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Gegen Fake News in der Klima-Debatte

Ob wir die Treibhausgas-Emissionen drastisch senken können, hängt auch von der Qualität des demokratischen Diskurses ab. Eine MCC-Studie geht diesem Zusammenhang auf den Grund.

Polarisierung der Gesellschaft, Auftrieb für populistische Parteien, Verbreitung von Falschinformationen („Fake News“): Aus Furcht vor solchen Konsequenzen schrecken Regierungen oft vor ambitionierter Klimapolitik zurück – der Kampf gegen die Erderwärmung ist damit auch eine Frage der politischen Kultur und der Kommunikation. Was konkret passieren muss, damit der demokratische Diskurs leistungsfähiger und robuster wird, beleuchtet eine Studie des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Die Studie wurde kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Moral Philosophy and Politics veröffentlicht.

„Mit gezielten Reformen lässt sich durchaus bewirken, dass sich die Menschen in der Klima-Debatte weniger hinter festgefahrenen Meinungen verschanzen“, sagt Dominic Lenzi, Forscher in der MCC-Arbeitsgruppe Wissenschaftliche Assessments, Ethik und Politik und Autor der Studie. „Es geht um innovative Formate des Meinungsaustauschs, Wettbewerb in der Medienlandschaft, strategische Kommunikation der Klimaschutz-Maßnahmen, finanzielle Anreize für die Bürger und neue Akzente im Bildungsbereich.“

Im Gegensatz zu herkömmlichen politischen Diskursen befähigt das Konzept der „Deliberation“ die Bürger, Überzeugungen wirklich durch Austausch von Argumenten zu bilden, auf Basis gegenseitigen Respekts. Deliberative Formate wie sogenannte Mini-Öffentlichkeiten können den Klimawandel in den Blick nehmen und Maßnahmen vorschlagen. Beispielhaft ist hier Irland mit der im Jahr 2016 für anderthalb Jahre eingerichteten Bürgerversammlung: Sie war zwar nach Alter, Geschlecht, Einkommen und regionaler Herkunft exakt repräsentativ, bestand aber aus zufällig ausgewählten normalen Bürgern – und sorgte mit Ideen, die dann im regulären Parlament beschlossen wurden, für einige überraschende politische Durchbrüche. Auch die britische Regierung hat jetzt landesweit Plattformen initiiert, um die Antwort auf den Klimawandel zu erörtern. „Solche Formate können die Polarisierung in einer Gesellschaft deutlich verringern“, empfiehlt der MCC-Forscher.

Allerdings kommt die Studie zu dem Schluss, dass für die erforderlichen schnellen Fortschritte im Klimaschutz auch „Nudging“ nötig ist. Damit sind Reformen gemeint, die Informationen über die Erderwärmung besser zugänglich machen oder entsprechende Verhaltensänderungen des Einzelnen gezielt honorieren. „Der Staat kann es damit übertreiben und seine Bürger wie kleine Kinder behandeln – aber es gibt auch Formen, die mit einer deliberativen Debattenkultur gut vereinbar sind“, urteilt Lenzi. „Eine bedeutsame Quelle für Nudging sind die Medien – daher kommen Sanktionen gegen das absichtliche Verbreiten von Fake News ebenso in Betracht wie zusätzliche Mittel für kritische Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.“

Lenzi hält es für wichtig, dass auf beiden Seiten der Debatte Experten mit unterschiedlichen Wertvorstellungen zu Wort kommen. „Wir sollten uns jedoch vor einem falschen Gleichgewicht der Meinungen hüten, z. B. indem Klimaskeptiker als wissenschaftliche Experten präsentiert werden.“ Sanktionen in Bezug auf klimaschädliches Verhalten seien durchaus eine Option – vor allem wenn zum Thema Klimawandel bewusste Desinformation kursiert. „Und schließlich sollte das Bildungssystem das Verständnis für wissenschaftliche Erkenntnisprozesse stärken.“ 

Quelle

Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) 2019

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