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Rémi Stosskopf | Wikimedia Commons - Pannen ohne Ende: AKW Fessenheim

© Rémi Stosskopf | Wikimedia Commons – Pannen ohne Ende: AKW Fessenheim

Hendricks: Fessenheim muss vom Netz

„Im französischen AKW Fessenheim gab es 2014 eine Überschwemmung. Die Betreiberfirma stellte das Ereignis als harmlos dar. Doch nach Recherchen von WDR und Süddeutscher Zeitung könnte es einer der dramatischsten AKW-Unfälle in Westeuropa gewesen sein.“

Zu Berichten über einen Störfall im Atomkraftwerk Fessenheim aus dem Jahre 2014 erklärt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks: Der in den Berichten geschilderte Vorfall im Atomkraftwerk Fessenheim aus dem Jahr 2014 war und ist ernst zu nehmen. Er ist ein weiterer Beleg für das Risiko, das vom Betrieb dieses alten Reaktors ausgeht. Er gibt auch Hinweise darauf, dass die Sicherheitskultur in dieser Anlage verbesserungsbedürftig ist. Nach Kenntnis unserer Reaktorsicherheitsexperten hatte das Ereignis keine Auswirkungen auf das Personal und die Umwelt.

Der Vorfall ist bereits 2014 Gegenstand von Presseberichten gewesen, ist also keine aktuelle Neuigkeit. Darüber hinaus hat die französische Atomaufsicht in der Deutsch-Französischen Kommission zur Sicherheit der AKW über das Ereignis berichtet.

Das Ereignis ist damals auf der 7-stufigen internationalen Skala für nukleare Ereignisse (INES) mit der Stufe 1 bewertet worden. Dies unterstreicht, dass es sich um ein sicherheitsrelevantes Vorkommnis gehandelt hat.

Der Vorfall zeigt einmal mehr, dass unsere Forderung gegenüber der französischen Regierung, Fessenheim vom Netz zu nehmen, gute Gründe hat. Ich habe dies mit Verweis auf die berechtigten Sorgen der Bevölkerung in der deutsch-französischen Grenzregion wiederholt gefordert und werde dies auch weiterhin tun. © Bundesumweltministerium 2016

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Schwerer Fessenheim Störfall/Unfall am 9. April 2014 & die Störfall-Definitionsmacht von EDF und ASN

Endlich berichten auch die deutschen Leitmedien über den schweren Fessenheim Störfall/Unfall am 9. April 2014, der in der Umweltbewegung am Oberrhein schon seit 2014 mit großer Sorge sehr intensiv diskutiert wird.

„Im französischen AKW Fessenheim gab es 2014 eine Überschwemmung. Die Betreiberfirma stellte das Ereignis als harmlos dar. Doch nach Recherchen von WDR und „Süddeutscher Zeitung“ könnte es einer der dramatischsten AKW-Unfälle in Westeuropa gewesen sein.

Am 9. April um 17 Uhr gehen gleich mehrere Alarmsignale auf der Leitwarte des Reaktorblocks 1 in Fessenheim ein: Wassereinbruch auf mehreren Ebenen, Defekte an elektrischen Isolierungen, Ausfall eines der beiden Systeme zur Reaktorschnellabschaltung. Der Versuch, den Reaktor ordnungsgemäß herunterzufahren scheitert – die Steuerstäbe lassen sich nicht bewegen.
„Es betrifft hier den Reaktorkern, also die Seele, die Zentrale der Anlage“, sagt Manfred Mertins, der seit Jahrzehnten als Sachverständiger für Reaktorsicherheit tätig ist. Er war lange Mitarbeiter der Gesellschaft für Reaktor- und Anlagensicherheit, GRS, die im Auftrag der Bundesregierung die Sicherheit von Atomkraftwerken beurteilt. „Wenn ich hier unterstelle, dass ein System schon ausgefallen war, muss ich sagen: Damit war die Abschaltung nicht mehr in dem vorgesehenen Umfang sichergestellt“, so Mertins. „Also insofern ein sehr ernstes Ereignis.“ Die französische Atomaufsicht schrieb wenige Tage nach dem Unfall an die Leitung des Kraftwerks einen Brief. Der Inhalt ist auch für Mertens erschreckend. „Es gibt eine Information, dass für etwa drei Minuten die Temperatur im Reaktorkern aus dem Ruder gelaufen ist. Das ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass man keine Informationen mehr über die Regelung im Kern hatte.“ Die Mannschaft habe in diesem Moment den Reaktor quasi blind gefahren, sagt Mertins.“

