‹ Zurück zur Übersicht
Depositphotos | dusan964

© Depositphotos | dusan964 | Symbolbild | Die Fischbestände der Oder sind vielseitigen Belastungen ausgesetzt

Geophysiker warnt vor Massensterben in diesem Jahrhundert

Ursache ist zu viel CO2 in der Luft. Ob der Klimawandel menschengemacht sei, spiele dabei keine Rolle. Von Daniela Gschweng

Wird weiter so viel Kohlendioxid in die Meere eingetragen, könnten die Meere in den kommenden hundert Jahren einen Kipppunkt erreichen. Dieser kann ein Massenaussterben auslösen, sagt der Geowissenschaftler Daniel H. Rothman. Ob der Klimawandel menschengemacht sei oder nicht, spiele dabei keine Rolle.

Rothmans Aussage stützt sich auf die Analyse vergleichbarer Ereignisse in der Geschichte. In einer im US-Magazin «PNAS» veröffentlichten Studie untersuchte Rothman die Brüche im Verhalten des Kohlenstoffkreislaufs der Meere in den vergangenen 540 Millionen Jahren. Nur einige davon führten zu einem Massensterben im Meer. Bei insgesamt fünf solcher Ereignisse gingen jedoch drei Viertel der marinen Arten verloren, stellte Rothman schon 2017 fest. Die Veränderung der Umweltbedingungen geschah so schnell, so heftig oder unter so ungünstigen Umständen, dass die Evolution nicht Schritt halten konnte.

Die Ursache der CO2-Katastrophen spielt keine Rolle

Die Ursachen für den CO2-Eintrag waren verschieden. Ob Methanansammlungen, Vulkanausbrüche oder Meteoriteneinschläge, die Brüche verhielten sich jedoch immer gleich. Das sei nicht weiter verwunderlich, sagt der Professor der Geophysik und Co-Direktor des Lorenz-Zentrums im MIT Department of Earth, Atmospheric and Planetary Sciences. In einem Interview mit «The Real News» beschreibt er, warum. Im Grunde ist seine Untersuchung die mathematische Abbildung eines dynamischen Systems, hinter dem immer der Kohlenstoffkreislauf steckt.

Nur vergleichsweise wenige Klimaveränderungen haben zu einem Massensterben im Meer geführt. Rothman stellte fest, dass es zwei Arten dieser fatalen Veränderungen gab. Die, die schnell und intensiv geschahen, und die, die sich langsam vollzogen. Bei den langfristigen Änderungen, die Zehntausende von Jahren dauerten, spielte es eher eine Rolle, in welcher Geschwindigkeit CO2 ins System eingebracht wurde. Bei kurzfristigen Brüchen war die Menge entscheidend.

Ist die Schwelle überschritten, setzt eine Kettenreaktion ein

Was beiden Kategorien noch gemein war: Wurde eine Schwelle überschritten, setzte dies eine Kettenreaktion in Gang. Rothman erklärt das damit, dass der Kohlenstoffkreislauf der Ozeane in einem gewissen Rahmen pendeln kann. Wird dieser Rahmen überschritten, setzt eine Kaskade weiterer Ereignisse ein.

Geologen rechnen in Zeiträumen von Hunderten, Tausenden oder Zehntausenden Jahren. Die derzeitige Änderung des CO2-Gehaltes der Luft und damit der Ozeane hat nach diesen Massstäben also gerade erst begonnen. Die Geschwindigkeit, mit der sie geschieht, ist höher als alles bisher Dagewesene, was jedoch eine untergeordnete Rolle spielt. Bei schnellen Veränderungen sei die CO2-Menge entscheidend, die ins System kommt, betont Rothman. Sollte also noch mehr CO2 in die Ozeane gelangen, könnten wir noch in diesem Jahrhundert einen fatalen Kipppunkt erreichen.

Es könne zu einem «sechsten Massensterben» kommen

Ganz exakt ist diese Aussage nach zeitlichen Massstäben nicht. Am besten übersetzt wird sie mit «sollten die Ozeane weiter versauern, haben wir in 50, 100 oder vielleicht auch 200 Jahren den Point of no return erreicht, bei dem es zu einem sechsten Massenaussterben kommen kann». Was – wissenschaftlich gesehen – danach geschieht, sei noch nicht genau erforscht, erklärt Rothman. Seine Studie sei ein erster Versuch, das herauszufinden. Sicher sei nur, dass, sollte sich nichts ändern, es einen Bruch geben werde, der sich erst in etwa zehntausend Jahren voll auswirken werde. Ob dieser Prozess von Menschen umkehrbar sei, hänge davon ab, wie gut man ihn verstehe.

Quelle

Der Bericht wurde von
der Redaktion „INFOsperber.ch“ (Daniela
Gschweng) 2019 verfasst
 –
der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! 

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren