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Regen für die Wüste

5 Millionen US-Dollar lassen sich die Vereinigten Arabischen Emirate künftig alle 3 Jahre die Frage kosten, wie sich die Regenbildung über der Wüstenregion beeinflussen und verstärken lässt.

Auf einem Gala-Abend in der Hauptstadt Abu Dhabi gab die Regierung gestern bekannt, welche Forschungsprojekte als erstes umgesetzt werden sollen. Den Zuschlag erhielten die Forschergruppe um Prof. Dr. Volker Wulfmeyer von der Universität Hohenheim (1,5 Mio. US-$) sowie zwei weitere Teams aus Japan und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Es ist ein ambitioniertes Programm, das die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) 2015 ins Leben riefen: Das Research Program for Rain Enhancement Science schreibt jährlich weltweit 5 Millionen US-Dollar für internationale Spitzenforschung aus.

Das Ziel sind wissenschaftlich fundierte Methoden, um die Regenbildung über Wüsten und Halbwüsten zu verstärken. Jedes Jahr sollen maximal fünf Forschungsprojekte für jeweils drei Jahre finanziert werden.

Pro Forschungsprojekt stehen maximal 1,5 Mio. US-Dollar zur Verfügung. Sie wurden am gestrigen Dienstag in Form eines Preises bei einem Gala-Abend an die Wissenschaftler verliehen.

Wolkenbildung verstehen, Vorhersage verbessern – und Regen beeinflussen

Für den Physiker und Meteorologen Prof. Dr. Wulfmeyer ist das Programm nicht nur wegen dieser Konditionen interessant: „Was Wolkenbildung und Regen betrifft, ist die Kombination von Bergen, Wüsten und dem Golf von Arabien absolutes wissenschaftliches Neuland.“

Seine Ziele: die komplexe Wolkenbildung vor Ort verstehen, präzise vorhersagen können – und nach Möglichkeit zu beeinflussen. Das könnte durch riesige Pflanzenplantagen geschehen, die Wasser verdunsten. Oder durch künstliche Berge, die Windströmungen so umleiten, dass sie aufeinanderprallen, aufsteigen und in höheren Schichten der Atmosphäre abregnen.

„Unsere Vorstudien zeigen: technisch und ökonomisch sind solche Wüstenplantagen machbar. Und ein Land, das das höchste Gebäude der Welt gebaut hat, lädt ein, entsprechend groß kreativ zu denken. Doch das ist Zukunftsmusik. Zunächst ist es unabdingbar, überhaupt erst die Prozesse zu verstehen, die zur Wolkenbildung an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit führen.“

Wüstenklima als Herausforderung für die Präzisionstechnik

Zwei Jahre lang will Prof. Dr. Wulfmeyer die Atmosphärenprozesse vor Ort vermessen. Herzstücke sind ein Wolkenradar und ein sogenanntes „Doppler Lidar“: Ein Laser der auch in klarer Luft bereits feinste Luftströmungen dreidimensional vermessen kann. Dadurch bemerken die Geräte die Wolkenbildung in einem Stadium weit bevor das menschliche Auge sie sieht.

„Diese Technik in der Wüste einzusetzen, wird allerdings auch eine neue Herausforderung“, meint Prof. Dr. Wulfmeyer. Bei Temperaturen von 50 Grad Celsius könne die Elektronik leicht heiß laufen oder die Optiken sich verbiegen. „Glücklicherweise gibt es schon Beispiele, dass solch komplexe Geräte in der Wüste funktionieren, aber unter solch extremen Bedingungen müssen weitere Erfahrungen gesammelt werden.

Stuttgarter Supercomputer errechnet neue Wetterprognose

Aus diesen Messergebnissen sollen Wettervorhersagen von unerreichter Präzision entstehen. Dank Computerprogrammen, die ebenfalls am Institut von Prof. Dr. Wulfmeyer an der Universität Hohenheim weiterentwickelt wurden.

