Wie der Klimawandel unsere Gewässer verändert
Eine Studie untersucht, wie der Klimawandel unsere Natur in Deutschland verändert. „energiezukunft.eu“ stellt Ihnen die interessantesten Ergebnisse vor. Im ersten Teil der Serie geht es um unsere heimischen Gewässer: Während es Seen und Grundwasservorkommen gut geht, erwärmen sich Nord- und Ostsee immer stärker.
Der Klimawandel verändert die Natur in Deutschland – langsam und unmerklich, aber womöglich für immer. Die Erderwärmung hat Einfluss auf unsere Böden, auf unsere Wälder, auf unsere Binnengewässer und unsere Meeresgebiete wie Nord- und Ostsee. Ein aktueller, lesenswerter Monitoringbericht des Umweltbundesamtes untersucht sehr detailliert den aktuellen Status Quo unserer heimischen Natur und gibt Hinweise zu Strategien, die künftig für die Anpassung an den Klimawandel wichtig sein könnten. Wir stellen Ihnen die interessantesten Ergebnisse vor. Im ersten Teil der Serie geht es um unsere heimischen Gewässer.
Niederschläge und Temperaturhaushalt sind sie auch hierzulande die wichtigste Triebfeder des natürlichen Wasserkreislaufs. Der Klimawandel beeinflusst diese beiden Faktoren. Ändern sich die klimatischen Verhältnisse, ändert sich also auch der Wasserhaushalt. Städte und Dörfer an Flüssen benötigen Schutz vor Hochwasser und für die Wirtschaft ist es wichtig, dass Wasserstraßen weiterhin konstant genutzt werden können. Die Wasserwirtschaft muss jedoch auch ökologische Fragen und Lösungen im Blick haben, denn gemäß der europäischen Wasserrahmenrichtlinie soll sichergestellt sein, dass Gewässer dauerhaft einen intakten Lebensraum für Pflanzen und Tiere bieten. Ändern sich mit dem Klima Grundwasserspiegel, Flüsse, Seen und Meere, gilt es zu überlegen, wie diese künftig genutzt und geschützt werden sollten.
Nord- und Ostsee erwärmen sich signifikant
Besonders deutlich zeigt sich der Klimawandel der Studie des Umweltbundesamtes zufolge bei unseren heimischen Meeren: Sie werden deutlich wärmer. Die gemittelte Oberflächentemperatur der Nordsee zeigt seit den 60er Jahren einen signifikanten Anstieg. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich auch die mittleren Temperaturen in der Ostsee seit den 1960er Jahren deutlich erhöht haben. Das geht aus Messungen im Stationsnetz des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie hervor. Einen zentralen Einfluss auf die Meerestemperatur haben die Temperatur der Luft und die Meeresströmungen. Wichtig für Europas Meere ist der Golfstrom. Er wird von Dichteunterschieden angetrieben, die ihrerseits auf Unterschieden in Wassertemperaturen und Salzgehalt basieren. Das Abschmelzen der Arktis und des Grönländischen Eisschildes sowie häufigere Niederschläge erhöhen den Süßwassergehalt des Nordatlantiks und verändern damit den Dichtegradienten. Das könnte den Golfstrom schwächen, wobei Sattelitenaufnahmen laut Monitoringbericht des Umweltbundesamtes nahelegen, dass er sich derzeit eher verstärkt. Die genauen Wechselwirkungen sind noch unklar und sehr komplex, nehmen jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit Einfluss auf die Nord- und Ostsee. Wird das Meer wärmer, passen sich viele Tier- und Pflanzenarten an – oder sterben aus, wenn sie niedrige Temperaturen benötigen und diese nicht mehr vorfinden. Zu beobachten ist auch eine Wanderung vieler Spezies. Das Ökosystem der Meere verändert sich dadurch.
Dem Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) von 2013 zufolge kam es zwischen 1971 und 2010 zu einer Erwärmung der obersten 75 Meter des Ozeans von 0,11 Grad Celsius pro Dekade. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass 90 Prozent der globalen Erwärmung im gesamten Klimasystem in diesem Zeitraum im Ozean gespeichert ist, der größte Anteil davon in den oberen 700 Metern. Eine Erwärmung um nur 0,11 Grad Celsius, das hört sich nach wenig an. Doch der Ozean hat eine gewaltige Masse, die einem Vielfachen der Atmosphäre entspricht. Er ist durch seine hohe Wärmekapazität mit Abstand das größte Wärme-Reservoir im Klimasystem.
