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Glück als entscheidender Zukunftsfaktor

Planetary Consciousness Award für Rüdiger Fox – Bhutan lehrte uns als erstes Land: Das „Bruttosozialprodukt“ ist und misst nicht alles – und ergänzte dies um das „Bruttoglücksprodukt“ mit neun Glücksfaktoren statt nur einem.

Rüdiger Fox übertrug dies auf die Unternehmensebene. Und wies nach, dass die neun Gross Corporate Happiness Faktoren nichts weniger sind als die neuen Erfolgsfaktoren der Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Zurecht erhielt nach Kofi Annan, Michail Gorbatschow, Nelson Mandela, Hans Küng und Muhammad Yunus in diesem Jahr Rüdiger Fox den renommierten Planetary Consciousness Award.

Sein Credo: „Unternehmerischer Erfolg wird immer mehr vollständig abhängig von einer zutiefstmenschlichenund nachhaltigen Unternehmenskultur.“ Dies war seine berufspraktische Erfahrung bei sieben erfolgreichen Unternehmensrettungen in Serie sowie das Ergebnis seiner parallelen wissenschaftlichen Forschungsarbeit, nachdem er sich die Mission zu eigen machte, den „Gross National Happiness“ von Bhutan um einen „GrossCorporate Happiness“ Ansatz zu ergänzen: Konsequente Glücksorientierung in Unternehmen von der Mitarbeiterförderung bis zum Unternehmenszweck – Glück als das neue Schlüsselnarrativ unternehmerischen Handelns. Doch der Reihe nach.

Wie sich „Gross National Happiness“ zum Kern eines sich etablierenden neuen Wirtschaftsverständnisses entwickelte

Dem viel zu eng monetär aufgesetzten „Bruttonationalprodukt“ (BNP) stellte Bhutan bereits 1972 ein ganzheitliches „Bruttonationalglück“ gegenüber, das neun Schlüsselfaktoren umfasst (gemessen über insgesamt 37 Einzelindikatoren) statt nur einen:

  • ein adäquater Lebensstandard (der dem BNP nahekommt)
  • eine unbeeinträchtigte Gesundheit
  • eine ganzheitliche Bildung
  • gute Regierungsführung
  • Schutz der Umwelt
  • Schutz der Kultur
  • vitales Gemeindeleben
  • ausgewogene Zeitnutzung und
  • psychisches Wohlbefinden

2011, fast 40 Jahre später, verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen einstimmig eine Resolution, die alle Länder dazu auffordert, ähnlich erweiterte Messgrößen weit jenseits des BNP einzuführen. Immer mehr Länder bewegen sich seither Zug um Zug in diese Richtung. Ein Höhepunkt auf diesem Weg war die ebenfalls einstimmige Verabschiedung der Sustainable Development Goals durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2015. Diese definierten nichts anderes als wesentliche konkrete Meilensteine zur systematischen globalen Umsetzung der Gross National Happiness Indikatoren.

Parallel zu diesem Prozess integrieren auch immer mehr Ökonomen den Bhutan-Impuls in ihrem Ökonomieverständnis und verbinden sich zu Initiativen wie „Global Solutions“, die sich der Entwicklung und Etablierung eines neuen Narrativs einer zukunftsfähigen Ökonomie verschreiben. In die Abschlusserklärung von 321 international führenden Wirtschafts-Thinktanks schrieben sie dem G20-Gipfel 2017 ins Stammbuch: „Wir werden nur noch erfolgreich sein, wenn wirtschaftliche Entwicklung die gleichrangige Integration von sozialinklusivem, menschen- und ökosystem-orientiertem Denken leistet.“ Selbst der Gründer des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, stellte die Frage: „Was können wir tun, um die Vierte Industrielle Revolution zur Förderung des Gemeinwohls zu nutzen?“

Durchbruch mit „Gross Corporate Happiness“

Die Idee, die Rüdiger Fox als Antwort auf diese Frage schon lange umtrieb: Die Prinzipien des „Bruttonationalglücks“ konsequent, schlüssig, vollumfänglich, nachhaltig und wirkungsstark erfolgreich auf ein zudem messbares „Bruttounternehmensglücks“ anzuwenden. Er erkannte nicht nur das Potenzial des Bruttonationalglücks für eine erfolgreiche Gestaltung einer nachhaltigen und dynamischen Gesellschaft durch die Politik. Er erkannte darüber hinaus als einer der ersten, wenn nicht als erster, das immense Potenzial der Übertragung dieser Prinzipien auf die Transformation von Unternehmen zu zukunftsfähigen Unternehmen.