Die Betreiber und die Präfektur beruhigten und verharmlosten auch 2014 wie immer. Auch die ASN (Autorité de sûreté nucléaire) hat hier wieder einmal weggeschaut und als Kontrollbehörde versagt.

BUND, Umweltbewegung und Medien haben bei einer solchen Fessenheimer-Störfall-Meldung das gleiche Problem: Das Monopol zur Auswertung und Bewertung von Störfällen liegt zuerst immer beim Betreiber EDF. Das natürliche Interesse der EDF an einer „objektiven Bewertung“ solcher Unfälle kennen wir und wir haben auch immer erlebt, wie in Fessenheim versucht wurde, Unfälle herunter zu spielen. Leider kontrolliert die Kontrollbehörde ASN viel zu wenig.

Das Problem im ältesten AKW Frankreichs, in Fessenheim, ist nach Ansicht von BUND-Geschäftsführer Axel Mayer die Häufung extrem vieler „kleiner und großer“ Vorfälle und Unregelmäßigkeiten in den letzten Jahren. Dies spricht für eine schlechte Sicherheitskultur im Atomkraftwerk und eine schlechte Sicherheitskultur ist immer auch eine Gefahr für die Menschen.

Alternde, laufzeitverlängerte AKW (in Fessenheim stehen die ältesten Reaktoren dieses Typs in Frankreich, die 1977 und 1978 in Betrieb genommen wurden) mit versprödeten Reaktordruckgefäßen vergrößern die Unfallgefahr.

Auch die massiven finanziellen Probleme, der aktuelle Fast-Bankrott von EDF und AREVA, führen dazu, Unfälle herunter zu spielen. Um den Bankrott zu verhindern, versuchen die beiden „armen aber mächtigen“ Atomkonzerne eine Gefahrzeitverlängerung für alle französischen AKW zu erreichen. Da passen schwere Störfälle nicht ins Konzept.

Dazu kommt die Erdbebengefahr im Rheingraben. Die Unfälle von Tschernobyl und Fukushima werden sich „genau so“ nicht wiederholen. Die nächste Katastrophe, ob in Ost- oder Westeuropa, oder eben in Fessenheim, wird neue, nicht vorhersehbare und nicht planbare Ereignisabläufe bringen. Überall, wo Menschen arbeiten, gab und gibt es Fehler. Die Atomtechnologie verträgt keine Fehler, insbesondere nicht in einem altersschwachen AKW.

Echte Sicherheit gibt es erst, wenn der französische Präsident François Hollande sein Versprechen umsetzt und das altersschwache AKW Fessenheim schnellstmöglich abstellt.

Um den politischen Druck aufrecht zu erhalten wird es am Oberrhein zum Tschernobyl-Jahrestag wieder grenzüberschreitende Proteste geben. Die Brücken-Aktionen sollen am Sonntag den 24.4.16 um 12 Uhr auf vielen Brücken am Oberrhein stattfinden.


Nucléage à trois – Fessenheim – Flamanville – Hinkley Point – eine nukleare Dreiecksbeziehung

Alle wissen es: Schurkenstaaten die Atomwaffen entwickeln möchten, täuschen dem Rest der Welt vor, an der zivilen Nutzung der Atomkraft interessiert zu sein. Kein Atomwaffenschurke bekommt die Bombe ohne Atomstrom, ihren „friedlichen Zwilling“. Das gilt ebenso für Atommächte ohne offizielles Schurken-Gütesiegel. Ein Bericht von Eva Stegen

Dr. Eva Stegen
Quelle

BUND-Regionalverband Südlicher Oberrhein 2016

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