Reihe von biobasierten Kunststoffen sind auch biologisch abbaubar. Diese besondere Werkstoff-Eigenschaft bringt für Anwendungen, bei denen die Produkte einsatzbedingt in der Umwelt verbleiben und nicht durch Sammelsysteme einer geregelten Abfallentsorgung zugeführt werden können, einen Umweltvorteil. Aber: viele dieser Anwendungen sind bisher noch nicht erfasst, insbesondere nicht hinsichtlich ihrer Marktrelevanz.“

Nun ist es gut, wenn es immerhin eine Erfassung der heute schon einsetzbaren Biokunststoffe gibt. Doch eine Markteinführung ist das noch lange nicht. Sie könnte mit einem Verbot von fossilen Kunststoffen verbunden werden, indem gut verrottbare Biokunststoffe aus Pflanzen im Bioanbau vom Verbot ausgenommen sind. Zudem können z.B. über steuerliche Erleichterung und Befreiungen von Gebühren echte Wettbewerbsvorteile geschaffen werden. So hatte die unter rot-grün eingeführte Befreiung von den Gebühren des Grünen Punktes im Jahre 2004 einen erheblichen Marktanschub für Bioverpackungen gebracht. Dieser wurde allerdings mit dem Wechsel zur Regierung unter Kanzlerin Merkel jäh wieder gestoppt.

Aber heute kennt die Umweltministerin Schulze von der SPD nur eine relativ unwirksame Verbotspolitik, statt lenkender Markteinführung der ökologischen Alternativen. In ihrem viel beachteten und im Bundeskabinett bereits verabschiedeten Plastiktüten Verbot verbietet sie die ökologischen Biokunststoffalternativen gleich mit. So schreibt das Umweltministerium (BMU) auf seiner Seite zum Plastikmüllverbot:

„Hinter so genannter „Bioplastik“ verbirgt sich meist eine Mogelpackung. Denn: Kunststoffe aus Pflanzen wie Zucker, Kartoffeln oder Mais sind nicht unbedingt umweltfreundlicher. Sie lassen sich kaum recyceln und der Anbau von Pflanzen für die Kunststoffproduktion ist häufig mit verstärktem Pestizideinsatz verbunden und findet in Monokulturen statt. Gelangen sie in die Umwelt, verbleiben sie dort sehr lange und können genauso schädlich wirken wie Rohöl-Kunststoffe. Auch Tragetaschen aus biologisch abbaubaren Kunststoffen sind nicht umweltfreundlich. Sie bauen sich in der Natur kaum ab und sie verleiten dazu, sie nicht sachgerecht zu entsorgen.“

Warum nur pauschalisiert das BMU über alle Biokunststoffe? Warum steckt sie die wirklich ökologischen Alternativen in einen Sack mit den unökologischen, die es ohne Zweifel gibt? Es müssten doch nur die richtigen ökologischen Leitplanken für Bioplastik angesetzt werden und schon hätten wir eine ökologisch saubere Alternative auf den Weg gebracht.

Ministerin Schulze verschüttet so den Weg zu echtem nachhaltigen Bioplastik aus Pflanzen im Bioanbau ohne Pestizide und Kunstdünger, ohne Monokulturen und zügig verrottbaren Kunstoffen, was es alles bereits in Anfängen gibt, wie es die FNR ja gut beschreibt.

Statt mit einer ökologischen Lenkungswirkung gleich den Pfad zu einer echten Kreislaufwirtschaft im Plastiksektor aufzustoßen, verbietet Schulze diesen gleich mit. In ihrer Hilflosigkeit, solche nachhaltigen Bioplastiklösungen anzustreben, macht sie lieber Ausnahmen für die dünnen fossilen Plastikverpackungen (Hemdchentüten) im Obst- und Gemüsehandel. Statt auf nachhaltige Biokunststoffe zu setzen, die mit den Gemüseresten zusammen gleich kompostierbar wären, erlaubt sie auch hier die Mikroplastik erzeugenden Tüten.

Das Plastiktütenverbot entpuppt sich erneut als Klimaschutzmogelpackung der Bundesregierung. Es wird nur sehr bedingt dabei helfen, Plastikmüll zu vermeiden. Ein großer notwendiger Klimaschutzwurf hin zu einer vollständigen gift- und abfallfreien Kreislaufwirtschaft sieht anders aus.

Quelle

Hans-Josef Fell 2019 | Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG

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