Wird Wasser wärmer, dehnt es sich aus und lässt so den Meeresspiegel steigen. Berechnungen zufolge lassen sich global 39 Prozent des zwischen 1993 und 2010 beobachteten Meeresspiegelanstiegs auf die thermische Ausdehnung des Meerwassers zurückführen. Laut IPCC hat sich der mittlere Meeresspiegel im Zeitraum 1901 bis 2010 um etwa 19 Zentimeter erhöht – und der Anstieg sich zudem in den letzten Jahren beschleunigt. Auch an Nord- und Ostsee hebt sich der Meeresspiegel nachweislich. Da sich die Südküste der Ostsee zudem senkt, werden diese norddeutschen Gebiete künftig stärker durch Landverluste und Sturmfluten gefährdet sein und sich verändern. Besonders gefährdet ist auch das sensible Ökosystem des Wattenmeeres, das dauerhaft überspült und damit zerstört werden könnte. Laut dem Bericht des Umweltbundesamtes könnte es deswegen künftig sinnvoll sein, die aktuellen Deiche zurückzuverlegen, um dem Wattenmeer zu ermöglichen, sich Richtung Landesinnere zu verschieben. Möglich ist auch, dass bislang besiedelte Landflächen dauerhaft unter dem Meeresspiegel liegen werden und – wie in den Niederlanden – ständig entwässert werden müssen, um bewohnbar zu bleiben. Das ist kostspielig. Zudem werden sandige Brandungsküsten stärker von Erosion betroffen sein – ein Phänomen, das sich schon heute zeigt und viele beliebte Badestrände betrifft. An der Westküste von Sylt ist das schon heute ein Problem, das Millionenkosten verursacht. Unsere Küsten werden sich verändern – und müssen mehr und auch anders geschützt werden.
Süßwasser-Kreislauf ist stabil
Besser sieht es jenseits der Meere, im Landesinneren aus: Die heimischen Grundwasservorkommen beispielsweise sind der Studie zufolge in einem guten Zustand. Grundwasserneubildung und -entnahme befinden sich im Gleichgewicht. Obwohl Regenfälle sowie deren Abfluss und Oberflächenverdunstung am Boden einen Einfluss haben, reagiert Grundwasser im Vergleich zu Oberflächengewässern relativ träge auf veränderte Niederschläge. In den Wintermonaten nehmen die Niederschläge zwar tendenziell, durch gefrorene oder bereits mit Feuchtigkeit gesättigte Böden kann das Wasser jedoch schlechter absickern. Sommerliche Starkregen, die zukünftig vermehrt auftreten könnten, werden von trockenen Böden schlecht aufgenommen und fließen deshalb größtenteils oberirdisch ab. Dennoch hat sich der Anteil gesunder Grundwasservorkommen mit hoher Wasserqualität in den letzten Jahren leicht erhöht. Eine akute Gefährdung der Ressource Grundwasser ist nicht erkennbar.
Unsere Flüsse speisen sich neben Schmelzwasser aus den Bergen insbesondere von abfließendem Regen. Die Erderwärmung kann sowohl Einfluss auf die Mengen des abfließenden Wassers aus Niederschlägen nehmen als auch auf dessen jahreszeitliche Gesamtverteilung. Das Jahresmittel der Abflüsse kennzeichnet dabei die gesamte verfügbare Menge an Wasser in Deutschland. Hier sind, von den 50er Jahren bis heute betrachtet, laut Umweltbundesamt bislang keine signifikanten Veränderungen erkennbar. Die Wasserverfügbarkeit ist in Deutschland also konstant. Die jahreszeitliche Verteilung der Niederschlagsmenge ist – mit den üblichen Schwankungen – insgesamt betrachtet ebenfalls konstant geblieben. Jahre mit deutlichen sommerlichen Trockenperioden treten allerdings hervor. Auch unseren Flüssen wird nicht signifikant mehr oder weniger Wasser zugeführt als sich aus den natürlichen Schwankungen ergibt. Einen klaren Trend, der häufigere Hochwasser an Flüssen erkennen lässt, weist die Studie nicht aus. Allerdings waren die Hochwasser-Ereignisse der letzten Jahre großflächig, so dass mehrere Regionen darunter gelitten haben.
Zeitpunkt, Dauer und Intensität von Niedrigwasser-Ereignissen können sich aufgrund des Klimawandels verändern. Verschiebt sich der Niederschlag von den Sommermonaten künftig vermehrt in die Wintermonate und verdunstet durch höhere Temperaturen mehr Wasser, können die Abflüsse im Sommerhalbjahr abnehmen. Das Wasser in Flüssen wird dadurch langsamer, erwärmt sich als Folge stärker und begünstigt so den Algenwuchs. Der Sauerstoffgehalt in Flüssen und Seen nimmt ab und Schadstoffe werden weniger stark verdünnt – beides Faktoren, die schlecht für die Tier und Pflanzenwelt sind. Eine nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser kann hier jedoch Abhilfe schaffen. In Deutschland haben die Niedrigwasserpegel beispielsweise – trotz des Klimawandels – abgenommen, weil die Wassernutzung inzwischen vielerorts effizienter gestaltet wird und Gewässer mithilfe von Stauseen und Talsperren bedacht reguliert werden. Die Situation in den Flüssen hat sich also tendenziell sogar verbessert. Eine Erwärmung der Wassertemperaturen der Seen in Deutschland konnte, auch über mehrere Jahrzehnte betrachtet, nicht festgestellt werden. Auch die Schichtungsverhältnisse in stehenden Gewässern sind bislang stabil. Unsere Seen befinden sich den statistischen Erhebungen des Umweltbundesamtes zufolge in einem stabilen, recht guten Zustand. Rebecca Raspe
Hier geht es zu dem Monitoringbericht des Umweltbundesamtes