Für den Nachweis seines Ansatzes suchte sich Fox bewusst immer besondere Turn-Around-Herausforderungen. Seit Ende der 1990er Jahre leitete er sechs mittlere und große Konzerngesellschaften der Automobil-, Telekommunikations- und Luftfahrtindustrie in ihren schwierigsten Krisen- und Umbruchzeiten, gegenwärtig das Textilunternehmen Sympatex. Und er tat dies immer mit einem sehr ungewöhnlichen Ansatz: statt Entlassungswelle alles auf höchste Wertschätzung der Mitarbeiter als „das wahre Kapital jedes Unternehmens“ setzen, statt Kürzungswelle offensives investieren in die Förderung und Teilhabe der Mitarbeiter und deren Aktivierung als Innovatoren neuer nachhaltiger Geschäftsmodelle als die neue Königsdisziplin von Management. Wie er dies tat, weckte unter anderem auch die Aufmerksamkeit des Königshauses von Bhutan, das ihn 2011 einlud, die Prinzipien des Bruttonationalglücks in ihrem Land gründlich zu studieren, was er dann auch tat.

Und er schloss daran eine noch weiterreichendere Entscheidung: Wenn sich „Corporate Happiness“ tatsächlich als „Unternehmensführung 4.0“ durchsetzen sollte, bedarf es dazu nicht nur entsprechender unternehmenspraktischer Erfahrungswerte, sondern tiefgreifender und grundlegender Forschung. Er entschied sich, diese selbst zu leisten. 2014 legte er seine Dissertation „Mitarbeitermotivation im Unternehmen. Begründung und Validierung des ‚Gross Corporate Happiness‘-Ansatzes für die Wirtschaft – Theoretische Herleitung und empirische Faktorenanalyse“ vor und 2017 das wissenschaftliche Grundlagenwerk „The Business Case of Corporate Happiness“.

Das Forschungsergebnis von Fox auf den Punkt gebracht: Der „Homo Economicus“ muss sich unumgänglich zum „Homo Collaborativus“ fortentwickeln, eine zu einseitig auf Eigennutz orientierte Intelligenz (IQ) zu einer kollaborativen Intelligenz (WeQ) und unsere „Economy“ zu einer „Weconomy“. „Gross National Happiness“ muss zum Wertmaß von Ökonomie werden und „Gross Corporate Happiness“ zum Wertmaß jedes Unternehmens. Nur so sind nicht nur ökologische, soziale und menschliche „Happiness“ auf allen Ebenen – auch jener der Unternehmen – erreichbar, sondern auch alle Aspekte der Nachhaltigkeit von klassisch ökonomischer und finanzieller „Happiness“.

Es spricht viel dafür, dass die von Rüdiger Fox geleistete Wegbereitung und Anwendung des bhutanischen Verständnisses von Gross National Happiness auf die Unternehmensebene – durch den Gross Corporate Happiness Ansatz – künftig als noch wertvoller und wirksamer für das „Reinventing“, das Neuerfinden beziehungsweise Weiterentwickeln von Unternehmertum auf die Anforderungen und Chancen im 21. Jahrhundert gesehen wird.

Rüdiger Fox griff die nationalökonomischen Happiness-Kriterien auf und konzipierte sie als unternehmerische Happiness- und zugleich unternehmerische Erfolgsfaktoren:

  • Den adäquaten Lebensstandard auf nationalökonomischer Ebene übersetzte er auf Unternehmensebene als ein multiples Set an materiellen und immateriellen Faktoren der Wertschätzung und Vergütung seiner Leistungen.
  • Die staatliche Fürsorge für eine unbeeinträchtigte Gesundheit wird auf Unternehmensebene von Fox vertieft und ergänzt um ein Konzept einer ganzheitlichen Fürsorge bei der Prävention sowie Unterstützung im Bedürfnisfall.
  • Eine ganzheitliche staatliche Erziehung und Bildung findet auf Unternehmensebene ihre Fortsetzung durch die intensive Weiterentwicklung von Kompetenzen im Unternehmen, das sich idealerweise alskontinuierlich Lernende Organisation
  • Eine gute Regierungsführung findet ihr Pendant in einer gesamtsystemisch verantwortungsvollen Unternehmensführung, die nicht nur die Interessen der Shareholder sichert, sondern die adäquate Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern und der Gesellschaft übernimmt.
  • Der staatliche Schutz der Umwelt spiegelt sich auf Unternehmensebene im Konzept der ganzheitlichen strategischen Nachhaltigkeit wider, was sowohl die direkte unternehmerische Tätigkeit umfasst als auch die induzierte Gesamtverantwortung für den Lebenszyklus der Produkte beziehungsweise Dienstleistungen, idealerweise im Sinne einer Kreislaufwirtschaft.
  • Der nationale Schutz der Kultur wird für den Unternehmenskontext übersetzt in das Modell einer Unternehmensseele, die weit über die klassischen Konzepte von Vision, Mission und Werten hinausgeht.
  • Die staatliche Förderung eines vitalen Gemeindelebens findet im Unternehmen seine Analogie in kollaborativer Agilität, in der das Wirken und die Wirksamkeit des Handelns jedes einzelnen Mitarbeiters durch eine stetig fortentwickelte Kultur des kollaborativen Zusammenwirkens verstärkt wird.
  • Die staatliche Fürsorge für eine täglich ausgewogene Zeitnutzung findet ihre Entsprechung im Unternehmen im Konzept einer ausgewogenen Lebenszeit, durch die unvermeidliche zyklische Belastungsschwankungen durch zeitliche Ausgleichsmöglichkeiten für alle Seiten gut und flexibel gestaltet werden.
  • Das psychische Wohlbefinden hat ebenso wie im Staat auch im Unternehmen einen gleich hohen Stellenwert und wird auf komplementäre Weise entsprechend unterschiedlich gestaltet.

