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Bericht: Sicherheitsorientierte Energiepolitik

Der Fachrat Energieunabhängigkeit zeigt: Unabhängigkeit von Erdgasimporten realistisch und bezahlbar – 78% weniger Erdgasverbrauch für Deutschland

Der Fachrat Energieunabhängigkeit zeigt in seiner soeben vorgestellten Finanzierungsstrategie, wie die Unabhängigkeit von Erdgas in Deutschland gelingt. Zehn Empfehlungen von Expert:innen aus Finanzwirtschaft, Wirtschaftspolitik und Technik legen dar, wie Deutschlands Abhängigkeit von Erdgas in Zukunft um bis zu 78% reduziert werden kann – indem vor allem Wärme für Gebäude und Industrie aus Strom erzeugt wird. Die Vorschläge setzen auf private Investitionen und priorisieren, wo öffentliche Mittel am wirkungsvollsten sind. Zum Bericht

Die Expert:innen verdeutlichen, wie wichtig die Unabhängigkeit von Erdgas für eine künftige sicherheitsorientierte Energiepolitik ist. Der Ersatz von russischen Erdgasimporten durch Flüssigerdgasimporte – unter anderem aus Katar und den USA – hat Wirtschaft und Gesellschaft neuen geopolitischen Abhängigkeiten, sowie Inflations- und Klimarisiken ausgesetzt.

„Durch Flüssigerdgasimporte hat Deutschland neue Abhängigkeiten aufgebaut. Das bedeutet: mehr Abhängigkeit von globalen Gaspreisen, von geopolitischen Entwicklungen, mehr Abhängigkeiten mit Blick auf die internationale sicherheitspolitische Lage. Die Energiekrise hat gezeigt, wie teuer diese Abhängigkeiten sind.

Im Sinne von Energie- und Wirtschaftssicherheit sollte Deutschland die Unabhängigkeit von Erdgas ganz oben auf die Agenda setzen. Erdgasunabhängigkeit ist technisch möglich und kann ein Booster für die deutsche Wirtschaft sein. Wenn wir jetzt handeln, können wir Deutschlands Abhängigkeit von Erdgas um bis zu 78 Prozent reduzieren“, sagte Jonathan Barth, Sprecher des Fachrats Energieunabhängigkeit und Politischer Direktor ZOE Institut für zukunftsfähige Ökonomien, bei der Vorstellung des Berichts in Berlin.

Mit seiner Finanzierungsstrategie zeigt der Fachrat, wie die politischen Akteur:innen Wohnungsbesitzer:innen, Stadtwerke, den Mittelstand und die Finanzwirtschaft für private Investitionen aktivieren kann. Die Investitionen ermöglichen, dass Wärme für Industrie und Gebäude in Zukunft mit Strom statt Erdgas erzeugt wird. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel beziffert der Rat mit 526 Mrd. Euro bis 2045 – der Großteil hiervon (482 Mrd. Euro) entfällt auf den Gebäudesektor, während in der Industrie mit geringeren Mitteln (44 Mrd. Euro) viel erreicht werden kann.

Die Hälfte aller Wohnungen wird heute noch mit Gas beheizt. Wohnungsunternehmen, Energiedienstleister und Stadtwerke können den Umstieg auf erneuerbare Alternativen beschleunigen. Für Stadtwerke ist das aktuell eine besonders große Herausforderung. Ein Viertel ihrer Einnahmen hängt vom Erdgasgeschäft ab. Der Fachrat ermutigt Stadtwerke deshalb, Mietmodelle für Heizungen anzubieten – ein Angebot, das auch für Hausbesitzer:innen den Umstieg auf eine erdgasfreie Heizung erleichtert. Die Umstellung auf erdgasfreie Heizsysteme in Wohngebäuden kann Deutschlands Erdgasverbrauch um mehr als ein Drittel reduzieren.

Auch die deutsche Industrie nutzt Erdgas vor allem für Wärme, wie beispielsweise zum Trocknen oder zur Dampferzeugung. In den meisten Fällen geht das auch mit Strom. Durch die Umstellung auf Strom können 10 Mrd. Euro Investitionen den Erdgasverbrauch der gesamten Industrie halbieren. Um diesen Wandel zu beschleunigen, ist es wichtig, Vorreiter-Unternehmen zu belohnen und sichtbar zu machen. Die Expert:innen des Fachrats empfehlen dafür eine Industriewende-Beschleuniger-Plattform, in der Unternehmen miteinander den Umstieg auf erdgasfreie Technologien lernen.

„Damit die Lösung von Erdgas gelingt, müssen alle zusammenarbeiten. Banken mit ihrer Kompetenz im Risikomanagement, Stadtwerke als Energiedienstleister und Unternehmen des Mittelstands als Vorreiter der Elektrifizierung“, sagt Barth.

Titelblatt des Dossiers 10 Hebel für fiskalischen Spielraum

Banken können Industrie, Stadtwerke und Wohnungseigentümer:innen beim Umstieg auf erdgasfreie Lösungen unterstützen. Ihre Expertise im Risikomanagement hilft ihren Kunden, die Gefahren bestehender erdgasbasierter Heizungen und Anlagen zu erkennen und Vertrauen in erdgasfreie Technologien zu fassen. Der Fachrat empfiehlt dafür einheitliche Transitionspläne für Unternehmen. Gekoppelt mit dem Vorschlag, dass die Zentralbank vorübergehend Zinsen für Kredite in erdgasfreie Heizungen und Industrieanlagen senkt, werden Banken so zu Begleitern auf dem Weg zur Erdgasunabhängigkeit.

„Die Energieunabhängigkeit hat höchste Priorität für die Sicherheit und langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Für ihre verlässliche Finanzierung bedarf es der zielgerichteten Verzahnung von Finanzbranche und Realwirtschaft sowie Investitionsimpulse seitens der Öffentlichen Hand“, sagt Kristina Jeromin, Mitglied des Fachrats Energieunabhängigkeit & Geschäftsführerin GSFC Germany.

Quelle

Fachrat Energieunabhängigkeit 2024

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