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mpg.de | Sergio Izquierdo | Gepard mit Mini-Sensor.

© mpg.de | Sergio Izquierdo | Gepard mit Mini-Sensor.

Forschende untersuchen, wie sich Corona-Maßnahmen auf Tiere auswirken

Die letzten Monate haben gezeigt, dass sich die Corona-Beschränkungen nicht nur auf den Menschen, sondern auch auf die Natur auswirken. In den sozialen Medien gab es zahlreiche Beiträge über ungewöhnliche Begegnungen mit Wildtieren in Ballungsräumen.

Um die Ausbreitung der Covid-19-Pandemie zu stoppen, haben viele Länder die Bewegungsfreiheit ihrer Bevölkerung eingeschränkt. Die neue „COVID-19 Bio-Logging Initiative“, an der Wissenschaftler und Wissenchaftlerinnen der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie und der Universität Konstanz beteiligt sind, untersucht, wie Tiere auf den Rückgang der menschlichen Aktivität reagiert haben. Dazu hat das Team die Bewegung verschiedener Tierarten vor, während und nach der Corona-Krise mittels Mini-Sendern verfolgt. Auf diese Weise sollen Strategien für ein besseres Miteinander von Mensch und Tier entwickelt werden.

Die letzten Monate haben gezeigt, dass sich die Corona-Beschränkungen nicht nur auf den Menschen, sondern auch auf die Natur auswirken. In den sozialen Medien gab es zahlreiche Beiträge über ungewöhnliche Begegnungen mit Wildtieren in Ballungsräumen. Scheinbar zeigten sich nicht nur mehr Tiere als sonst, es gab auch überraschende Besucher: Pumas wurden in der Innenstadt von Santiago, Chile, gesichtet, Delfine tauchten im untypisch ruhigen Hafen von Triest, Italien, auf und in diversen europäischen Städten wurden Wildtiere mehr als bisher wahrgenommen.

Andere Arten stellte der Corona-Lockdown vor neue Herausforderungen. Möwen, Ratten oder Affen, die in Ballungsräumen leben, fehlte plötzlich Nahrung. In entlegeneren Gebieten waren gefährdete Arten wie Nashörner oder Greifvögel durch eine verringerte Präsenz von Menschen einem erhöhten Risiko für Wilderei oder Verfolgung ausgesetzt.

Einblicke in das Verhältnis von Mensch und Tier

Geht es nach einem internationalen Team von Wildtierforschenden könnte der Lockdown-Zeitraum mit ungewöhnlich eingeschränkter menschlicher Mobilität, die sie als „Anthropause“ bezeichnen, wertvolle Einblicke in die Interaktion zwischen Tieren und Menschen liefern. Er ist eine einzigartige Möglichkeit zum ersten Mal auf globalem Level zu untersuchen, inwieweit die moderne menschliche Mobilität die Tierwelt beeinflusst. Um diese Gelegenheit zu nutzen, haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die „COVID-19 Bio-Logging Initiative“ gegründet. Das internationale Konsortium will Wanderungen, Verhalten und Stressniveau von Tieren vor, während und nach dem Covid-19-Lockdown untersuchen. Die Daten dafür stammen von sogenannten „Biologgern“, miniaturisierten Geräten, mit denen Tiere ausgestattet wurden.

„Weltweit haben Biologen und Biologinnen Tiere mit Mini-Sendern ausgestattet. Diese Biologger sind eine Fundgrube für Informationen zur Bewegung und zum Verhalten von Tieren, die wir jetzt zum Vorteil aller nutzen können, um die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Tier besser zu verstehen“, erklärt der Hauptautor des Artikels, Christian Rutz, Biologe an der Universität St. Andrews in Großbritannien und Präsident der International Bio-Logging Society.

Daten vieler Tierarten


© MPI f. Verhaltensbiologie / MacCine | Karte mit Wanderungsbewegungen, wie sie in der Datenbank Movebank gespeichert werden.

 

Ziel der Initiative ist es, die Daten einer Vielzahl an Tierarten zusammenzuführen, darunter Fische, Vögel und Säugetiere, um ein globales Bild der Lockdown-Effekte zu erstellen. Francesca Cagnacci, Wissenschaftlerin an der Edmund Mach Foundation in Trento, Italien, und Leiterin des Euromammals-Forschungsnetzwerks, sagt: „Die internationale Forschungsgemeinschaft hat sehr schnell auf unseren jüngsten Aufruf zur Zusammenarbeit reagiert und über 200 Datensätze für die Analyse angeboten. Wir sind sehr dankbar für diese Unterstützung.“

Den Mitgliedern der Initiative zufolge können mit den Daten bisher unlösbare Fragen beantwortet werden. „Wir können untersuchen, ob Tiere in unserer heutigen Landschaft vor allem durch bauliche Strukturen wie Straßen und Gebäude oder durch die Anwesenheit des Menschen beeinträchtigt werden. Das bietet großartige Möglichkeiten“, erklärt Matthias-Claudio Loretto, Marie-Skłodowska-Curie-Stipendiat am Konstanzer Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie. Thomas Müller, Wildtierforscher am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum und der Goethe-Universität Frankfurt, ergänzt: „Auch in Europa haben viele Wissenschaftsteams Tiere mit Sendern ausgestattet, deren Daten wir nutzen können. Damit könnte man solche Studien unter anderem an Wildkatzen, Bären, Rehen und Rothirschen durchführen.“

Die Erkenntnisse des Projekts werden zu innovativen Vorschlägen für ein besseres Zusammenleben von Mensch und Tier führen, so Martin Wikelski, Direktor am Konstanzer Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie und Mitglied des Exzellenzclusters Centre for the Advanced Study of Collective Behaviour der Universität Konstanz. „Niemand fordert Menschen auf, dauerhaft im Lockdown zu bleiben. Aber womöglich werden wir feststellen, dass relativ geringfügige Änderungen unseres Lebensstils und unserer Infrastruktur zu erheblichen Vorteilen für Ökosysteme und Menschen führen.“

mpg.de | Sergio Izquierdo | Stockente mit GPS-Sender.
Quelle

Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie 2020

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