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MPI-P | Künstlerische Darstellung der Schicht-Struktur in einer Perowskitsolarzelle. Mit einer Spitze über der Oberfläche können die Spannungsverhältnisse in der Zelle gemessen werden. Vorne dargestellt ist die atomare Struktur des Perowskit-Materials.

© MPI-P | Künstlerische Darstellung der Schicht-Struktur in einer Perowskitsolarzelle. Mit einer Spitze über der Oberfläche können die Spannungsverhältnisse in der Zelle gemessen werden. Vorne dargestellt ist die atomare Struktur des Perowskit-Materials.

Was passiert in einer Solarzelle, wenn das Licht ausgeht?

Was in einer Solarzelle passiert, wenn das Licht ausgeht, hängt stark vom verwendeten Material ab. Mainzer Forscher entschlüsseln langsame Prozesse in neuartigen Perowskitsolarzellen.

In herkömmlichen Siliziumsolarzellen, wie man sie typischerweise auf Hausdächern oder in Taschenrechnern findet, ist die Antwort sehr einfach: der Strom, den die Zelle produziert, geht sofort auf Null zurück. Ganz anders ist dies in sogenannten Perowskitsolarzellen: Hier liefert die Zelle noch für einen kurzen Moment weiter Strom. Umgekehrt dauert es aber auch einen Moment, bis sie nach dem Einschalten des Lichts den vollen Strom liefert. Dieser ungewollte Effekt wird Hysterese genannt. Was genau hinter der Hysterese steckt war bislang nur sehr unzureichend verstanden. Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung in Mainz konnten nun die in einer Perowskitsolarzelle ablaufenden Prozesse mit hoher Präzision vermessen.

Perowskitsolarzellen elektrisieren derzeit die Solarzellenforscher: Dieses neue, billige und einfach zu verarbeitende Material hat nahezu ideale physikalische Eigenschaften für die Umwandlung von Licht in elektrischen Strom: Da es pechschwarz ist, reicht eine hauchdünne Schicht von weniger als einem tausendstel Millimeter aus, um das gesamte einfallende Sonnenlicht zu absorbieren. Gleichzeitig ist es ein sehr guter elektrischer Leiter, der die erzeugten elektrischen Ladungen schnell und effizient an die Kontakte und daran angeschlossene Geräte abgeben kann. So können Perowskitsolarzellen heute mit einer Effizienz von 22,7 % bei der Umwandlung von Lichtenergie in elektrische Energie bereits die besten multikristallinen Siliziumsolarzellen übertreffen (22,3 %). Um die Effizienz weiter steigern zu können und um Perowskitsolarzellen fit für die Kommerzialisierung zu machen ist es jedoch für die Forscher sehr wichtig, alle Prozesse zu verstehen, die in der Solarzelle beim Betrieb auftreten.

Gemeinsam mit Forschern der École polytechnique fédérale de Lausanne ist es der Gruppe um Juniorprofessor Dr. Stefan Weber und Gruppenleiter Dr. Rüdiger Berger (AK Prof. Butt) vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz gelungen, die Prozesse nach dem Ausschalten des Lichts zu entschlüsseln. Dazu haben die Forscher Solarzellen gezielt in der Mitte durchgebrochen und auf einer kleinen, wenige millionstel Meter breiten Fläche glattpoliert. In einem Rasterkraftmikroskop haben sie dann eine dünne Metallspitze über der Querschnittsfläche der Solarzelle positioniert. Diese Metallspitze ist an ihrem Ende nur etwa 10 Nanometer breit – mehr als zehntausendmal dünner als ein menschliches Haar. Mit dieser als Kelvinsondenmikroskopie bekannten Methode konnten die Forscher die elektrische Spannung auf der polierten Querschnittsfläche unmittelbar unter der Spitze ausmessen. Mit einer eigens entwickelten Varianter dieser Messtechnik konnten die Mainzer nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich hochauflösend den Spannungsverlauf in den einzelnen Schichten der Solarzelle vermessen.

Der Spannungsverlauf in der Solarzelle ist deshalb so interessant, weil er maßgeblich die Trennung der durch das Licht erzeugten elektrischen Ladungen beeinflusst: Aufgrund der elektrostatischen Kräfte wandern positive Ladungen zum Minuspol und negative Ladungen zum Pluspol der Spannung. Auf der beleuchteten Querschnittsfläche der Solarzelle entdeckten die Mainzer Wissenschaftler eine Ansammlung von Ladungen am Rand der Perowskitschicht, die auch nach dem Abschalten des Lichts noch für einen kurzen Augenblick stabil war. „Diese Ladungen an den Grenzflächen des Perowskits spielen die Hauptrolle für die Hysterese, da sie auch nach dem Ausschalten des Lichts für etwa eine halbe Sekunde ein elektrisches Feld in der Zelle aufrecht erhalten“, sagt Stefan Weber. „Umgekehrt bedeutet das, dass Hysterese durch gezielte Modifikationen an diesen Grenzflächen beeinflusst oder ganz unterdrückt werden kann.“ Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Anwendung von Perowskitsolarzellen. Ihre Ergebnisse haben die Forscher kürzlich in dem renommierten Journal Energy Environmental Science veröffentlicht.

  • Originalpublikation: Weber, S.A.L; Hermes, I.M.; Turren Cruz, S.H.; Gort, C.; Bergmann, V.W.; Gilson, L; Hagfeldt, A.; Grätzel, M; Tress, W; and Berger, R. How the Formation of Interfacial Charge Causes Hysteresis in Perovskite Solar Cells, Energy Environmental Science (http://dx.doi.org/10.1039/C8EE01447G)
Quelle

Max-Planck-Instituts für Polymerforschung 2018

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