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Klimareporter | Annika Keilen | Greta Thunberg bei"Fridays for Future" in Berlin. Sie ermutigt die Demonstranten zum Weiterstreiken.

© Klimareporter | Annika Keilen | Greta Thunberg bei"Fridays for Future" in Berlin. Sie ermutigt die Demonstranten zum Weiterstreiken.

Greta Thunberg in Berlin

„Wir können das nicht alleine schaffen!“

Tausende Menschen versammeln sich vor einer Bühne in Berlin. Wäre der Veranstaltungsort nicht der Invalidenpark vor dem Bundeswirtschafts­ministerium, könnte man meinen, ein berühmter Künstler habe sich angekündigt. Doch die Menschen wurden nicht von einem Popstar mobilisiert, sondern von der Klimaaktivistin Greta Thunberg. Die Schwedin ist heute zum zweiten Mal zu einer Fridays-for-Future-Kundgebung nach Berlin gekommen.

Viele Männer mit Kameras verdecken die Sicht auf den Bühneneingang. Ungeachtet der Blitzlichter betritt ein zierliches Mädchen mit geflochtenem Zopf die Empore. Während die Menge ihr zujubelt, wirkt sie beinahe schüchtern – bis sie ans Mikrofon tritt.

Sehr bestimmt trägt Greta Thunberg ihr Anliegen vor: „Wir sind nicht diejenigen, die zu wenig tun. Es sind die Machthaber, die Politiker, Geschäftsleute und Medien, die nicht genug tun. Sie sind diejenigen, die Verantwortung übernehmen sollten“, fordert die Umweltaktivistin.

Es sei nun schon so weit gekommen, dass junge Menschen ihre Ausbildung opfern müssten, um gegen die Zerstörung ihrer Zukunft zu protestieren. „Wir rufen die erwachsenen Generationen auf: Bitte helft uns, denn wir können das nicht alleine schaffen, wir bitten euch um Hilfe.“

Greta Thunberg gilt als Gründerin von Fridays for Future. Bilder erinnern noch an das fünfzehnjährige Mädchen, das im vergangenen August einsam vor dem schwedischen Parlament saß. „Schulstreik fürs Klima“ stand damals wie heute auf ihrem Plakat.

Die ersten drei Wochen ging sie gar nicht zur Schule, seitdem jeden Freitag nicht. Das war der Beginn der Fridays-for-Future-Bewegung, die sich weltweit und auch nach Deutschland ausbreitete und sich zum Ziel gesetzt hat, die Einhaltung der Pariser Klimaziele zu erzwingen.

Zu der gestrigen Demonstration sind laut den Veranstaltern 3.000 bis 4.000 Teilnehmer erschienen, die Polizei schätzt die Zahl auf über 1.000. Im Vergleich zur letzten Kundgebung mit Greta Thunberg ist das wenig. Die heutige Demo sei sehr spontan organisiert worden und außerdem seien Ferien, begründet Hannah Blitz, die schon von Anfang an bei Fridays for Future Berlin mitmacht, die vergleichsweise geringe Teilnehmerzahl. Trotzdem sei die Demonstration wegen der guten Stimmung ein voller Erfolg.

Eröffnet wird die Veranstaltung durch das Singer-Songwriter-Duo „Berge“. Mehrere Reden folgen. Luisa Neubauer, eine der deutschen Hauptorganisatoren von Fridays for Future, spricht auch über die Kippelemente des Weltklimas.

Vor eineinhalb Monaten sei zum ersten Mal ein solches Kippelement erreicht worden. Gemeint ist der überraschend schnelle Eisverlust in der Arktis. „Dass in der Arktis der Permafrostboden schmilzt, 70 Jahre bevor Wissenschaftler damit gerechnet haben, ist eine Kampfansage des Planeten gegen die Menschheit“, sagt Neubauer.

Der Präsident der TU Berlin Christian Thomsen kündigt im Invalidenpark die Gründung eines neuen Zentrums für Klimaneutralität an. Es soll unter anderem mehr Klimathemen in die Studiengänge bringen.

Während der Veranstaltung wird auch auf die kommenden Landtagswahlen am 1. September in Brandenburg aufmerksam gemacht. Landtagswahlen seien auch Klimawahlen, erklären die Umweltaktivisten und rufen zu einem Camp vom 26. bis 31. August vor dem Potsdamer Landtag auf.

Unterstützung aus allen Reihen

In Deutschland gibt es die Fridays-for-Future-Bewegung seit Ende letzten Jahres. Gestreikt wird für eine Politik, mit der die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden kann. Protestierten im Januar bundesweit 30.000 Schüler und Studenten, waren es im März schon 300.000. Allein in Berlin erschienen damals etwa 25.000 junge Menschen bei der Kundgebung. Auch damals war Greta Thunberg dabei und warf älteren Generationen beim Klimaschutz Versagen vor.

Unterstützt wird die Bewegung mittlerweile von Menschen jeden Alters und aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Die ersten Unterstützer waren Wissenschaftler mit der Initiative Scientists for Future. Doch mittlerweile gibt es auch die Grandparents for Future, Workers for Future oder auch Sports for Future.

Auch Unternehmen schließen sich den Fridays-Forderungen an. Im Invalidenpark rief Génica Schäfgen vom ökologischen Suchmaschinenanbieter Ecosia andere Unternehmen auf, den globalen Klimastreik am 20. September zu unterstützen: „Siemens, Bosch, Deutsche Post, Deutsche Bahn, meinetwegen auch Volkswagen – egal wie groß ihr seid, egal wie klein, egal ob ihr Scheiße gebaut habt oder nicht.“

Gegen Mittag verstreut sich die Demonstration vor dem Wirtschaftsministerium. Einige ziehen weiter zur Fridays-Demo in Luckenwalde im südlichen Brandenburg.

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Klimakabinett debattierte über CO2-Preis

Am Donnerstag tagte das Klimakabinett – ein Kabinettsausschuss, in dem sich die Bundesregierung auf Maßnahmen zum Klimaschutz einigen will. Unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verhandelten die Minister über mehr Klimaschutz im Verkehr, in Gebäuden und in der Landwirtschaft.

Zentrales Thema war die CO2-Steuer. Ein Beschluss über die mögliche Treibhausgas-Bepreisung soll jedoch erst im September gefasst werden.

„Es ist gut, dass das Klimakabinett endlich intensiv den Beitrag eines CO2-Preises für das Erreichen der Klimaziele in den Sektoren Verkehr und Gebäude diskutiert“, sagte Christoph Bals, Politikchef der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. „Doch die Regierung muss jetzt die Geschwindigkeit erhöhen.“

Klimakabinett sollte sich schnell auf CO2-Steuerreform einigen | Germanwatch fordert wirksamen CO2-Preis, dessen Höhe sich an Lücke zwischen Maßnahmenvorschlägen und 2030-Klimaziel orientiert. Daten und Annahmen für Errechnung dieser Lücke müssen offengelegt werden.

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Quelle

Der Bericht wurde von
der Redaktion „klimareporter.de“ (Annika Keilen) 2019 verfasst – der Artikel
darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden! 

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