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Erneuerbare Energien: Sonne und Wind 1/3

Geschenke des Himmels: Wir haben kein Energieproblem – aber die falschen Energiequellen. HÖRZU-Autor Franz Alt weist in einer dreiteiligen Serie Wege in die Zukunft.

Sonnenenergie – Die Populäre!
Vor 20 Jahren waren erneuerbare Energien ein Traum von Wenigen. Heute sind sie eine Hoffnung für Viele. Und morgen werden sie eine Notwendigkeit für alle sein. Denn alle alten Energiequellen, denen wir unseren bisherigen Wohlstand verdanken, gehen in den nächsten Jahrzehnten zu Ende: Kohle, Erdgas, Erdöl und auch Uran zum Betreiben von Atomkraftwerken. Was aber dann? Und was, wenn wir den Klimawandel nicht stoppen?
 
Der Bau eines AKW braucht mit Planung  und Genehmigungszeiten 15 bis 20 Jahre – eine Solaranlage ist in wenigen Tagen installiert und eine Windanlage in wenigen Monaten genehmigt und aufgestellt. Deshalb geht es im ersten Teil dieser Hör-Zu-Serie um Sonnen- und Windenergie. Es folgen Wasserkraft und Bioenergie und schließlich Meeresenergie und Erdwärme.
 
Die Sonne ist der Motor allen Geschehens auf unserem Planeten. Sie ist über fünf Milliarden Jahre alt und wird uns noch weitere sieben Milliarden Jahre scheinen. Jedes Jahr schickt sie 350 Millionen Milliarden (350 000 000 000 000 000) Kilowattstunden Strahlungsenergie auf unseren Planeten. Alle irdischen Energiequellen verdanken wir der Sonne: das Holz der Wälder und die Pflanzen der Felder, aber auch Kohle-, Erdöl- und Erdgaslager, in denen Sonnenenergie von Millionen Jahren gespeichert ist.
 
Allein die Sonnenstrahlen, die am heutigen Tag die Erde erreichen, können unseren Energiebedarf für 180 Jahre decken. Die Sonne ist unsere unerschöpfliche Energiequelle. Ohne Sonne kein Leben!
 
Die Sonnenstrahlen sind das große Geschenk des Kosmos an uns. Die Sonne war, ist und bleibt die einzige Einnahmequelle unseres Planeten. Seit Jahrtausenden leben wir von diesen Gewinnen. Und trotzdem wird die Sonne auf geradezu tragische und sträfliche Weise unterschätzt.
 
 
Astrophysiker haben dieses Szenario ausgerechnet:

  • Wenn morgen die Sonne ausfiele, hätten wir schon nach 24 Stunden global minus 15 Grad Celsius.
  • Nach drei Tagen ohne Sonne würde die Temperatur auf der Erde im Durchschnitt minus 40 Grad betragen.
  • Nach fünf Tagen wäre es so kalt (minus 80 Grad), dass kein Auto mehr anspringen würde.
  • Nach einer Woche hätten wir schon minus 173 Grad. Alles Leben wäre tot.

Etwa 99 % der Wärme, die wir haben und brauchen, verdanken wir schon immer und grundsätzlich der Sonne, ohne etwas dafür tun oder gar bezahlen zu müssen. Lediglich das eine Prozent Restenergie für ein halbwegs angenehmes Leben und für den inzwischen erreichten Wohlstand müssen wir uns mit Hilfe von Technik und fossil-atomaren Rohstoffen besorgen. Das ist künftig und für alle Zeit relativ einfach mit erneuerbaren Energiequellen – hauptsächlich mit der Sonne – möglich und nötig. 

Die direkte Sonnenenergie ist – ebenso wie die indirekten solaren Energiequellen Wind, Bioenergie, Wasserkraft, Wellenenergie, Erdwärme – umweltfreundlich, nicht gefährlich wie Atomenergie und nicht klimazerstörend wie fossile Energie und vor allem preiswert. Sonne und Wind schicken uns keine Rechnung. Den Stoff gibt es immer umsonst. Das ist der große ökonomische Vorteil der künftigen ökologischen Energieversorgung. 
 
Unbewusst sind diese natürlichen Zusammenhänge den meisten von uns klar. Deshalb ist Sonnenenergie, die Energie von ganz, ganz oben, in Deutschland mit 93 % Zustimmung auch die populärste aller Energiequellen. 
 