„All unsere Ergebnisse sind hochauflösend, das heißt auf 100 Meter genau.“ Das ist 30mal genauer, als die aktuelle Vorhersage der Vereinigten Arabischen Emirate.

Möglich macht das „Hornet“: Der exzellente Großrechner im Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart, an dem die Universität Hohenheim einen Anteil hat.

Was-wäre-wenn-Simulation prüft Wüstenbegrünung und künstliche Berge

Extrem spannend sind ferner eine Reihe von „Was-wäre-wenn“-Simulationen, die der Meteorologe mit Hilfe des Hochleistungsrechners plant.

„Wir wissen aus Vorstudien, dass es möglich wäre, Teile der Wüste mit Tröpfchenbewässerung zu begrünen, um die lokale Wolkenbildung zu verstärken“, berichtet Prof. Dr. Wulfmeyer. Dies soll in weiteren Computersimulationen vertieft werden. „Uns interessiert die ideale Lage, Größe und Form einer solchen Anpflanzung.“ Klar sei allerdings: „Ein paar 40.000 Hektar müssten es schon sein“.

Ebenfalls am Computer will Prof. Dr. Wulfmeyer berechnen, welche Auswirkungen künstliche Berge in der Wüste hätten. „Auf Luftströmungen wirkt so ein Berg wie ein Störer: Sie müssen ihn umströmen und treffen im Windschatten wieder aufeinander. Das erzeugt Auftrieb und Wolkenbildung.“ Notwendige Dimensionen: „Wahrscheinlich auch ein paar 100 Meter.“

Kooperation mit internationalen Spitzenforschern

Sehr spannend sei auch der künftige Austausch mit den beiden anderen Preisträgern: Prof. Dr. Masataka Murakami aus Japan sei die international führende Kapazität zum Thema Cloud Seeding. „Dabei geht es darum, Wolken mit geeigneten Keimen zu impfen, die die Tröpfchenbildung beeinflussen und Regen verstärken.“

Dr. Linda Zou erforscht, was sich bei welcher Art von Wolke als Regenkeim besonders eignet. Mit diesen Arbeiten ist die Chemikerin aus China schon seit einiger Zeit in Forschungseinrichtungen der Vereinigten Arabischen Emirate tätig.

Dr. Murakami und Dr. Zou sind jedoch gleichermaßen darauf angewiesen, dass es Wolken gibt, die sich beeinflussen lassen, und dass diese entsprechend rechtzeitig vorhergesagt werden können. Wann, wo und das dies der Fall ist, soll die Arbeit des deutschen Kollegen von der Universität Hohenheim gewährleisten.

HINTERGRUND: UAE Research Program for Rain Enhancement Science

Das UAE Research Program for Rain Enhancement Science formuliert den Anspruch, Projekte zu ehren, die kreative und bahnbrechende Ideen im Forschungsgebiet der Wolkenvorhersage, Wolkenmodifizierung und Wolkenmodellierung sowie der Verwendung fortschrittlichen Methoden der Wolkenimpfung hervorbringen. Das Programm will das Forschungsinteresse auf globaler Ebene im Bereich der Niederschlagsverbesserung vergrößern, in dem es den Fortschritt von Wissenschaft, Technologie und Praxis der Niederschlagserzeugung fördert und einen Beitrag zur Wassersicherheit in den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie in anderen ariden und semiariden Regionen leistet.

Die Finanzierung der ausgewählten Projekte erfolgt in Form eines Awards mit einem Preisgeld von bis zu 1,5 Millionen US-$ pro Projekt. Die Preise wurden gestern erstmals und unter der Schirmherrschaft Seiner Hoheit Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan, dem stellvertretenden Premierminister der Vereinigten Arabischen Emirate, im Rahmen einer feierlichen Zeremonie während der Abu Dhabi Sustainability Week 2016 übergeben.

Quelle

Universität Hohenheim, Institut für Physik und Meteorologie | Prof. Dr. Volker Wulfmeyer | Text: Klebs

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