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Das Unwort der Rechten

Das „Unwort des Jahres“ lautete diesmal „Klimahysterie“. Eine rechte Gruppe hat als Gegenentwurf ihr eigenes Unwort gekürt.

Eigentlich sollte man meinen, dass alles, was aus der linksversifft-gesellschaftlichen Kulturecke kommt, ein Graus ist für die rechte Hobby-Intelligenzija. Bei der Wahl zum „Unwort des Jahres“, das jährlich von einem mehr oder weniger progressiven Gremium vergeben wird, verhält es sich jedoch anders. Hier wollen die Rechten seit 2017 vom Rand nicht nur ablehnen, sondern auch ein bisschen mitspielen.

Die üblichen Verdächtigen haben sich dafür um den aus der „Mainstream“-Presse geschassten Matthias Matussek geschart: unter anderen der vorbestrafte und dem bayerischen Verfassungsschutz bekannte Michael Stürzenberger, Michael Klein von „Sciencefiles“ sowie Lisa Licentia, letztere angeblich Aussteigerin der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ und eigentlich eher auf Youtube zu Hause.

Auf den einschlägigen Portalen wie „PI-News“, dem Hausmedium der extremen Rechten, oder „Journalistenwatch“, von der Zeit als „rechtsäußerer Rand des Internets … im Dunstkreis der AfD“ eingestuft, durfte die Leserschar abstimmen – um damit der universitären „Unwort“-Juryaus Darmstadt mal zu zeigen, was eine rechte Harke ist.

Trotzig als das „Wahre Unwort des Jahres“ betitelt und damit als expliziter Gegensatz zur Lügenwissenschaft aufgebaut, fiel die Wahl auf „Klimaleugner“, ein Begriff, der den Leugner des menschengemachten Klimawandels sprachlich unsauber verknappt.

Die Wahl verwundert einigermaßen, immerhin standen mit „Kapitänin Rackete“ und „Greta“ noch zwei waschechte Feindbilder der Klimawandel-Leugner-Szene zur Wahl, wobei die Frage erlaubt sei, wie es reale Personen auf eine „Unwort“-Liste schaffen.

Klimaleugner kleben an ihrem Thema
Selbst wenn man die ehemalige Sea-Watch-Kapitänin und jetzige Extinction-Rebellion-Aktivistin Carola Rackete als den Inbegriff der von rechts so verhassten Menschenrettung begreift und Greta Thunberg als Sinnbild für die nicht minder verabscheute Fridays-for-Future-Bewegung: Beide Frauen werden über ihre Namen in einem „Unwort“ versachlicht, wenn nicht gar enthumanisiert.

Aber wen schert das schon, schließlich war hier eine Fachjury zugange, die zwar eine Idee aus der Sprachwissenschaft abkupfert, ansonsten aber alles in ihre Liste donnert, was im Propaganda-Betrieb als Gleitmittel taugt.

Interessant ist, dass wohl unwissentlich mit „Klimaleugner“ quasi der Gegenbegriff zur „Klimahysterie“ gewählt wurde – dem offiziellen „Unwort“.

Was sagt uns das? Zum einen ist mit „Klimahysterie“ ein Vorwurf in den gesellschaftlichen Sprachgebrauch auch jenseits der rechten Schmuddelecken eingedrungen, der die berechtigte Sorge um die Zukunft des Planeten auf eine irrational-pathologische Ebene hebt.

Zum anderen klebt die Rechte (hysterisch?) am Thema und hat sich darauf eingeschossen, die Klimapolitik als abgekartetes Spiel einer vermeintlichen Entscheidungselite zu begreifen. Die ist, trotz ihrer Ignoranz in Sachen Klima, generell Feindbild und erzürnt das Herz am rechten Fleck, das seine hochgeschätzte Heimat offenbar nicht vor der Klimakrise retten möchte.

Hier kreuzen sich einmal mehr die Wege von Teilen des sogenannten bürgerlichen Milieus mit jenen der Rechten, die ja öffentlich verachtet werden, aber in der Klima-Causa auf einer ähnlichen Welle reiten.

Ob das diesjährige „Wahre Unwort“ eine weitere Brücke geschlagen hat? Immerhin sitzen die „Klimaleugner“, egal ob extrem rechts oder mittig der Mitte, im selben Boot. Oder unter derselben deutschen Eiche.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Katja Thorwarth) 2020 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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