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Der IPCC_Sonderbericht: Point of No Return

„Der IPCC-Sonderbericht bestätigt, dass wir vor einem planetaren Notstand stehen. Dass sich das Zeitfenster für entschlossene Maßnahmen schnell schließt. Und dass die Kosten der Untätigkeit katastrophal sein werden,“ so Johan Rockström, Direktor des PIK in Potsdam.

Am 08. August wurde der neue IPCC_Sonderbericht (deutsche Übersetzung der  Hauptaussagen) über Klimawandel und Landsysteme „Climate Change and Land“ veröffentlicht. Auf 330 Seiten steht geschrieben was ein internationales Team von 107 Wissenschaftlern in dreijähriger Arbeit aus über 7.000 Studien ausgewertet hat. Johan Rockström, Direktor des PIK in Potsdam kommentiert: „Der IPCC-Sonderbericht bestätigt, dass wir vor einem planetaren Notstand stehen. Dass sich das Zeitfenster für entschlossene Maßnahmen schnell schließt. Und dass die Kosten der Untätigkeit katastrophal sein werden. Der Bericht zeichnet zwar ein düsteres Bild davon, was passieren könnte, zeigt aber auch einen Weg nach vorn, einschließlich Möglichkeiten für sofortiges Handeln.“  So fordert der Weltklimarat eine radikale Kehrtwende bei der Landnutzung und eine Änderung des Essverhaltens. Es ist also allerhöchste Zeit zu handen, weil wir sonst, früher als viele denken, an einen Punkt angelangt sein werden, an dem es kein zurück mehr gibt.

Der renommierte Klimaforscher Michael E. Mann schrieb schon 2018 in seinem Buch „The Madhouse Effect“ (auf Deutsch unter „Der Tollhauseffekt“ hier erschienen) zu Kipppunkten unter anderem: „Ein Kipppunkt ist ein Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt. Im Zusammenhang mit dem Klimawandel würde das bedeuten, dass wir den Planeten soweit erwärmt haben, dass wir einen unaufhaltsamen Prozess in Gang gesetzt haben. In Wirklichkeit gibt es im Klimasystem keinen einzelnen Kipppunkt, sondern viele … Es ist sehr wahrscheinlich, dass viele andere Kipppunkte wie Landminen da draußen verborgen liegen, wir aber nicht genau wissen, wo und bei welcher zusätzlichen Erwärmung sie auslösen werden. Wir sollten uns deshalb am besten wie eine Person mit verbundenen Augen verhalten, der gesagt wird, dass sie sich dem Rand einer Klippe nähert. Ohne genau zu wissen, wie viel Schritte man von der Absturzkante entfernt ist, besteht die einzig sichere Vorgehensweise darin, nicht mehr weiter vorwärts zu gehen.“

Auf der Website des Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum, kurz WEF), einer in der Schweiz ansässigen Stiftung, die vor allem durch ihr jährliches Treffen gleichen Namens in Davos bekannt ist, wurde am 02.08.19 unter der Überschrift „4 climate tipping points the planet is facing“ ein Text veröffentlicht, den wir für Sie frei übersetzt haben:

Vier Klima-Kipppunkte, denen unser Planet gegenübersteht

Steht unser Planet an der Klippe zum beschleunigten Klimawandel oder ist er gar schon mit einem Bein in der Luft? Überall auf der Welt, von den Wäldern bis zu den Ozeanen, werden die Folgen des menschlichen Handelns spürbar – und die Folgen könnten katastrophal sein. Denn aktuell ereignen sich bereits vier gewichtige Klimakatastrophen. 

1. Arktischer Permafrost schmilzt
Steigende Temperaturen destabilisieren den gefrorenen Boden, der fast ein Fünftel der Erdoberfläche bedeckt und seit Jahrtausenden intakt ist. Permafrost bindet Erde, Gestein und Sand im Boden. Beim Auftauen zerfällt die zuvor gefrorene organische Substanz im Eis und setzt schädliche Treibhausgase – wie Kohlenstoffdioxid und Methan – frei, welche in der Atmosphäre abgelagert werden, mit potenziell verheerenden Folgen für den Planeten. Eine gefährliche Spirale entsteht, wenn nun fortgesetzt Treibhausgase freigesetzt werden und den Klimawandel weiter antreiben, denn das bringt noch mehr Permafrost zum Schmelzen.

Der Klimawissenschaftler Dr. Boris K. Biskaborn vom Alfred-Wegener-Institut, einer Polar- und Meeresforschungseinrichtung, prognostiziert, dass der schmelzende Permafrost die Temperaturen bis 2100 um bis zu 0,27°C erhöhen könnte.

