Erster Schweizer Gletscher ist tot
Die Meldung ging um die Welt: Letzte Woche erklärte Island den ersten Gletscher offiziell für tot. Doch auch in der Schweiz ist das ewige Eis akut gefährdet – mit einem ersten Opfer. Gedenkfeier für den Pizol-Gletscher geplant
Die Fläche ist auf ein Minimum zusammengeschmolzen. In der Mitte ragt bereits ein Felsen hervor. Mit einer Restgrösse von 0,06 Quadratkilometern kann das Eis auf dem Pizol oberhalb von Sargans SG nur noch schwer als Gletscher bezeichnet werden.
«Wir müssen nicht nach Island schauen, wir haben in den Alpen selber Gletscher, die sterben», sagt dann auch Glaziologe Andreas Bauder. Er forscht an der ETH Zürich und ist Teil von GLAMOS, des Schweizerischen Gletschermessnetzes.
Das Gletschersterben kommt für die Forschung und Bauder nicht unerwartet. Seit über 20 Jahren wurde auf die Folgen hingewiesen. «Es ist das Resultat der massiven Klimaerwärmung.» Jetzt geht es besonders dem Eis in tieferen Lagen an den Kragen.
«Für Gletscher auf einer Höhenlage von rund 3’000 Metern ist die Lage dramatisch. Sie wachsen oder erhalten ihre Grösse durch den Schnee, der im Winter fällt», so Bauder. «Schmilzt dieser im Sommer aber komplett weg, dann ist das Ergebnis klar.»
Gedenkfeier geplant
Was das Gletschersterben für die Schweiz und ganz Europa bedeutet, darauf will jetzt der Verein Klimaschutz hinweisen. Dieser lancierte im April die Gletscherinitiative mit der Forderung: Die Schweiz muss ihre Treibhausgas-Emissionen bis 2050 auf null senken. Zudem will sie die Ziele des Pariser Klimaabkommens in der Schweizer Verfassung verankern.
Wie in Island organsiert der Verein deshalb eine Gedenkfeier für den Gletscher. Stattfinden wird diese am 22. September ab 10.30 Uhr am Berg. Organisiert wird die Gedenkfeier, neben dem Verein Klimaschutz, hauptsächlich von Fastenopfer Schweiz. «Wir planen den Anlass seit Mai. Wir wussten nicht, dass in Island etwas ähnliches stattfinden wird», sagt der Kampagnen-Koordinator von Fastenopfer und Brot für alle , Mischa von Arb.
«Wir engagieren uns für den Gletscherschutz, weil wir die Folgen des Klimawandels bei unseren Südprojekten hautnah miterleben. Auf den Philippinen sind die Menschen ganz konkret von Überschwemmungen betroffen, in anderen Ländern fehlt es wegen zunehmender Dürre an Nahrung. Der Klimawandel ist ein globales Problem», so von Arb. «Und darauf wollen wir hinweisen.»
Kommt es zu keinen gravierenden Massnahmen gegen den Klimawandel, malt die Forschung ein düsteres Szenario. «Wir gehen davon aus, dass in 80 Jahren 80 Prozent der Schweizer Gletscher weggeschmolzen sind», sagt Bauder. «Es ist wahrscheinlich, dass nur die ganz Grossen es als kleine Reste ins nächste Jahrhundert schaffen.»