Bei der tiefgehenden Ausarbeitung achtete Rüdiger Fox darauf, dass jede einzelne seiner vorgeschlagenen konkreten Maßnahmen zu diesen neun Gross Corporate Happiness Elementen danach beurteilt werden, wie gut und konkret sie der Resilienz und Vitalität des Gesamtorganismus eines Unternehmens und deren Wirken in der Gesellschaft dienen.

Rüdiger Fox ordnete daher bewusst jedem Hauptelement des Gross Corporate Happiness Modells eine zentrale Organfunktion im „Superorganismus Unternehmen“ zu:

  • die Unternehmensseele dem Bewusstsein,
  • die lernende Organisation der lernenden Gehirnfunktion,
  • die materiell wie immateriell positive Anerkennung der ausgewogenen Ernährung,
  • die strategische Nachhaltigkeit den externen Sinnen,
  • die kollaborative Agilität dem zentralen Nervensystem,
  • die ganzheitliche Fürsorge dem Immunsystem,
  • die verantwortungsvolle Unternehmensführung der Bewegungs- und Handlungsfähigkeit,
  • das psychische Wohlbefinden der Herzfunktion und
  • die ausgewogene Lebenszeit dem Gleichgewichtssystem.

„Gross Corporate Happiness“ als Brückenbau zur neuen Ökonomie und Unternehmensführung

Mit dem Ansatz der Gross Corporate Happiness Unternehmensführung liefert Rüdiger Fox ferner den Brückenbau von der bisherigen zur neuen Unternehmensführung: Er macht für jede einzelne Maßnahme für diese systemische Transformation im Unternehmen nachvollziehbar, wie diese sich auch finanziell für das Unternehmen rechnet und lohnt. Extrinsische Motivation als bisheriger Königsweg wird dabei Zug um Zug ersetzt durch Ansätze eindeutig intrinsischer Motivation, die sich schließlich als der bestmöglicher Schlüssel zu Innovation, Agilität, Kollaboration und umfassender Nachhaltigkeit erweist.

Fox liefert klare Vorschläge, wie jeder Faktor des Gross Corporate Happiness Niveaus konkret gemessen werden kann, und ebenso, was dies für die Feststellung des Vermögenswerts eines Unternehmens bedeutet. Bei Unternehmensübernahmen „zählt“ bisher alles – außer dem wichtigsten Wert: dem Wert, der durch die Gross Corporate Happiness Engagements in die Werte und Kompetenzen jedes Mitarbeiters in der Mitarbeiterschaft gebündelt ist. Wenn dies berücksichtigbar, weil darstellbar wird, wird die Kultur der Wertschätzung in deren umfassendstem Gross Corporate Happiness Sinne in einem Unternehmen zum direkten Wert des Unternehmens.

Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit von Rüdiger Fox verdient den Wirtschaftsnobelpreis. Sein Buch „The Business Case of Corporate Happiness“ verdient eine noch größere Beachtung als Frederick Laloux’ „Reinventing Organizations“ oder Otto Scharmers „Theory U“. Es ist ein Handbuch zur Transformation von Unternehmen, die noch zu sehr im bisherigen Economy-Modus unterwegs sind, zu WeQ-Unternehmen, also zu Unternehmen, die vollumfänglich systemisch-kollaborative Intelligenz leben.

Quelle

Peter Spiegel 2020

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