2. Abholzung des Amazonasgebietes erreicht kritischen Punkt
Der Amazonas-Regenwald verschwindet nach Angaben der brasilianischen Regierung mit einer alarmierenden Rate von drei Fußballfeldern pro Minute (siehe auch „Zerstörung des Amazonasregenwaldes nimmt zu: Flächen für Rinderzucht und Viehfutter“ ARD, 08.08.19). Die Entwaldung im Amazonasgebiet nähert sich somit schnell einem Punkt, von dem er sich vielleicht nie wieder erholen wird (point of no return). Wissenschaftler warnen schon länger, dass weite Teile der natürlichen Baumbedeckung in die Savanne zerfallen könnten, was die wichtige Rolle des Regenwaldes bei der Stabilisierung des Erdklimas untergräbt.

Bäume absorbieren große Mengen an schädlichem Kohlendioxid aus der Atmosphäre unseres Planeten, dass in ihren Zweigen und Stämmen gespeichert ist. Die Abholzung großer Waldgebiete reduziert die Fähigkeit der Natur, Treibhausgase zu entfernen und damit den Klimawandel zu verlangsamen.

3. Erwärmte Wassermassen zerstören Ökosysteme der Ozeane
Die Ozeane der Welt absorbieren einen Großteil der überschüssigen Wärme, die durch Treibhausgasemissionen erzeugt wird, was zu schnell steigenden Wassertemperaturen mit reduziertem Sauerstoffgehalt und erhöhtem Säuregehalt führt. Diese sich ändernden Bedingungen können das Meeresleben stören und ganze Meeresökosysteme zerstören. Der Klimawandel erhöht die Wahrscheinlichkeit von Extremereignissen wie Hurrikanen. Auch kommt es zu Korallenbleichen. Die Lebensräume von Fischen, Säugetieren und anderen Meerestieren sind bedroht.

Wärmere Gewässer stören auch die Fischbrutplätze, was zu hohen Sterblichkeitsraten für Arten führt, die in ungeeigneten Gewässern nach einer kühleren Umgebung suchen. Solche Veränderungen wirken sich auf die Nahrungskette aus, einschließlich der Lebensmittel, die Menschen essen. Aber auch wärmere Ozeane können Kontinentaleis schmelzen lassen, was zu einem Anstieg des Meeresspiegels führt. Das wiederum bedroht das Leben und die Existenzgrundlage von Küstengemeinden auf der ganzen Welt.

4. Abschmelzende Gletscher lassen Meeresspiegel ansteigen
Okjökull auf Island war der erste Gletscher, der aufgrund des Klimawandels vollständig verschwand, und andere auf der ganzen Welt sehen sich einem ähnlichen Schicksal gegenüber. Im Himalaya ziehen sich die Gletscher doppelt so schnell zurück wie Ende des 20. Jahrhunderts. Das höchste Gebirge der Welt und die Region Hindukusch haben seit den 1970er Jahren 15% ihres Eises verloren. Schmelzende Gletscher lassen den Meeresspiegel ansteigen und beschleunigen die Küstenerosion, verändern die Wettersysteme und führen zu extremeren und zerstörerischen Wetterereignissen.

Es sind dringende Maßnahmen erforderlich, um Katastrophen abzuwenden. Der World Wildlife Fund prognostiziert, dass selbst wenn die derzeitigen globalen Emissionen in den kommenden Jahrzehnten deutlich reduziert werden, bis 2100 mehr als ein Drittel der Gletscher des Planeten verschwunden sein werden.

Hierzu nochmals Michael E. Mann: „Einen wichtigen Kipppunkt haben wir aber vielleicht schon überschritten: Die Erwärmung des Südpolarmeeres hat das stabilisierende Eismassiv der Westantarktis bis zu dem Punkt erodiert, an dem es nichts gibt, was das Landeis davon abhalten könnte, in den kommenden Jahrzehnten unaufhaltsam in den Ozean abzubrechen. Das würde bedeuten, dass der Meeresspiegel um weitere drei Meter oder mehr ansteigen würde, zusätzlich zu dem, was sonst noch auf uns zukommt. Dieser Prozess könnte ein Jahrtausend dauern, wir können aber nicht ausschließen, dass er schneller abläuft. Vielleicht dauert er auch zwei Jahrhunderte, vielleicht aber eben nur ein Jahrhundert. Diesbezüglich herrscht noch erhebliche Unsicherheit.“

 

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Quelle

Der Bericht wurde von
der Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie
e.V. (Mattias Hüttmann) 2019
 verfasst
– der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von Matthias Hüttmann weiterverbreitet werden! | SONNENENERGIE 02/2019 | Das Inhaltsverzeichnis zum Download!

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