Einer der häufigsten Einwände gegen die Produktion von Solarstrom heißt: Das Herstellen von Solarmodulen benötige mehr Energie als Module je gewinnen könnten. Richtig aber ist, dass heutige Solarmodule bereits nach zwei bis drei Jahren soviel Strom produzieren wie notwendig war zu ihrer Fertigung. 
 
Häufig wird auch behauptet, Solarstrom sei noch zu teuer. Das ist richtig, wenn die Folgekosten der alten Energieträger unterschlagen werden. Aber schon in etwa acht Jahren dürfte Solarstrom eine der preiswertesten Energiequellen sein. Ihr Preis hat sich in den letzten 10 Jahren bereits halbiert.
 
Was fast niemand weiß: Solarstrommodule können vier- bis fünfmal recycelt werden. Das bedeutet, dass ihre Lebensdauer 150 Jahre und mehr beträgt. Eine günstigere Energiebilanz gibt es kaum. 
 
Unzählige Dach-, Brach- und Leerflächen in fast allen Ländern der Welt bieten die Chance, den Energiebedarf der Zukunft zu decken. Sonnige Aussichten also fürs Klima und für den Geldbeutel. Eine Stadt wie Münster kann zu 70% seinen Strombedarf allein mit Solaranlagen auf ihren Dächern decken – die meisten Dörfer sogar zu 100 %. 
 
Die Wirtschafts- und Arbeitsplatzkrisen in der nördlichen Erdhälfte sind ebenso wie das Hungerproblem in der südlichen Erdhälfte nur mit erneuerbaren Energiequellen zu lösen. Die Zerstörungsenergien, die wir heute benützen, müssen durch die Erneuerungsenergien aus der Sonnenkraft ersetzt werden. Nur eine Rückkoppelung an die Sonne garantiert Frieden, Fortschritt und Überleben. Die Sonne ist unser Rettungsanker.
 
Die gerade beginnende globale Solar-Evolution  impliziert eine völlig neue Perspektive für die Menschheit. Die Rückkehr zur Sonne bedeutet eine Humanisierung der industriellen Revolution auf dem ganzen Planeten. Globale Sonnenpolitik führt zu einer solaren Weltwirtschaft, zur ersten globalen Revolution überhaupt – die Lösung der Energiefrage füralle Zeit.
 
Was aber, wenn die Sonne nicht scheint?
 
Windenergie – Die Dynamische!                                                                
Der zweitgrößte Erdölkonzern der Welt, BP, beantwortet in seinen neuesten Anzeigen die selbstgestellte Frage: „Wird die Windenergie weiter wachsen?“ so: „Mit Sicherheit“. Und Chinas Umweltminister erzählte mir, warum sein Land jetzt in Windeseile auf Windenergie setzt: „Bei keiner anderen Energiequelle haben wir eine solche Investitionssicherheit wie bei Erneuerbaren Energien. Wir installierten deshalb jetzt viele Tausend Windräder, weil wir schon heute exakt wissen, was der Windstrom in 10 oder 20 Jahren kostet. Wir finanzieren das Windrad und bekommen dann 20 Jahre den Stoff umsonst.“
 
Nicht nur die Sonne, auch der Wind schickt uns keine Rechnung. Ein unschlagbarer ökonomischer Vorteil der ökologischen Energieversorgung von morgen.
 
Solarenergie ist die populärste erneuerbare Energiequelle in Deutschland. Aber in den letzten 15 Jahren war die Windkraft die dynamischste aller Energieträger überhaupt – sie hat sich weltweit verzehnfacht, in Deutschland seit 1990 sogar verhundertfacht. Bis 2020 will das „Reich der Mitte“ seinen Windstrom gegenüber heute mehr als verzehnfachen. „Vorbild ist die Entwicklung in Deutschland“, sagten mir chinesische Gesprächspartner.
 
Deutschland ist Windweltmeister – noch. Denn in den USA, Indien, China und Spanien wächst der Ausbau des Windstroms zurzeit schneller als in Deutschland. Vor allem in Süddeutschland haben bürokratische Hürden sowie windiger Protest von nicht informierten Bürgerinitiativen und atomkraftabhängigen Landesregierungen den zügigen Ausbau der umweltfreundlichen Windkraft bislang verhindert.
 
Windkraft ist wie die Sonne ein kostenloses Geschenk des Himmels, das uns für alle Zeit zur Verfügung steht – ohne Dieselruß und ohne atomare Abfälle zu hinterlassen. Allein hierzulande erspart sie der Umwelt jedes Jahr schon heute 30 Millionen Tonnen Treibhausgase. Um Öl werden Kriege geführt, aber die Windkraft wird nie ein Kriegsgrund sein. Jedes Windrad ist ein Zeichen des Friedens.
 
Auch Terroristen werden nie einen Anschlag auf ein Windrad verüben, denn da passiert ja nichts – sie müssten sich eher schämen. Terroristen können jedoch relativ leicht mit einem Flugzeug wie am 11. September 2001 oder gar mit Hilfe von Atomwaffen – wie Innenminister Wolfgang Schäuble zu Recht fürchtet – einen fürchterlichen Anschlag auf ein Atomkraftwerk organisieren.
 
Die Produktion von Windrädern in Deutschland hat bereits bis 2007 über  90.000 Arbeitsplätze geschaffen (in Atomkraftwerken sind noch 38.000 Menschen beschäftigt). Zwei Drittel der hier produzierten Windräder gehen ins Ausland – auch in die USA, nach Frankreich, China und Osteuropa. In den letzten Jahren habe ich in Australien und Neuseeland, in Indien und China, in Taiwan und Südkorea, in Brasilien und Argentinien deutsche Windräder gesehen. Endlich hat Deutschland wieder einen Exportschlager.
 
Auf der Ostseeinsel Fehmarn drehen sich 150 Windräder und bringen viermal mehr Strom, als alle 12.000 Einwohner der Insel und die drei Millionen Übernachtungsgäste zusammen verbrauchen. Ein Bürgermeister auf Fehmarn berichtete mir von anfänglichem Widerstand gegen die Windmühlen, der jedoch abebbte, als sich die Bewohner von den realen Vorteilen einer umwelt- und klimafreundlichen Energiegewinnung vor Ort überzeugen konnten.
 
2005 durfte ich in der Gemeinde Dardesheim in Sachsen-Anhalt einen Windpark mit 19 Windrädern einweihen – 2006 kamen weitere 15 dazu und vor kurzem wurde dort das größte Windrad der Welt errichtet, eine Sechs-Megawatt-Anlage. Die kleine Gemeinde mit etwa 1.500 Einwohnern produziert jetzt sauberen Strom für beinahe 200.000 Menschen. Allein dieser Windpark erspart der Umwelt jedes Jahr 160.000 Tonnen Treibhausgase.
 
Die Windenergie sorgt heute in Deutschland bereits für etwa 7 Prozent des Stroms – Voraussetzung für diesen Erfolg ist eine Volksbewegung von unten. Etwa 250.000 Menschen haben ihr Geld in Windräder investiert. 
 
Mit Erzeugungskosten zwischen 4 bis 7 Cent pro Kilowattstunde ist Windstrom bereits die preiswerteste aller erneuerbaren Energien. Klar ist: Wer Windparks ablehnt, nimmt mit dieser Haltung den Bau von Kohlekraftwerken oder längere Laufzeiten von Atomkraftwerken in Kauf. Die Deutschen sind zu 70 % gegen Atomkraft. Dann kann man jedoch seriöser weise nicht auch noch gegen Windkraft sein. Denn irgendwo muss ja unser Strom herkommen.  Nach dem Motto: „Wir sind einfach gegen alles – gegen Atomkraft und gegen Windkraft“ wird das Land mit Sicherheit nicht zukunftsfähig.

Windkraft statt Atom
Für den Aufbau einer erneuerbaren Energiewirtschaft ist es höchste Zeit. Der Klimawandel vollzieht sich so dramatisch schnell, dass wir das Denken in den alten Energiestrukturen rasch überwinden müssen. 
 
Das  Bundesland Sachsen-Anhalt  produziert 2008 über 36% seines Stroms über Windmühlen. Wenn alle Bundesländer, auch die süddeutschen, diesem Beispiel gefolgt wären, hätten wir in ganz Deutschland bereits doppelt so viel Windstrom wie heute.
 
Teil 2: Biogas und Wasser mehr

Quelle

Franz Alt 2008 | Erstveröffentlichung HÖRZU 24|2008

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