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So werden Lieferketten nachvollziehbar

„Bademode zu 50 Prozent aus recycelten Atlantikfischernetzen“ – Produzenten und Händler nutzen Werbesprüche dieser Art gerne, um Verbrauchern ihre Produkte als besonders nachhaltig oder umweltschonend zu präsentieren.

„Bademode zu 50 Prozent aus recycelten Atlantikfischernetzen“ – Produzenten und Händler nutzen Werbesprüche dieser Art gerne, um Verbrauchern ihre Produkte als besonders nachhaltig oder umweltschonend zu präsentieren. „Die Glaubwürdigkeit solcher Claims hängt von einer transparenten Rückverfolgbarkeit der Produkte und der eingesetzten Rohstoffe innerhalb der Lieferkette ab“, sagt Dr. Stefanie Vehring, Referentin für Akkreditierung und Normung beim TÜV-Verband (VdTÜV). Besonders in der Textilbranche ist dieser Nachweis jedoch sehr aufwendig. Die internationale Normung zur sogenannten Chain of Custody soll künftig branchenübergreifend Abhilfe schaffen.

Vehring: „Die Lieferkette eines einzelnen Kleidungsstücks umspannt häufig nicht nur eine Vielzahl an Stationen, sondern meist sogar Kontinente. Kommen Recycling-Anteile bei den Produkten hinzu, ist das ein weiterer Faktor, der entlang der Produktion und Lieferkette verfolgt werden sollte.“ Transparenz vom Atlantikstrand bis zum Bademodenständer zu schaffen, fällt ist entsprechend schwer. Momentan existiert zwar bereits eine Vielzahl an Systemen, nach denen komplexe Lieferketten nachgewiesen und organisiert werden können, es fehlt aber an einheitlichen Standards.

Die „Chain of Custody“
Mit der internationalen Norm „Chain of Custody“ (ISO 22095), zu Deutsch „Rückverfolgbarkeit von Lieferketten“, soll nun ein Rahmenstandard etabliert werden, der die Rückverfolgbarkeit von Produkten und Materialien aller Sparten gleichermaßen ermöglicht. Bislang gibt es solche Standards branchenspezifisch zum Beispiel für Holz oder Kakao. Mit der Norm werden erstmals allgemeingültige Definitionen, übergeordnete Ansätze für Gestaltung, Umsetzung und Organisation sowie fünf Modelle für die Ausgestaltung der Lieferketten geschaffen.

Wenn ein Hersteller nun die Lieferkette seiner Bademode mit „50 Prozent Recycling-Anteil“ nach dem Modell der „Mass Balance“ gestaltet, besteht eine komplette Bademoden-Charge zur Hälfte aus Fischernetzen. Der einzelne Bikini kann dabei auch völlig fischernetzfrei sein. Beim Ansatz des „Controlled Blending“ dagegen enthält jeder einzelne Bikini 50 Prozent Fischernetz.

Vom Claim ins Kaufhausregal
Ausgehend vom Werbespruch, der am Ende mit dem Produkt in Verbindung gebracht werden soll, kann mithilfe dieser Norm die gesamte Lieferkette organisiert werden. Dadurch wird schon zu Beginn sichergestellt, dass beispielsweise die Eigenschaft „zu 50 Prozent aus Atlantik-Fischernetz“ entlang der gesamten Lieferkette nachweisbar bleibt. Wird dagegen am Anfang das Lieferkettenmodell festgelegt, bestimmt dieses über die Eigenschaften, die dem Produkt am Ende zugeschrieben werden dürfen.

Wichtig ist die Rückverfolgbarkeit von Produkten und Materialien nicht nur am Ende der Lieferkette für die Vermarktung, sondern auch für verarbeitende Betriebe. So muss der Textilhersteller wissen, ob es sich bei den geschredderten Kunststoffresten tatsächlich um Fischernetze handelt und nicht etwa um Plastik-Nuggets aus Pfandflaschen mit anderen Materialeigenschaften, das beispielsweise seine Maschinen schädigen könnte.

Alle Stationen eines Produkts oder Materials vom Rohstoff bis zur Ladentheke sollen in der Prozesskette dokumentiert werden. Vertrauen in die Aussagen der einzelnen Glieder der Lieferkette schaffen dabei Zertifikate und Bestätigungen von unabhängigen Dritten wie den TÜV-Unternehmen. Dabei treten die einzelnen Akteure der Lieferkette entweder selbstständig an ein TÜV-Unternehmen heran und lassen die eigenen Aussagen bestätigen oder eine übergeordnete Organisation lässt den gesamten Ablauf des Prozesses bewerten.

Derzeit steht die neue Norm öffentlich zur Diskussion. Auch der TÜV-Verband hat bereits Stellung zu deren Inhalten bezogen. Nach Ablauf dieser Kommentierungsfrist werden die Reaktionen vom zuständigen internationalen Normungsgremium beraten und sinnvolle Änderungsvorschläge vor der Veröffentlichung der Norm übernommen.

Quelle
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